Hansi Flick wurde auf einer Pressekonferenz am Dienstag als neuer Bundestrainer mitsamt seinem Stab nun auch ganz offiziell vorgestellt. Was wird sich beim DFB-Team nun ändern, welche Spieler dürfen sich neue Hoffnungen machen und welche Rolle spielt das Trainer-Team von Flick? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
DFB-Team: Was wird sich bei Flick im Gegensatz zu Löw ändern?
Wer darauf hofft, dass Hansi Flick den DFB nach der Ära Joachim Löw komplett umkrempelt, liegt falsch. Der neue Bundestrainer betonte bewusst die erfolgreiche Zeit des alten Bundestrainers: "Jogi Löw hat herausragende Arbeit geleistet. Ich habe ihm sehr viel zu verdanken, weil er auch mich gefördert hat."
Dennoch wird es signifikante Änderungen geben, denn der Auftrag ist klar: Die deutsche Nationalmannschaft soll wieder deutlich attraktiver und erfolgreicher werden. Vorbei sein sollen die Zeiten, in denen Länderspiele - vor allem die Testspiele - wenig bis gar kein Interesse mehr bei deutschen Fans weckten.
Dafür will Flick eine "All-In-Mentalität" einführen. Laut dem 56-Jährigen sollen die Spieler wieder zeigen, dass sie gerne bei der Nationalmannschaft sind und dafür eben auch alles geben.
Gelingen soll dies zudem über eine attraktive Spielphilosophie. "Die Art und Weise, wie ein Team auftritt, ist immer abhängig von der Trainer-Philosophie", stellte er klar. Dementsprechend werden wir ein anderes Auftreten des DFB-Teams in naher Zukunft sehen (mehr dazu unter Frage 2).
DFB-Team: Wie wird Flicks Spielphilosophie aussehen?
Das deutsche Team wird unter dem neuen Chef an der Seitenlinie wesentlich forscher auftreten als im Vergleich zur EM 2021. "Man weiß, für welchen Fußball ich stehe", sagte Flick. Der DFB soll also weg vom reinen Ballbesitzfußball und stattdessen zur Pressingmaschinerie umgebaut werden.
Das so erfolgreiche System, mit dem Flick beim FC Bayern zu sieben Titeln in nur 19 Monaten geeilt war, soll nun beim DFB implementiert werden. Das sieht ein extrem hohes Anlaufen des Gegners vor. Die Bayern pressten unter Flick schon tief in der gegnerischen Hälfte, womit schnelle Ballgewinne erzeugt wurden.
Dass das gerade den Bayern-Spielern beim DFB ins Genom übergegangen ist, war gerade bei Thomas Müller zu merken, der im EM-Achtelfinale gegen England fast schon hilflos mit den Armen rudert, um seine zaghaften Teamkollegen zum Pressing zu bewegen.
"Wenn man gemeinsam den Gegner attackiert und hoch steht, schnell umschaltet und zum Abschluss kommt, hat man eine hohe Wahrscheinlichkeit für Erfolg", erläuterte Flick. Bestes Beispiel dürfte sicherlich das denkwürdige 8:2 in der Champions League gegen den FC Barcelona gewesen sein.
Damit verbunden ist jedoch ein gehöriges Risiko, sofern sich Mannschaften aus diesen Drucksituationen befreien und die offenen Räume hinter der hoch stehende Abwehrkette attackieren können. Absprache und Abstimmung sind dabei besonders vonnöten.
Dies könnte zum Problem werden. Schließlich bleiben Flick nur sechs Abstellungsperioden bis zur WM 2022 in Katar Zeit, um dies einzuüben.
DFB-Team: Welche personellen Änderungen wird es geben?
Mit dem angesprochenen Pressingansatz wird Flick weg von Löws eingeführter Fünferkette gehen und wohl auf das beim FC Bayern bewährte 4-2-3-1 umstellen. Aus welchem Personal das DFB-Team fortan bestehen wird, daraus machte Flick keinen Hehl.
"Die besten Spieler Deutschlands sollen spielen", sagte er klipp und klar. Der von Löw eingeleitete Umbruch dürfte damit ad acta gelegt worden sein. Weiterhin mit dabei sein werden Thomas Müller und Mats Hummels.
Zudem stellte Flick eine Rückkehr von Jerome Boateng, Marco Reus und Mario Götze in Aussicht. "Wenn sie Top-Leistungen abrufen - wovon ich ausgehe - werden sie wieder Teil der Mannschaft sein", sagte er.
Vor allem den BVB-Kapitän, der im Sommer noch freiwillig auf eine EM-Teilnahme verzichtet hatte, lobte er ausdrücklich. "Marco Reus ist einer der besten Spieler im letzten Drittel. Er kann den letzten Pass spielen, startet aber auch immer wieder in die Tiefe und reißt damit die gegnerische Abwehr auf. Für mich ist er einer der besten auf dieser Position."
gettyDFB-Team: Was bedeutet die Flick-Verpflichtung für den Nachwuchs?
