In Deutschland ist der Ruf von Demba Ba längst ruiniert. Genauer: seit 2011, als sich Ba von Hoffenheim nach England streiken wollte. Neun Jahre später kehrt er mit Basaksehir in der Champions League in das Land zurück, in dem der heute 35-Jährige als Söldner, Meuterer und Persona non grata in Erinnerung blieb.
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Aufstiegsheld von 2008, Publikumsliebling, Leistungsträger mit 54 Torbeteiligungen in 106 Spielen. Und der soll nun zwei Jahre auf der Tribüne in Sinsheim versauern? Das war zumindest die düstere Aussicht für Demba Ba anno 2011.
Es war Mitte Januar. Ba hatte die TSG Hoffenheim endgültig gegen sich aufgebracht. So sehr, dass der damalige Sportdirektor Ernst Tanner proklamierte: "Unser Ziel ist es, Demba Ba bis zum Ende der Transferperiode am 31. Januar zu transferieren. Sollte er trotzdem zurück nach Hoffenheim müssen, kann er trainieren und sich auf die Tribüne setzen." Bas Vertrag lief noch bis 2013.
Hoffenheim zeigte in Person von Tanner klare Kante und wurde dafür etwa vom damaligen Werder-Sportchef Klaus Allofs gelobt. "Die Bundesliga muss bei solchen Spielern zusammenhalten", sagte der damals im Sport1-Doppelpass. Bei "solchen" Spielern. Der verurteilende Unterton dieser Aussage beschrieb Bas Ansehen in Deutschland zu dieser Zeit nur zu gut: Er steckte in der Schublade mit der Aufschrift "Söldner". Was war passiert?
imago images / MISDemba Bas Rosenkrieg mit 1899 Hoffenheim
Ba liebäugelte nicht nur zum zweiten Mal mit einem Abgang von Hoffenheim, er wollte ihn erzwingen. Ralf Rangnick, der als Förderer von Ba galt, plante schon nicht mehr mit dem Angreifer. Es gab Interesse aus England. Kein Wunder, der Senegalese stand nach der Hinrunde bei zwölf Torbeteiligungen in 20 Pflichtspielen.
In der Winterpause folgte der Paukenschlag: Rangnicks Rücktritt als Trainer. Für Ba war der Weg in Sinsheim eigentlich wieder frei, doch hatte sich sein Wunsch in der Premier League zu spielen, schon verfestigt. Nun drängte er auf einen Wechsel - schon wieder. Schließlich hatte Ba mit seinen Beratern schon 2009 versucht, einen Wechsel zum VfB Stuttgart zu erzwingen. Der Wechsel scheiterte, weil Ba nach einer Waden-Verletzung durch den Medizincheck fiel.
Trotz des Erfolgs in Sinsheim wollte Ba nun erneut weg. Getrieben von seinen zahlreichen Beratern ging er in die Offensive und sprach öffentlich über angebliche Versprechen vonseiten der TSG, den Klub bei entsprechenden Angeboten verlassen zu dürfen. Tanner wies dabei jegliche Schuld von sich. "Wenn jeder Spieler, der ein Angebot hat, dieses Versprechen bekommt, dann hätten wir in zwei Wochen keine Mannschaft mehr", sagte er. Laut Ba gab es verschiedene Angebote aus England. Was auch stimmte. Eines davon gab West Ham United ab. Doch die TSG lehnte ab. Man solle Hoffenheim erst einmal "ein marktgerechtes Angebot" für Ba unterbreiten, sagte Tanner damals.
Poker erst einmal beendet. Nach dem geplatzten Wechsel saß Ba nun also in Sinsheim, die Mannschaft bereitete sich seit drei Tagen im spanischen La Manga auf die Rückrunde vor. Bas Berater war in Erklärungsnot: "Am Montag gab es verschiedene Andeutungen, dass der Wechsel klappt. Innerhalb von 20 Minuten ging es hin und her. Die Mannschaft ist dann ins Trainingslager geflogen und wir haben entschieden, dass Demba noch hier bleibt, um den Tag abzuwarten." Übersetzt hieß das: Ba streikt. Der Anfang vom Ende. Bas Trennung von der TSG avancierte zum Rosenkrieg.
