Der FC Bayern München zieht einmal mehr souverän ins Viertelfinale der Champions League ein. Das 3:1 bei Besiktas zeigte erneut den Klassenunterschied beider Teams. Ganz unbeschadet kamen die Münchner aber nicht aus der Hölle vom Bosporus nach Hause.
Ein Blick auf die Anzeigetafel, ein Blick auf den Statistikbogen - ja, da stand 3:1. In der Summe mit dem Hinspiel sogar 8:1 für den FC Bayern München. Aber fünf Minuten nach dem Schlusspfiff stand Besiktas-Trainer Senol Günes alleine auf dem Rasen des Vodafone Park und wurde von den rund 35.000 Besiktas-Fans gefeiert und besungen, als habe gerade den Henkelpott an den Bosporus geholt.
Die Stimmung war im Vorfeld das große Thema dieser Begegnung, nachdem der sportliche Wert aufgrund der klaren Angelegenheit im Hinspiel in den Hintergrund getragen war.
Und tatsächlich veranstalteten die Anhänger von Besiktas ein Spektakel, das selbst erfahrene Spieler wie Thomas Müller in ihrer langen internationalen Karriere noch nie erlebt hatten.
Besiktas-Fans sorgen für Summen in den Ohren
Weder der Celtic Park in Glasgow noch das Stadio San Paolo erreichten zumindest in der Wahrnehmung von Spielern und Beobachtern diesen Lautstärkepegel. Es war schon so, dass man nach Verlassen des Stadions erst einmal die Ohren durchblasen musste.
"Die Atmosphäre war Wahnsinn - verrückt, was da abgegangen ist", sagte Torhüter Sven Ulreich quasi stellvertretend für die gesamte Mannschaft. "Bei den Pfiffen summen die Ohren." Es war dann dieses brummende Rauschen zu spüren, das die Vergleiche mit startenden Düsenjets provoziert.
Die Architektonik des in den Hang gebauten Stadions und das weit nach vorne reichende, gewölbte Dach tragen zu dieser besonderen Atmosphäre bei, die zwar keine Wende mehr bringen konnte, aber immerhin für einen würdigen Rahmen des Besiktas-Abschieds sorgte.
Bayern schaut über Gelbe Karten und Verletzungen hinweg
Auch in der Kabine der Bayern war der Zinnober auf der Tribüne nach dem Spiel ein größeres Thema als die Ereignisse auf dem Platz. Das erzählte zumindest der Torschütze zum 3:1 Sandro Wagner, der die größeren und kleineren Ärgernisse dieses Abends nicht kommentieren wollte.
Die Gelben Karten gegen Jerome Boateng und Mats Hummels? Da müsse man die jeweiligen Spieler fragen, die aber nichts sagten. Die Verletzung von Thiago Alcantara? Da müsse man Teamarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt fragen, der sei schließlich Orthopäde, Wagner selbst nur Internist.
An guter Laune mangelte es nicht und doch machten sich die Bayern gleich in der Nacht nicht nur mit Ohrensausen auf dem Weg in die Heimat, sondern auch mit leichten Kopfschmerzen.
Bayerns Verletztenliste wird wieder länger
Denn Fakt ist: Thiago Alcantara hat sich einmal mehr verletzt. Einen Monat nach seinem Comeback nach einem Muskelteilriss bleibt der spanische Feingeist ein verletzungsanfälliges Mosiaksteinchen im Bild von Trainer Jupp Heynckes.
Die Zeit der vollen Mannstärke des Münchner Kaders war nur von überschaubarer Dauer. Mittlerweile kehrt wöchentlich mindestens ein Spieler ins Lazarett zurück. Auch Heynckes scheint keine Wunderheilkräfte zu besitzen.
Dafür weiß er, wann er seine Spieler wie ansprechen muss. Deshalb hat er seine Mannschaft vor der Partie auch eindringlich auf die Problematik mit den Gelben Karten hingewiesen. Dass sich Boateng, Hummels und Rafinha trotzdem Verwarnungen abholten, nannte Heynckes den "einzigen Wermutstropfen".
Boatengs Gelbe könnte fatale Folgen haben
Besonders im Fall Boateng könnte sich diese Gelbe noch als fatal erweisen. 6:0 stand es in der Addition, als der Verteidiger Jeremain Lens kurz vor der Halbzeit sperrte, ihn so zu Fall brachte und sich seine zweite Verwarnung im laufenden Wettbewerb abholte. Bei einer weiteren Gelben Karte wäre er im folgenden Spiel gesperrt, erst nach dem Viertelfinale werden die Karten gelöscht.
"Wir haben dumme Fehler und dumme Fouls gemacht", sagte Boateng, als er nach Spielende im TV sprach und sich damit auch selbst meinen musste. "Es gibt Sicherlich bessere Situationen, das ist jedem einzelnen von uns bewusst", sagte David Alaba.
Heynckes wird seine Spieler also auch bei der nächsten Partie auf eine disziplinierte Spielweise hinweisen müssen. Gegen wen es dann geht, entscheidet sich am Freitagmittag bei der Viertelfinal-Auslosung in Nyon (12 Uhr im LIVETICKER).
Gegner | Bilanz | Letztes Duell |
Real Madrid | 11 S - 2 U - 11 N | 2016/2017, Viertelfinale: 1:2, 2:4 n.V. |
Juventus | 5 S - 2 U - 3 N | 2015/2016, Achtelfinale: 2:2, 4:2 n.V. |
Manchester City | 3 S - 0 U - 3 N | 2014/2015, Gruppenphase: 1:0, 2:3 |
FC Liverpool | 1 S - 4 U - 2 N | 2001, UEFA Supercup: 0:1 |
AS Rom | 5 S - 0 U - 1 N | 2014/2015, Gruppenphase: 7:1, 2:0 |
FC Sevilla | noch kein Duell | noch kein Duell |
FC Barcelona | 2 S - 2-U -6 N | 2014/15, CL-Halbfinale: 0:3, 3:2 |
Klanghafte Namen sind noch im Topf, die auch sehr stimmungsvolle Abende versprechen. Die Hölle vom Bosporus haben die Bayern aber schon hinter sich. Beeindrucken wird sie so schnell wohl nichts mehr können.