Gerade das Spiel im letzten Drittel wirkte in der Vergangenheit zu statisch. Zu wenige Eins-gegen-eins-Situationen wurden bei eigenem Ballbesitz gesucht. Kreative Spieler wie beispielsweise Florian Wirtz oder Jamal Musiala, den Flick in München zum Profi formte, dürften deshalb ebenfalls hoch im Kurs stehen.
"Man kann die Spieler selbst auswählen", nannte Flick den Vorteil als Bundestrainer, was durchaus auch als kleine Spitze gegenüber dem FC Bayern zu vernehmen war. Flicks Kader wird deswegen aller Voraussicht nach aus vielen gestandenen Spielern bestehen.
"Natürlich sollen junge Spieler auch gefördert werden", sagte er. Der Schwerpunkt solle jedoch nicht mehr darauf liegen. Vielmehr wolle er sich mit den Jugendmannschaften sowohl beim DFB als auch bei den Vereinen bei der Ausbildung der Spieler abstimmen.
DFB-Team: Wie sieht der Stab von Hansi Flick aus und welche Aufgaben übernehmen die Assistenten?
Nicht nur auf der Cheftrainer-Position, sondern auch bei den weiteren Trainerposten gab es einschneidende Änderungen beim DFB. Flick bringt nahezu ein komplett neues Team mit. Lediglich Co-Trainer Marcus Sorg bleibt aus dem Stab von Vorgänger Löw übrig.
Mit Danny Röhl arbeitete Flick bereits an der Säbener Straße zusammen. Den 32-Jährigen wollte Flick unbedingt auch beim DFB an seiner Seite haben. Röhl ist laut Flick ein "absoluter Fachmann, der meine Vorstellung und Ideen vom Fußball teilt". Röhl hatte vor seiner Zeit bei den Bayern mehrere Funktionen bei RB Leipzig inne, wo seine Idee vom Fußball mit dem hohen Pressing entscheidend geprägt wurde.
Mit Andreas Köpke hat sich zudem der langjährige Torwarttrainer verabschiedet. Seine Nachfolge tritt der Schweizer Andreas Kronenberg an, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern noch keine große Karriere vorweisen kann. Nur insgesamt vier Zweitliga-Spiele absolvierte der 36-Jährige im Profibereich.
Kronenberg ist seit 2011 Torwarttrainer beim SC Freiburg und wird die Rolle in Doppelfunktion ausüben. Darüber hinaus war er als studierter Sozialpädagoge bereits in der Jugend des FC Bayern und des VfB Stuttgart angestellt. Darin sieht er selbst einen Vorteil, weil er "individuell mit einigen wenigen Spielern" arbeiten muss, wie er 2015 gegenüber dem SRF angab.
DFB-Team: Flick holt sich Standardspezialist ins Team
Eine weitere Ergänzung ist der Däne Mads Buttgereit. Er gilt als Spezialist für Standardsituationen, hat sich beim FC Midtylland in Dänemark einen Namen gemacht. Flick wollte ihn angeblich schon beim FC Bayern in sein Team holen.
Standards hatten zuletzt keine hohe Priorität, dies soll unter Flick anders werden. Schließlich war der ehemalige Co-Trainer von Löw bei der WM 2014 federführend bei der Einübung verschiedenster Varianten verantwortlich. Daraus resultierten am Ende sechs deutsche WM-Tore, darunter zwei Siegtreffer gegen die USA und Frankreich.
DFB-Team: Wie sieht die Rolle von Hermann Gerland aus?
Bei der Vorstellungsrunde war Hermann Gerland nicht anwesend. Dennoch soll auch er das Team von Trainer Hansi Flick beim DFB bereichern. Flick bestätigte, dass auch der langjährige Angestellte des FC Bayern Teil des Teams sein wird.
"Hermann ist einer der ehrlichsten Menschen, die ich in diesem Sport erlebt habe. Ich glaube, er tut uns als Verband sehr gut", sagte Flick. Gerland soll überwiegend als Scout fungieren.
gettyDiese Position hatte zuletzt Thomas Schneider besetzt. "Ich soll Spiele und Spieler beobachten. Nicht nur im Seniorenbereich, sondern auch im Jugendbereich", sagte Gerland zuletzt der WAZ.
Der 67-Jährige kennt sich in beiden Bereichen bestens aus, genießt vor allem für seine gute Einschätzung von Jugendspielern einen hohen Respekt.
Vor seiner Zeit als Co-Trainer beim FC Bayern trainierte er jahrelang die Amateure des Rekordmeisters. Dabei formte er unter anderem Spieler wie Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Thomas Müller.