Demba Ba im Steckbrief
geboren | 25. Mai 1985 in Sevres (Frankreich) |
Größe | 1,89 m |
Gewicht | 90 kg |
Position | Mittelstürmer |
starker Fuß | rechts |
Stationen | Rouen Jugend, FC Rouen, Excelsior Mouscron, TSG Hoffenheim, West Ham, Newcastle, Chelsea, Besiktas, SH Shenhua, Göztepe, Basaksehir |
Bundesligaspiele/-tore | 67/25 |
Demba Ba, der "Söldner"? Nur Rangnick hält zu ihm
Schlagzeilen vom "Streik-Profi", vom "Leistungsverweigerer" und "Söldner" waren fortan im Zusammenhang mit Ba zu lesen. Das Bild war gezeichnet und es schien irreversibel. Selbst seine Mitspieler, wie etwa Torhüter Tom Starke, sprachen in der Öffentlichkeit von einer tiefen Enttäuschung. Einzig Ex-Trainer Rangnick, der einst von Ba sagte, es sei unmöglich, ihn nicht zu mögen, sprang ihm zur Seite. "Das Bild, das von Demba gezeichnet wird - der Prototyp des modernen Söldners - kann ich mit Blick auf die Zusammenarbeit in den vergangenen dreieinhalb Jahren nicht bestätigen", sagte er 11Freunde. Doch damit stand Rangnick wohl allein da.
Dass Ba zwei Jahre nach der Stuttgart-Posse erneut einen Wechsel erzwingen wollte, führte zum Bruch mit Hoffenheim. Der Geduldsfaden bei den meisten TSG-Verantwortlichen war gerissen. Bas Kredit war verspielt, Klub-Mäzen Dietmar Hopp sprach sich klar für eine Trennung aus. An eine weitere Zusammenarbeit war nicht mehr zu denken. Das Ziel: Ba bis zum 31. Januar 2011 zu transferieren. Doch das war leichter gesagt als getan.
Demba Ba fiel zweimal durch den Medizincheck
Das Angebot von West Ham war Hoffenheim zu schlecht. Stoke City befand sich plötzlich in der Pole Position im Rennen um den Stürmer. Alles war geklärt, die Posse neigte sich dem Ende, doch dann der nächste Paukenschlag: Ba fiel in England durch den Medizincheck - nach 2009 zum zweiten Mal. Ba erntete entsprechend Hohn und Spott. Doch er konnte gar nichts dafür.
SPOX und Goal wissen: Ba war zu diesem Zeitpunkt nach damaliger Einschätzung seiner behandelnden Ärzte angehender Sportinvalide. 2006 hatte sich Ba einen Schienbeinbruch zugezogen. Der Nagel in seinem Bein wurde drei Jahre später entfernt, allerdings hatten sich einige Partikel vom Nagel gelöst und das Knie beschädigt.
Hoffenheim wollte den Stürmer nun unbedingt loswerden - notfalls zu vergünstigten Konditionen. Nach dem gescheiterten Medizincheck bei Stoky City avancierte dies jedoch zu einer Mammutaufgabe. Ba drohte plötzlich tatsächlich die Tribüne in Sinsheim. Es verstrich Tag um Tag. Erst kurz vor dem Ende der Transferperiode einigte sich Hoffenheim schließlich doch noch mit West Ham auf einen Transfer.
Medienberichten zufolge überwiesen die Hammers sieben bis neun Millionen Euro Ablöse an die TSG. Doch das stimmte nicht. In England wusste jeder Klub von Bas Knieproblemen. Doch West Ham griff im Abstiegskampf nach sämtlichen Rettungsringen. Ba war einer davon. Und Hoffenheim war in einer denkbar schlechten Verhandlungsposition. West Ham wollte Ba zunächst nur ausleihen, doch Hoffenheim hatte genug vom Störenfried Ba und ließ sich letztlich notgedrungen auf einen Verkauf zum Spottpreis ein.
"Wir sind froh, das Kapitel Demba Ba schließen zu können", sagte Tanner. Ba war weg, er schoss nun in der Premier League seine Tore. Danach in der Türkei, in China und seit 2017 wieder in der Türkei. Er ist nun 35 Jahre alt und wieder in der Champions League gelandet. Die Prognose seiner Ärzte von vor elf Jahren, sie stimmte offensichtlich nicht.