Vor dem abschließenden Spiel der Champions-League-Gruppenphase gegen Slavia Prag (Dienstag, 21 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) sprach der 30-Jährige mit SPOX und DAZN über seine Rolle, die Stimmung und fehlende Konstanz.
BVB-Star Mats Hummels ...
... über die Stimmung: Die Stimmung war nach dem 2:1-Sieg bei Hertha BSC sehr gelöst. Es war erst unser zweiter Auswärtssieg in der laufenden Bundesliga-Saison. Da hatten wir wirklich ein paar Probleme. In der Champions League haben wir in drei Spielen auch nur drei Punkte auf fremdem Platz geholt. Insgesamt hat unsere Leistung in Berlin aber in vielerlei Hinsicht Hoffnung für die kommenden Wochen gemacht.
... über die sportliche Situation und den Druck der Medien: Die Medien beeinflussen nur das Umfeld und Teile der Fans, die sich von gewissen Strömungen mitziehen lassen. Für die Mannschaft hatte und hat die mediale Berichterstattung eine relativ kleine Bedeutung. Manchmal wird sie vielleicht thematisiert, aber auch dann habe ich nicht das Gefühl, dass uns das groß beeinflusst. Wir schauen nur auf unsere Leistungen - und die waren sehr wechselhaft in der laufenden Saison. Noch ist aber rein gar nichts verloren. Wenn wir zu unserer Form finden und eine Serie starten, können wir in der Tabelle ganz schnell dahin kommen, wo wir hinwollen.
... zur Frage, ob ein turbulenter Herbst gut sein kann, wenn man dafür im weiteren Saisonverlauf die nötige Ruhe hat: Es wäre schön, wenn es so kommen würde und wir top in Schuss sind, wenn die Titel verteilt werden. Bis dahin müssen wir oben dranbleiben. In der Bundesliga marschiert kein Team wirklich vorweg. Das liegt vor allem daran, dass das Niveau - und das sehe ich konträr zu dem, was häufig geschrieben wird - klar steigt. Die "kleinen Teams" fahren nicht mehr nach Dortmund oder München, um sich abschießen zu lassen. Sie sind taktisch und individuell viel stärker geworden und verfolgen einen klaren Plan. Deshalb lassen die namhaften Teams viel mehr Punkte liegen.
Hummels: "Teile von uns müssen im Spiel manchmal geweckt werden"
... über die fehlende Konstanz: Teile von uns müssen im Spiel manchmal ein bisschen geweckt werden, das lässt sich leider nicht von der Hand weisen. Das 4:0 gegen Leverkusen hört sich deutlich an, tatsächlich hatten wir in den ersten 20 Minuten aber große Probleme. Wir gehen manchmal in die Spiele und schauen erstmal, wie es läuft. Wir legen manchmal den Schalter erst um, wenn es nicht mehr anders geht. Wenn wir das in den Griff bekommen, können wir eine Top-Mannschaft sein. Wir sind dabei auf einem sehr guten Weg. Das ist keine Sache, die von jetzt auf gleich geht. Wir müssen es uns erarbeiten. Wenn man die Trainingseinheiten sieht, ist da eine Entwicklung vonstatten gegangen in den vergangenen Wochen: von der Mentalität, der Einstellung und der Schärfe.
... über das wechselnde Personal in der Viererkette: Generell finde ich Automatismen in den Mannschaftsteilen sehr wichtig. Diese kann man sich aber auch in verschiedenen personellen Konstellationen erarbeiten. Es kommt mit der Zeit, dass jeder seine Aufgaben genau kennt und weiß, was der Nebenmann macht. Auch in diesem Bereich sind wir dran.
... über Dortmunds Taktik mit Dreierkette in Berlin: In Berlin hat das Pressing bis zu meinem Platzverweis sehr gut funktioniert. Wir hatten in den gefährlichen Räumen sehr viele Ballgewinne, wodurch sich viele Räume geöffnet haben. Das ist in unseren Spielen, in denen der Gegner oft sehr tief und kompakt steht, Gold wert.
... über Transfers in der Rückrunde: Ich war ja selbst bei meinem ersten Wechsel zum BVB ein Wintertransfer. (lacht) Es kann also sinnvoll sein. Dennoch können wir auch mit dem vorhandenen Personal viele Dinge verbessern. Wenn wir mit einem Transfer aber große individuelle Klasse dazu holen können, spricht absolut nichts dagegen.
