Im Fußball wird oft von einer "Woche der Wahrheit" gesprochen. Meistens, wenn ein Verein mehrere wegweisende Spiele in nur wenigen Tagen absolvieren muss. Momentan ist diese Wendung beispielsweise beim Thema FC Bayern oft zu hören. Und auch der FC Barcelona steht vor einer Woche der Wahrheit.
Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Spaniens Spiel des Jahres. Am kommenden Sonntag steigt zum 166. Mal El Clasico, das Prestige-Duell gegen Real Madrid. Doch vorher gilt es, gegen die Gunners im Champions-League-Viertelfinale zu bestehen.
Eine fast hoffnungslose Aufgabe für Barca-Coach Pep Guardiola, die Madrid-Partie vor dem Viertelfinal-Rückspiel (20.30 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY) aus den Köpfen der Spieler zu bekommen.
Guardiola unternahm dennoch einen optimistischen Versuch, indem er Prioritäten setzte: "Die Champions-League-Partie gegen Arsenal ist für Barca viel wichtiger. Das ist ein echtes Finale, das Spiel gegen Real nicht."
Beide Innenverteidiger gesperrt
Allerdings geht Barcelona nicht ohne Handicap in dieses echte Finale. Die Hinspiel-Innenverteidiger Carles Puyol (Rotsperre) und Gerard Pique (3. Gelbe Karte) gilt es zu ersetzen. Weil nun mit Yaya Toure auch noch eine alternative Besetzung dieser Position verletzungsbedingt wegfallen könnte, hat Guardiola kaum Handlungsspielraum.
Er wird wohl auf Rafael Marquez und Gabriel Milito zurückgreifen. Kein risikofreies Unterfangen. Denn das Duo ist nicht eingespielt, in der laufenden Saison standen die beiden noch nie gemeinsam in der Start-Aufstellung.
Marquez mangelt es zudem an Spielpraxis, er steht momentan im mannschaftsinternen Innenverteidiger-Ranking nur auf Rang vier. In seiner siebten Saison bei den Katalanen kommt er offensichtlich nicht mehr über den Status eines Ergänzungsspielers hinaus.
Ibrahimovic verletzt, Henry dennoch auf der Bank?
Auch in der Offensive wird Guardiola von personellen Problemen geplagt. Andres Iniesta fällt definitiv aus und jetzt muss auch noch Hinspiel-Doppeltorschütze Zlatan Ibrahimovic passen.
Neben Lionel Messi und Pedro könnte Ex-Gunner Thierry Henry die mit seinem Gewissen schwer vereinbare Aufgabe erhalten, seinen ehemaligen Arbeitgeber aus der Champions League zu befördern.
Doch dahinter steht noch ein großes Fragezeichen. Weil Edel-Reservist Bojan Krkic am Wochenende mit einem Doppelpack gegen Bilbao ein deutliches Ausrufezeichen setzte. Und auch wegen Henrys leblosem Auftritt nach seiner Einwechslung im Hinspiel darf sich Bojan also Hoffnungen auf einen Startelf-Einsatz machen. Und der stellte im Vorfeld der Partie klar: "Ich will immer spielen."
Wenn Henry erneut nur der Platz auf der Ersatzbank bleiben sollte, wäre der fünfmalige französische Spieler des Jahres nur noch Stürmer Nummer fünf beim FC Barcelona. Man wird den Eindruck nicht los, dass Henrys Zeit in Barcelona langsam abläuft. Die Jung-Stürmer Pedro und Bojan drängen ins Team, mit Gai Assulin und Jonathan dos Santos ist bereits für Nachschub gesorgt.
Verletzungssorgen bei Arsenal - Chance für Walcott
Doch auch Henrys Ex-Klub wird von Verletzungen geradezu heimgesucht. Im Hinspiel zog sich Cesc Fabgregas einen Riss im Wadenbein zu, ihm droht das Saisonende. Mit William Gallas (Wadenverletzung) und Andrej Arschawin (Muskelfaserriss) werden den Gunners zwei weitere Stammkräfte mehrere Wochen fehlen. Als wäre dem noch nicht genug, musste jetzt auch noch Alexandre Song mit einer Leistenverletzung in London bleiben.
Neben Samir Nasri, der auf die Spielmacher-Position rückt, und Fabregas-Ersatz Thomas Rosicky ruhen die Hoffnungen der Engländer vor allem auf Theo Walcott. Er war nach seiner Einwechslung im Hinspiel einer von wenigen Lichtblicken auf Seiten der Gunners.
Unermüdlich lief er Barcas Linksverteidiger Maxwell davon und brachte sein Team mit dem 1:2-Anschlusstor wieder in die Spur. Diesmal bekommt er es mit dem wieder genesenen Eric Abidal zu tun.
Somit tut sich für Walcott eine große Chance auf. Denn der Durchbruch wollte Englands Wunderkind bei Arsenal noch nicht so richtig gelingen. In der laufenden Spielzeit stand er lediglich dreimal über 90 Minuten auf dem Platz. Dabei hießen die Gegner Olympiakos Piräus, FC Burnley und Wolverhampton Wanderers. Die Partie gegen den wohl besten Verein der Welt wird hingegen zu einer echten Bewährungsprobe für den 21-Jährigen.
Undankbare Ausgangslage der Gunners
Trotz der glücklichen Punkteteilung im Hinspiel hat der FC Arsenal eine undankbare Ausgangsposition. Die Gunners müssen, um das Halbfinale zu erreichen, im Camp Nou von Beginn an auf Sieg spielen.
Andernfalls droht eine verschlafene Anfangsphase. Wie schon im Hinspiel, als Arsene Wengers Mannen von Barcelonas Offensiv-Maschinerie überrannt wurde. Nur aufgrund der katastrophalen Chancenverwertung und einem anfangs überragend aufgelegten Manuel Almunia konnte eine frühe Führung der Gäste verhindert werden.
Almunia erhielt im Vorfeld des Spiels auch noch Extra-Lob vom Gegner. Guardiola attestierte ihm, "mit seinen 12.000 Paraden" Arsenal im Hinspiel den Punkt gerettet zu haben. Ein wenig Übertreiben gehört offenbar auch dazu, vor dem "wichtigsten Spiel des Jahres" (Guardiola).