Dortmunds erste Halbzeit zeigt das Potenzial der Mannschaft
Legt man die ersten drei Bundesligaspiele zugrunde, hat Borussia Dortmund mit nun sieben Punkten den besten Saisonstart seit sechs Jahren hingelegt. Und dazu einen 33 Jahre alten Rekord von Werder Bremen eingestellt. Seit 37 Heimspielen hat der BVB an einem Freitag nicht mehr verloren (28 Siege, neun Unentschieden), die letzte Pleite gab es im Januar 2004 beim 0:1 gegen Schalke 04.
Das sind gute Nachrichten, doch es gibt noch bessere für die Borussia. Dortmund spielte eine erste Halbzeit wie aus einem Guss, lässt man den Schönheitsfehler, Heidenheims Tor zum 1:2, mal außen vor. In diesen 45 Minuten hat die Mannschaft von Trainer Nuri Sahin ihr Potential gezeigt.
"Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit extrem dominiert. Wir haben ein bisschen anders gespielt als zuletzt, hatten einen super Plan. Wenn wir jede Woche so spielen, sind wir schwer zu schlagen", sagte Kapitän Emre Can, der zu Beginn überraschend draußen saß.
Der BVB baute diesmal mit zwei Innenverteidigern und den beiden Sechsern auf, Linksverteidiger Ramy Bensebaini schob gemeinsam mit seinem gegenüberliegenden Pendant Julian Ryerson weit nach vorne und gesellte sich dort auf eine Höhe mit den drei Offensiven Julian Brandt, Karim Adeyemi und Donyell Malen. Gegen diese Anordnung und dauerhafte Bedrohung fanden die Gäste lange kein Konzept, Dortmund war zudem sehr aufmerksam gegen den Ball.
BVB mit starker Halbzeit: "Das muss unser Standard sein"
So kam die Borussia in der Anfangsviertelstunde bereits auf knapp 73 Prozent Ballbesitz und agierte mit der Kugel stets aktiv, sicher und zielstrebig. Auch der Einfluss von Serhou Guirassy - dazu später mehr - hatte sofortige Auswirkungen auf das Offensivspiel.
Zwar passten die Gäste ihre Herangehensweise nach der Pause an und konnten dem BVB dadurch einiges an Tiefe nehmen sowie selbst mehr Zugriff entwickeln. Zwischenzeitlich schwammen die Hausherren gar ein wenig, nach dem 2:3 war Heidenheim am Drücker.
Blickt man jedoch auf die gesamte Partie, war Dortmunds Sieg verdient. Sahins Truppe zeigte ihre beste Saisonleistung und legte gerade in Halbzeit eins die Messlatte hoch. "Wir haben gezeigt, wie stark wir sein können", sagte Can und fügte einen wichtigen, weil richtigen Zusatz hinzu: "Das muss aber unser Standard sein."
Serhou Guirassy hebt das BVB-Spiel auf ein neues Level
Sahin hatte es mit Karim Adeyemi und Maximilian Beier versucht, doch deren Leistungen gegen Frankfurt und Bremen belegten deutlich, dass beide auf der Mittelstürmerposition eigentlich nichts zu suchen haben. Es wird daher für große Erleichterung bei den BVB-Verantwortlichen gesorgt haben, dass Serhou Guirassy endlich fit ist und auch direkt sein Debüt in der Startelf feiern konnte.
72 Einsatzminuten später dürfte die Erleichterung noch größer geworden sein. Guirassy bot bei seinem ersten Auftritt im Dortmunder Trikot vom Fleck weg eine starke Leistung. Man muss gewiss kein Prophet sein: Die Anwesenheit des Guineers wird das BVB-Spiel auf ein anderes Level heben.
Guirassy war bis zu seiner Auswechslung nicht nur der Dortmunder mit den meisten Schüssen (4), Zweikämpfen (11) und gewonnenen Duellen (8). Er bewies vor allem ein unglaublich kluges Spielverständnis, seine fußballerische Intelligenz war in fast jeder seiner Aktionen zu sehen.