Hummels: "Vielleicht sind wir jetzt auch ein wenig Opfer des Spielplans"
... über die Situation in der Champions League: Wir haben bislang eine solide Gruppenphase gespielt. Gegen Barcelona haben wir es im Heimspiel verpasst, unsere gute Leistung mit einem Sieg zu belohnen. Hätten wir das geschafft, wären wir jetzt nicht in dieser Situation. Vielleicht sind wir jetzt auch ein wenig Opfer des Spielplans, da Inter gegen den vermeintlich stärksten Gruppengegner spielt, Barca aber schon durch ist. Wenn wir gegen Prag gewinnen und die Gruppe mit zehn Punkten beenden, ist das sehr ordentlich. Gleichzeitig muss ein solches Abschneiden auch das Selbstverständnis des BVB sein. Ob es reicht, werden wir sehen.
... über Slavia Prag: Prag hat bislang in allen Spielen in der Champions League sehr gute Arbeit abgeliefert. Sie haben in Mailand und Barcelona unentschieden gespielt, bei Inter hätten sie sogar gewinnen können. Sie haben Barca und uns vor große Probleme gestellt. Deshalb wissen wir, dass da eine richtig gute Mannschaft kommt. Natürlich ist der Name in der Außendarstellung nicht so groß. Von den Medien muss so etwas ja auch immer klein geschrieben werden, damit eine mögliche Niederlage im Nachhinein als Blamage abgetan werden kann. Tatsächlich ist Prag aber eine sehr gute Mannschaft, die uns das Leben definitiv nicht einfach machen wird. Wir wissen, was auf uns zukommt, und ich glaube, es ist auch nicht schlecht, wenn die Fans das wissen. Von außen betrachtet sagt jeder: Die müsst ihr weghauen. Aber nochmal: Slavia ist wirklich gut - und das verdient auch Anerkennung.
... über seine aktuelle Rolle: Ich versuche, die Rolle mit Leben zu füllen und Verantwortung zu übernehmen. Vor allem auf dem Platz, indem ich verbal antreibe, ordne und anfeuere. Es ist bei uns schon ein Thema in der Mannschaft, dass wir manchmal ein bisschen ruhig sind. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir Führungsspieler vorangehen. Und auch außerhalb des Platzes muss man bei Terminen, Interviews und Autogrammstunden diese Rolle positiv und als Vorbild ausführen.
Mats Hummels über seine Rückkehr und die Ziele für 2020
... über seine Leistungen seit der Rückkehr zum BVB: Die vorletzte Woche war die erste schwächere. Ansonsten kann ich persönlich wirklich zufrieden sein. Ich habe mich gut eingefunden und gleich ein paar Spiele gemacht, von denen ich sagen kann, dass sie schwer in Ordnung waren. Mein Fehler gegen Barcelona und der Platzverweis in Berlin trüben das Ganze natürlich. Deshalb möchte ich das wirklich gute persönliche Jahr 2019 abrunden, nachdem es 2018 für mich nicht so geil gelaufen ist.
... über sein Jahr 2019: Aus meiner Sicht ist dieses Jahr absolut zufriedenstellend verlaufen. Das Aus in der Nationalmannschaft im März kam nicht überraschend, weil mein letztes Länderspiel davor vier Monate zurücklag. Ich habe mich beim FC Bayern aus einer schwierigen Situation zurück in die Mannschaft gekämpft und das Double geholt. In Dortmund habe ich sofort wieder Fuß gefasst.
... zur Frage, ob er besonders kritisch gesehen werde: Ich beziehe das gar nicht so sehr auf meine Person, sondern auf diejenigen mit den größten Namen im deutschen Fußball. Das trifft einen Manuel Neuer, einen Thomas Müller oder einen Marco Reus. Wenn es gut läuft, werden wir sehr positiv behandelt. Wenn es schlecht läuft, schreibt jeder darüber, weil es dann zieht. Da wird alles ins Extreme gezogen.
... über seine Wünsche für 2020: Mein großes Ziel ist es, die gute erste Saisonhälfte 2019 im neuen Jahr mit einem schönen Titel abzurunden. Wir wollen in allen drei Wettbewerben dabei bleiben und da sein, wenn es drauf ankommt.