Die Kameras waren auf Zlatan Ibrahimovic gerichtet. Der schwedische Stürmerstar stand im Mittelpunkt, als der AC Milan am Montag in Barcelona landete. Der streitbare Torjäger kehrt beim Rückspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen den FC Barcelona zum ersten Mal ins Camp Nou zurück.
Barca vs. Milan: Daten & Fakten
Den Ort, den er im Sommer 2010 nach einem Zerwürfnis mit Trainer Pep Guardiola Richtung Italien verließ. Der Empfang der Zuschauer dürfte am Dienstagabend laut und gellend ausfallen.
Mark van Bommel fällt mit Rückenproblemen aus
Ein anderer Rückkehrer fehlte im Flugzeug der Italiener. Mark van Bommel konnte auch am Montag nur leichtes Lauftraining in Milanello absolvieren und wird seinem Team wegen Rückenproblemen fehlen. Schon das Hinspiel (0:0) verpasste er gelbgesperrt.
Das erneute Zuschauen dürfte van Bommel mehr schmerzen als sein malader Rücken. Zum einen pflegt er gute Kontakte in die katalanische Metropole seit er in der Saison 2005/06 für den FC Barcelona auflief und Meister und Champions-League-Sieger wurde.
Mark van Bommel hat viele Freunde beim FC Barcelona
Sein Empfang im Camp Nou wäre herzlicher ausgefallen. Von seinen ehemaligen Kollegen Xavi, Andres Iniesta und Carles Puyol wurde er bei den letzten Aufeinandertreffen herzlich begrüßt, man plauderte freundschaftlich.
Van Bommel schaute sich auch das Abschlusstraining Barcas vergangene Woche in San Siro an. Sein Sohn trug dabei ein Barca-Trikot.
Ibrahimovic soll Gerüchten zufolge sogar die Dopingprobe nach dem Hinspiel genutzt haben, um bei Carles Puyol über Guardiola, den er spöttisch nur "Professor" nennt, zu lästern.
Debakel mit dem FC Bayern im Camp Nou
Zum anderen hängt van Bommel noch ein kleines Camp-Nou-Trauma nach. Das 0:4, das er mit dem FC Bayern im Champions-League-Viertelfinale 2009 kassierte, war eine der bittersten Stunden seiner Karriere.
Die Bayern waren chancenlos, das Ergebnis am Ende schmeichelhaft. Van Bommel sagte hinterher einen Satz, der seitdem immer wieder in Verbindung mit dem FC Barcelona zitiert wird. "Wenn wir sie angegriffen haben, waren sie immer schon weg. Ich wollte ja treten, aber wir kamen einfach nicht ran an den Mann."
Rückkehr zur PSV Einhoven geplant
Van Bommel hat jetzt nicht die Chance, sich für diese Schmach zu rehabilitieren. Es könnte seine letzte gewesen sein. Vieles deutet darauf hin, dass er im Sommer zur PSV Eindhoven zurückkehren wird.
Sein Vertrag in Mailand läuft aus, Gespräche sind für April geplant, die PSV hat ihm ein konkretes Vertragsangebot vorgelegt. Einziges Hindernis im Moment: Louis van Gaal wird als Trainer in Eindhoven gehandelt.
Es war immer van Bommels Plan, seine Karriere in Eindhoven ausklingen zu lassen. Bei dem Verein, der ihm den internationalen Durchbruch und die Stationen FC Barcelona, FC Bayern und AC Milan ermöglichte.
In seine Kindheit hatte van Bommel in jedem Land einen Lieblingsverein: Barcelona in Spanien, Bayern in Deutschland und Milan in Italien. Seine Profi-Karriere lässt sich ohne Zweifel als gelebter Traum beschreiben.
Mark van Bommel: Marschall oder saure Milch
Am 22. April wird van Bommel 35 Jahre alt. Ein stolzes Alter für einen Mittelfeldspieler im modernen Fußball, der von Mitt- und Endzwanzigern dominiert wird.
Aber van Bommel ist nach wie vor eine prägende Figur auf dem Platz. Er verleiht einer Mannschaft die notwendige Balance zwischen Offensive und Defensive, er kann ein Spiel lesen und auf dem Platz darauf reagieren. Er denkt und handelt schon jetzt wie ein Trainer.
Ein Führungsspieler war van Bommel schon immer. In Holland sagen sie oft über ihn, er spiele wie ein Deutscher: diszipliniert, hart und unnachgiebig. In Spanien heißen diese Spielertypen "mariscal" (Marschall) oder "mala leche" (saure Milch). Spieler, die ein Zeichen setzen, wenn es mal nicht so läuft und ein Spiel drehen können.
Wie wichtig er war, merkten sie in Barcelona erst nach seinem Abgang. In den folgenden drei Jahren holte Barca keinen Titel, dann übernahm Pep Guardiola.
Barcelona hat Mark van Bommels Spiel verändert
Zu seiner Zeit in Eindhoven war er noch ein kraftvoller Achter, ein Box-to-Box-Player, wie es im Englischen heißt, der mit unbändiger Dynamik das Mittelfeld durchschritt und im oder außerhalb des Strafraums immer wieder zum Abschluss kam. 14 Tore erzielte er in seiner letzten Saison in Holland in 30 Spielen.
Nie wieder erreichte er diese Marke auch nur annähernd. In Barcelona wurde sein Spiel an der Seite von Xavi, Andres Iniesta und Deco verändert, geschliffen, strategischer.
Eine Passquote wie Sergio Busquets
Das macht ihn auch im Milan-Mittelfeld zu einem wichtigen Baustein. Milan-Coach Massimiliano Allegri bedankte sich am Rande des Audi-Cups in München im Sommer beim FC Bayern für ein "nettes Geschenk". Der Klub habe ihnen einen wichtigen Spieler überlassen.
Van Bommel hat in Deutschland durch eigene Unbeherrschtheiten, aber auch durch den von Ottmar Hitzfeld geprägten Begriff "Aggressive Leader" einen Ruf als Raubein.
Vergessen werden aber oft seine Fähigkeiten im Passspiel. Laut der Castrol EDGE Leistungsanalyse kommen 87 Prozent seiner Pässe beim Mitspieler an. Zum Vergleich: Barcas Mittelfeldmetronom Sergio Busquets liegt mit einer Passquote von 90 Prozent nur knapp besser. Auffällig ist auch seine hundertprozentige Erfolgsquote bei Tacklings.
Noch einmal München?
Ob van Bommel seine Qualitäten in dieser Saison noch einmal auf Champions-League-Niveau präsentieren darf, hängt von den 90 bzw. 120 Minuten am Dienstagabend ab.
Sollte sich Milan tatsächlich durchsetzen und dann auch noch ins Finale einziehen, wäre es für van Bommel eine weitere Rückkehr zu einer alten Liebe. Der Empfang dürfte herzlich ausfallen.
Der Spielplan der Champions League 2011/12