Gesamtpaket von Serhou Guirassy bedeutet eine stete Bedrohung
Guirassy band damit in allen Bereichen seines Aktionsradius' Gegenspieler und öffnete Räume, nach 13 Minuten war er bereits dreimal gefoult worden. Sein Spiel ist sehr variabel: Mal bietet er sich etwas hängend im Mittelfeld an, dann sucht er blitzschnell Wege in die Tiefe. Vor allem aber, da ist er ganz Mittelstürmer, ist er einfach sehr stark im Strafraum und mit diesem Gesamtpaket stets eine Bedrohung.
Natürlich wollte nicht alles klappen, ein paar Ballverluste und das fehlende Premierentor waren aber zu verschmerzen. Wichtig bei ihm wird in der nahen Zukunft die Belastungssteuerung sein, schließlich war Guirassy drei Monate raus. Fünf Tage Pause hat der BVB nun, bevor es in der Champions League beim FC Brügge weitergeht. Das sollte für Guirassy ausreichen - er kommt der Borussia gerade recht.
Julian Ryerson glänzt endlich auch einmal in der Offensive
Keine Frage, acht Torbeteiligungen (fünf Treffer, drei Vorlagen) in 58 Pflichtspielen für den BVB sind eine ordentliche Ausbeute für Julian Ryerson. In fast doppelt so vielen Partien für Union Berlin hatte der Norweger nur sechsmal bei einem Tor die Füße im Spiel.
Der 26-Jährige zeigte gegen Heidenheim aber sein wohl bestes Spiel in der Offensive, seit er in Dortmund kickt. Das war auch an der Zeit und notwendig. Für eine größere Effizienz und mehr Gefahr im vorderen Drittel zu sorgen, ist der Schritt, den Ryerson in seiner Entwicklung zu gehen hat.
Dass er die Wege nach vorne macht und notfalls im Nu wieder nach hinten eilt, um zu verteidigen - das bekommt man bei ihm standardmäßig. Ryerson gehört in Dortmund zu den Publikumslieblingen, weil seine extrem intensive Spielweise im Ruhrpott einfach gerne gesehen wird. Biss, Kampf, Gier - in diesen Disziplinen macht Ryerson im BVB-Kader niemand etwas vor.
Doch seine Rolle als Rechtsverteidiger bedeutet eben auch, im Angriffsdrittel brauchbare Aktionen anzubieten. Gerade bei Sahins Fußball, der Ryerson in Ballbesitz in jeder Partie weit nach vorne auf eine Linie mit den anderen vier Offensivspielern schob. In der Vergangenheit brachte Ryerson dort allerdings nur selten viel Zielstrebiges zustande, gerade seine Flanken sind ausbaufähig.
Julian Ryerson wurde das i-Tüpfelchen verwehrt
Am Freitagabend jedoch zeigte er ein anderes Gesicht und glänzte in mehreren Situationen. Drei seiner vier Dribblings waren erfolgreich, eines davon nutzte er zur Vorarbeit zum wichtigen 3:1 durch Karim Adeyemi. Es war zwar keine Offensivaktion, aber auch vor dem 2:0 hatte er seine Füße im Spiel, als er gegen Leonardo Scienza einen frühen Ballgewinn erzielte und so den entscheidenden Konter einleitete.
Ryerson agierte auch unheimlich passsicher, im letzten Drittel brachte er all seine Zuspiele an den Mann. Regelmäßig bot sich bei den Angriffen als Anspielstation auch für Abschlüsse an. Wenn Donyell Malen in der 52. Minute zu ihm gepasst hätte, anstatt es im Fallen selbst zu versuchen, hätte Ryerson frei vor dem Keeper sein erstes Saisontor erzielen können. Es wäre das i-Tüpfelchen auf seine starke Offensivleistung gewesen.
BVB: Die nächsten Spiele von Borussia Dortmund in der Bundesliga
Datum, Uhrzeit | Gegner |
So., 22, September, 17.30 Uhr | VfB Stuttgart (A) |
Fr., 27. September, 20.30 Uhr | VfL Bochum (H) |
Sa., 5. Oktober, 15.30 Uhr | 1. FC Union Berlin (A) |