Die Vorbereitungen der beiden Mannschaften auf das anstehende Duell könnten kaum unterschiedlicher sein. Hier der FC Bayern, der sich erst zu einem besorgniserregenden 3:2-Sieg beim FC Augsburg quälte und dann einige Spieler abkommandierte, um sie als Beatles verkleidet auf einem Zebrastreifen über einen Rasenplatz marschierend abzufotografieren. Dort der FC Liverpool, der wegen des FA-Cup-Ausscheidens aktuell eine neuntägige Spielpause durchlebt, dafür zu einem viertägigen Kurztrainingslager ins spanische Marbella reiste und von dort Fotos verbreitet, auf denen sich Spieler gegenseitig umarmen.
Unter anderem sieht man da, wie Daniel Sturridge Joel Matip innig umschließt. Als würde er ihn vor allem Bösen beschützen wollen. Und das nicht zu Unrecht, denn wenn beim FC Liverpool gerade einer vor allem Bösen beschützt werden sollte, dann ist es sicherlich jener Matip. Das liegt daran, dass er Innenverteidiger ist, keine Blessuren hat und noch dazu in der Champions League spielberechtigt ist. In Liverpool zählt er damit aktuell zu einer vom Aussterben bedrohten Spezies - als einziger Vertreter des Kaders vereinigt Matip all diese Qualifikationen.
Van Dijk, Gomez und wohl auch Lovren fehlen
Während beim Gegner aus München die Defensive aktuell die Problemzone ist, obwohl alle fit sind, liegt der selbe Umstand bei Liverpool an Personalmangel. Abwehrchef Virgil van Dijk hatte beim abschließenden Gruppenspiel gegen den SSC Neapel seine dritte Gelbe Karte der Champions-League-Saison gesehen und fehlt deshalb gesperrt. Die beiden bisherigen Spiele, die er in dieser Saison verpasste, verlor Liverpool.
Der englische Nationalverteidiger Joe Gomez ist wegen eines Unterschenkelbruchs unpässlich, sein kroatisches Pendant Dejan Lovren wegen einer Achillessehnenverletzung aller Voraussicht nach ebenfalls. Er reiste nicht einmal mit nach Marbella. "Ich will einen Einsatz noch nicht final ausschließen, aber ich kann nicht mit ihm planen", sagte Trainer Jürgen Klopp. Als Alternative testete Klopp Mittelfeldspieler Fabinho in der Innenverteidigung.
Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold fehlte zuletzt ebenfalls verletzt und feierte erst beim 3:0-Sieg am vergangenen Wochenende gegen den AFC Bournemouth ein Kurz-Comeback. Weil Liverpool seinen Ersatzmann Nathaniel Clyne im Winter verliehen hat, musste interimistisch Mittelfeldspieler James Milner aushelfen. Kurz: es ist kompliziert.
Liverpools Punktverluste, Klopps Schiedsrichterkritik
All das wirkte sich auch auf die Form der Mannschaft aus. Nach dem verlustpunktfreien Dezember patzte Liverpool zuletzt regelmäßig. Das Aus im FA Cup bei den Wolverhampton Wanderers, die Niederlage im Topspiel bei Manchester City, zwei Remis gegen Leicester City und bei West Ham United.
Der zwischenzeitliche Sieben-Punkte-Vorsprung an der Premier-League-Tabellenspitze ist längst zusammengeschrumpft. Aktuell ist Liverpool wegen der schlechteren Tordifferenz im Vergleich zu Manchester City Zweiter, hat aber noch ein Spiel in der Hinterhand.
Klopp arbeitete sich unterdessen mit Vorliebe an den Schiedsrichtern ab. Wegen Kritik an Kevin Friend, der das 1:1 bei West Ham nicht zu Klopps Zufriedenheit leitete, muss er sich gar vor der FA erklären. Ihm droht wohl eine Geldstrafe.
In München mehr Sonne als in Marbella
Auch um all das hinter sich zu lassen, beorderte Klopp seine Mannschaft nach Marbella. Dort begann er mit der konkreten Vorbereitung auf das Spiel gegen den FC Bayern, wie er berichtete. "Fünf oder sechs Spiele" des Gegners habe er sich bereits zuvor angeschaut, dabei sei ihm ein "Mix aus Qualität und Erfahrung" aufgefallen. Wie das exakte Mischverhältnis aussieht, ließ er jedoch offen.
Für Liverpool ist der Marbella-Trip bereits das zweite Kurztrainingslager während der laufenden Saison: am letzten FA-Cup-Wochenende Ende Januar reiste Liverpool für einige Tage nach Dubai. "Sobald man das Flugzeug besteigt, hat man einen anderen Fokus", erklärte Klopp. "Hier unternehmen die Jungs mal andere Sachen - und wir Trainer müssen uns keine Sorgen darüber machen, was sie zwischen den Trainingseinheiten machen. Hier kontrollieren wir alles und das ist schön."
Sonne tanken konnten die Liverpool-Spieler in Marbella anders als geplant aber nicht - die Tage während des Trainingslagers waren wolkig. Ganz im Gegensatz zu München, wo die Bayern-Spieler seit Tagen in strahlendem Sonnenschein trainieren dürfen.