Für die deutschen Fußballerinnen geht es in der Olympia-Qualifikation gerade um die Zukunft, doch die schmerzhafte Vergangenheit holt sie nochmals ein. Neue Folgen der Doku-Serie "Born for this" geben erstmals Einblicke hinter die Kulissen des WM-Debakels im Sommer (u.a. ab Freitag, 20.00 Uhr in der ZDF-Mediathek).
Beim Rückblick auf das historische Scheitern kritisieren Alexandra Popp und Co. Entscheidungen von Ex-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und die Bedingungen. "Tatsächlich glaube ich, dass wir nicht optimal vorbereitet waren", sagt Popp.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Folgen zwei und drei der zweiten Staffel im Überblick:
(ZU) SPÄTE NOMINIERUNG
Erst am Ende des finalen Trainingslagers in Herzogenaurach berief Voss-Tecklenburg den endgültigen WM-Kader. Dies habe "Unmut erzeugt" und "extrem hohen Druck", moniert Popp. "Ungewissheit macht einen auch auf dem Spielfeld unsicher", klagt Sjoeke Nüsken als Wackelkandidatin. Auch der Teamgeist habe durch den verlängerten Konkurrenzkampf gelitten, dazu kam die spätere Abstellung der Bayern-Spielerinnen. "MVT" aber hatte das Ziel, im Casting auch die Druck-Resilienz zu prüfen. Und: "Wir wollten den Spielerinnen die möglichst längste Zeit geben, sich bei uns zu zeigen."
MENTALE UND PHYSISCHE ÜBERLASTUNG
Aufgrund der Corona-Verschiebung der EM ins Jahr 2022 stand die WM nur ein Jahr nach der EURO an. Kapitänin Popp gesteht zu Beginn der dritten Episode, sie habe sich kurz vor dem Abflug nach Australien "völlig überspielt" und "übertrainiert" gefühlt. Vorfreude? Fehlanzeige. Gerade die Wolfsburgerinnen um Popp, die in der Champions League bis ins Finale vorstießen, hatten zu kämpfen. Hinzu kamen ständige Rückschläge durch Verletzungen - nicht zuletzt Carolin Simons Kreuzbandriss in der Nachspielzeit der missratenen WM-Generalprobe gegen Sambia (2:3).
BASECAMP IM NIRGENDWO
"Schöne Einöde" nannte Lena Lattwein die Lage des abgelegenen Teamhotels in der Kleinstadt Wyong, rund 100 km nördlich von Sydney, schon kurz nach dem Einzug. Popp kritisiert in der Doku die "nicht optimale" Unterbringung "extrem weit weg vom Schuss", die Spielerinnen wünschen sich laut Lea Schüller "mehr Freiheiten. Da kann man sich überlegen, ob man das beim nächsten Mal vielleicht anders handhaben kann". Eine DFB-Delegation um Voss-Tecklenburg hatte die verfügbaren Basecamps vor Ort besichtigt - für Wyong sprachen die kurzen Wege zum Trainingsplatz. Die hatten aber z.B. auch die Engländerinnen, die in einem belebten Ferienort am Strand wohnten.
gettyMERKWÜRDIGES MIKROMANAGEMENT
Nach dem Bezug der Hotel-Appartements in Zweier-WGs entdecken die Nationalspielerinnen rote Hinweisschilder mit Anweisungen, die der DFB-Staff angebracht hat. Am Kühlschrank etwa prangt die Botschaft "Stay hydrated - Trinke den ganzen Tag und kontrolliere deinen Urin". Laura Freigang und Lina Magull machen sich darüber lustig, dass sogar Tipps zur "richtigen Schlafkleidung" am Kleiderschrank angebracht sind - und dass ein Bett nur zum Schlafen und nicht etwa zum Fernsehen gedacht ist. "Das war eine nett gemeinte Geste, aber halt einfach überflüssig", meint Magull.