"Unser Schicksal wird mehr vom Zufall bestimmt als von der sorgfältigen Planung."
Dieser Satz stammt vom britischen Schriftsteller Peter Tremayne und ist mehrere Jahrzehnte alt - und hat dennoch nichts an Aktualität eingebüßt. Zumindest für Werder Bremen.
72 Minuten waren im Playoff-Rückspiel der Champions-League-Qualifikation bei Sampdoria Genua gespielt, als sich Sandro Wagner bei einem Kopfballduell eine Platzwunde an der Stirn zuzog.
Markus Rosenberg rettet Bremen
Weil sich jedoch bei all der Hektik kein passendes Ersatzshirt für das von Blut durchsetzte Trikot fand, musste Wagner ausgewechselt werden, obwohl sich als Alternative nur der formschwache und zum Verkauf stehende Markus Rosenberg anbot.
Eine Fügung, die Bremen 15 Millionen Euro bescherte. Denn der so gescholtene Rosenberg war es, der in der dritten Nachspiel-Minute nach einer starken Einzelleistung doch noch das 1:3 erzielte und Werder so vor dem Aus rettete.
Stattdessen ging es in die Verlängerung, in der Claudio Pizarro mit dem Tor zum 2:3-Endstand den Einzug in die Königsklasse und die zugehörigen Mehreinnahmen sicherstellte.
"Wir sind am Saisonanfang und haben noch nicht unseren Rhythmus. Wir sind für beide Ausschläge zu haben - nach oben und nach unten", sagte Trainer Thomas Schaaf nach den dramatischen 120 Minuten. "Wir müssen sehen, dass wir allmählich an Sicherheit gewinnen, dann kommt die Konstanz von ganz alleine."
Silvestre-Wechsel fast perfekt
Zur Stabilität beitragen soll zukünftig der ehemalige französische Nationalspieler Mikael Silvestre, der kurz vor einem ablösefreien Wechsel nach Bremen steht, um die in Genua und beim Bundesliga-Auftakt in Hoffenheim unsichere Abwehr zu verstärken.
Der 33-Jährige verhandelte bereits vor dem Sampdoria-Spiel mit Sportdirektor Klaus Allofs und saß während der Partie auf der Tribüne. "Wir sind in aussichtsreichen Gesprächen. Es sieht so aus, dass Silvestre zu uns kommt", bestätigte Allofs im "Kicker". Neben Bremen liegen dem Franzosen auch Angebote von Fulham und dem türkischen Erstligisten Kayserispor vor.
Ob Silvestre jedoch tatsächlich das Niveu anheben kann, wird sich zeigen müssen. Zwischen 1999 und 2006 war er eine feste Größe bei Manchester United und bestritt 30 Länderspiele. Zuletzt aber kam er beim FC Arsenal nur noch als Ergänzungsspieler zum Einsatz, so dass der Verein davon absah, den Vertrag mit ihm zu verlängern.
Abwehr macht die größten Sorgen
Warum sich Bremen dennoch für Silvestre entschieden hat, liegt in seiner Variabilität begründet: Der gelernte Innenverteidiger kann auch ohne große Qualitätseinbußen als Linksverteidiger auflaufen - und passt zumindest von der Vielseitigkeit her perfekt ins Anforderungsprofil.
In Genua wurde erneut allzu offensichtlich, dass im Abwehrzentrum und hinten links die größten Sorgen der Bremer liegen.
Die Innenverteidigung wackelt bedenklich, weil sich Per Mertesacker im Post-WM-Tief befindet und Sebastian Prödl auch im dritten Jahr sein Talent nicht in Leistung umsetzen kann. Naldo fällt weiterhin auf unbestimmte Zeit aus.
Auf der Linksverteidiger-Position wiederum erweist sich Petri Pasanen als Notnagel, dem es an spielerischer Klasse und Schnelligkeit mangelt. Und die Entwicklung des als Stammspieler eingeplanten Sebastian Boenisch "ist nicht so schnell vorangegangen, wie wir uns das erhofft haben", sagt Allofs, der zugibt: "Wir wissen darum, dass wir hinten nicht optimal besetzt sind."
Physis gibt den Ausschlag
Dass trotz der Probleme und den Ausfällen von Aaron Hunt (Grippe) und Hugo Almeida (Oberschenkel-Zerrung) die Qualifikation für die Champions League gelang, ist ein Glücksfall für Werder.
Nach Giampaolo Pazzinis Doppelpack und Antonio Cassanos 3:0 per Hacke schien das Ausscheiden besiegelt, doch nach 60 Minuten verließen Sampdoria die Kräfte.
Ob es an der eine Woche längeren Vorbereitungszeit und dem bereits absolvierten Bundesliga- und Pokal-Spiel der Bremer lag, sei dahingestellt.
Marko Marin dreht am Ende auf
Fakt ist: Ab der zweiten Hälfte fiel es beispielsweise Marko Marin wesentlich leichter, seine Gegenspieler auszudribbeln.
So wie in der Verlängerung beim fulminanten Lattenschuss oder der Torvorlage nach feinem Solo zum 2:3. "Mit zunehmender Spieldauer wurde er immer gefährlicher", sagte Schaaf.
Unbeantwortet blieb, ob der Coach die körperliche Überlegenheit seiner Mannschaft eingeplant hatte - oder doch alles nur Zufall war.