Nach dem hochspannenden Pokalkrimi mit Überlänge wollte niemand mehr über Fußball reden. Die Affenlaute und rassistischen Beleidigungen, die Hertha-Verteidiger Jordan Torunarigha aus der Schalker Kurve gehört hatte und die ihm die Tränen in die Augen getrieben hatten, lösten Entsetzen aus. "Mir fehlt jegliches Verständnis für Vollidioten dieser Art", sagte Sportvorstand Jochen Schneider von Schalke 04 nach dem 3:2 (2:2, 0:1) nach Verlängerung im Achtelfinale gegen Hertha BSC und erntete Zustimmung von allen Seiten.
Der Berliner Nationalspieler Niklas Stark forderte ein Signal des deutschen Fußballs: "Sowas geht gar nicht. Da müssen wir als Mannschaft, als Verein, eigentlich die ganze Bundesliga hinter ihm stehen." Nach Jahren, in denen vor allem andere Ligen in Europa und untere Klassen mit derartigen Auswüchsen zu kämpfen hatten, rückt der Rassismus auch im deutschen Fußball-Oberhaus wieder in den Fokus - ausgerechnet bei den Königsblauen, die sich den Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung mit ihrer Kampagne "#stehtauf" in dieser Woche besonders auf die Fahnen geschrieben haben.
"Es ist leider eine Geschichte, die sich wieder entwickelt und aufkommt", stellte Stürmer Michael Gregoritsch fest: "Das hat hier nichts verloren." Der DFB-Kontrollausschuss nahm am Mittwoch die Ermittlungen auf und forderte in einem ersten Schritt Torunarigha zu einer Stellungnahme auf.
S04-Matchwinner Raman zu Torunarigha: "Du darfst sie nicht gewinnen lassen"
Offenbar war es in der zweiten Halbzeit, als auch zahlreiche Gegenstände aus der Nordkurve auf das Spielfeld flogen, zu den Vorfällen gekommen. Torunarigha habe "auf dem Platz geweint und wollte aufhören", berichtete Schalkes Siegtorschütze Benito Raman: "Ich habe ihm gesagt: Du darfst sie nicht gewinnen lassen, du musst weiterspielen."
In der Verlängerung sah der ehemalige deutsche U21-Nationalspieler mit nigerianischen Wurzeln für eine Unbeherrschtheit die Gelb-Rote Karte (100.): Nach einer Attacke von Omar Mascarell warf er eine Getränkekiste wütend auf den Boden. Schalke-Trainer David Wagner, der ihn beim Sturz festhielt, zeigte Schiedsrichter Harm Osmers nach Videobeweis wegen angeblicher Tätlichkeit gar Rot (102.).
Auf die Affenlaute und Beleidigungen allerdings reagierte der Referee nicht. "Wir haben den Schiedsrichtern gesagt, dass sie den Jungen schützen müssen", berichtete Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann. Doch Maßnahmen, wie sie die Statuten vorsehen, ergriff Osmers nicht. In einem ersten Schritt soll der Unparteiische das Spiel unterbrechen und eine Stadiondurchsage veranlassen. Bei Wiederholungen sind zunächst eine Spielunterbrechung und dann ein Abbruch vorgesehen.
Beide Teams wären ohne Weiteres vom Platz gegangen. "Wenn das Signal gekommen wäre, wäre ich ganz klar mitmarschiert", sagte Stark. Und Wagner erklärte: "Wenn wir sagen, wir kicken nicht weiter, dann kicken wir nicht weiter. Damit hätte ich überhaupt kein Problem. Dafür hätte jeder Verständnis, der einigermaßen klar denken kann."
Der Schalker Trainer forderte schnelle Strafen: "In England wird derjenige sofort gepackt und dann raus", berichtete Wagner, der von 2015 bis 2019 Huddersfield Town trainierte. Schneider kündigte an: "Wir werden alles dafür tun, dass wir diejenigen, die dafür verantwortlich sind, ausfindig machen und mit Konsequenzen belegen."