"Das sind unglaubliche Momente", sagte der überragende BVB-Kapitän Marco Reus in der ARD, "was wir heute für ein Spiel gezeigt haben, welche Moral wir in den vergangenen Wochen bewiesen haben, wie wir uns in diese Saison zurückgekämpft haben. Das macht uns unheimlich stolz."
Sancho (5.) hatte das 78. DFB-Pokal-Endspiel zwischen Tradition und Retorte mit einem Traumschlenzer ins lange Toreck eröffnet. Haaland (28.), gerade rechtzeitig von einer Oberschenkelverletzung genesen, legte nach und stellte die Weichen auf den fünften BVB-Cupsieg. Dann war wieder Sancho dran (45.), kurz vor Schluss rutschte Haaland (87.) beim Schuss von der Strafraumgrenze aus und traf dennoch - RB war zutiefst schockiert. Trainer Julian Nagelsmann geht trotz des Tores von Dani Olmo (71.) titellos zum FC Bayern München.
"Glückwunsch an Dortmund zum verdienten Sieg", sagte RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff: "Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen, sie ist nach den frühen Rückschlägen eigentlich gut zurückgekommen. Am Ende dann mit diesem Ergebnis hier zu stehen, ist einfach bitter."
RB Leipzig - BVB: Die Trainerstimmen:
Julian Nagelsmann (RB Leipzig): "Man kann sich ja vorstellen, dass es mir nicht gut geht. Es geht aber nicht um mich, sondern um den Klub. Das ist schmerzhaft. Ich weiß, wie die Schlagzeilen jetzt ausfallen. Ich kann damit ganz gut umgehen. Wir haben noch zwei Bundesliga-Spiele, die nicht so angenehm sind. Ich denke jetzt nicht an meinen Wechsel."
Edin Terzic (Borussia Dortmund): "Ich habe meine Stimme extrem gerne geopfert. Wir alle haben uns diesen Abend verdient. Es ist ein Tagesgeschäft. Wir kriegen ständig auf die Fresse, wenn es nicht läuft. Jetzt lasst uns doch mal diesen einen Abend. Heute halte ich nur den Pokal in der Hand."
RB Leipzig - BVB: Die Analyse
Gnadenlos effektive erste Halbzeit des BVB, der mit allen drei Schüssen aufs Tor traf. Leipzig mit einer selten praktizierten Zwei-Stürmer-Formation, die allerdings überhaupt nicht fruchtete - ein harmloser Abschluss von Sörloth war die einzige Gelegenheit (39.).
Nach Dortmunds früher Führung übernahmen die Roten Bullen das Spiel, verlagerten es in die gegnerischen Hälfte, wenngleich der BVB die Sachsen bewusst etwas kommen ließ und sich aufs Umschaltspiel verlegte. Die Borussia dabei defensiv zwar stabil, aber teils auch etwas passiv und dann eine ganze Weile mit Problemen, Leipzig vom eigenen Tor fernzuhalten.
RBL konnte mit dem Mehr an Ballbesitz aber nicht viel anfangen, große Raumgewinne oder gar Torchancen entstanden auch aufgrund einiger Ungenauigkeiten beim finalen Pass nicht. Viel besser spielte Dortmund seine Möglichkeiten aus, bei allen drei Treffern ging es schnell und schnörkellos in die Spitze. Besonders Haalands 2:0 ist hervorzuheben, da Upamecano im Zweikampf mit dem Norweger an diesem schlicht abprallte.
Nagelsmann beendete zur Pause das Zwei-Stürmer-Experiment: Poulsen wurde zum Stoßstürmer, der ebenfalls eingewechselte Nkunku traf nach 25 Sekunden die Latte. Leipzig kam mit viel Wucht aus der Kabine, stand besser gegen die zweiten Bälle und spielte ein starkes Pressing. Nach elf Minuten standen schon vier ordentliche Abschlüsse zu Buche.
Dortmund bekam keine Entlastung mehr zustande, weil zu schnell die Tiefe gesucht wurde und so das Passspiel viel zu fehlerbehaftet geriet. Die Sachsen rannten so immer wieder an, oft über die Außen und kamen mehrfach gefährlich in den BVB-Strafraum - das 1:3 war so eine Frage der Zeit. Der eingewechselte Hazard hatte bei Dortmunds bestem Konter zwar die endgültige Entscheidung auf dem Fuß (67.), doch kurz darauf vollstreckte Olmo zum verdienten Treffer für RBL.
Für Dortmunds blieb es ein Spiel mit dem Feuer, Leipzigs Druck nahm kein Ende. Der BVB allerdings mit einer enorm kampfstarken Leistung und vielbeinigen Verteidigung, man verdiente sich das Glück und damit schließlich auch den Pokal gewissermaßen - und profitierte in einigen Szenen von Leipzigs offensivem Unvermögen. Haalands 4:1, das Sancho kurz zuvor schon besorgen musste, machte den Deckel drauf.
RB Leipzig - BVB: Die Aufstellungen
Leipzig: Gulacsi - Klostermann, Upamecano, Halstenberg - Kampl (62. Lainer) - Mukiele (62. Mukiele), Olmo, Sabitzer, Haidara (70. Henrichs) - Sörloth (46. Poulsen), Hwang (46. Nkunku).
Dortmund: Bürki - Piszczek, Akanji, Hummels, Guerreiro - Can, Dahoud (74. Delaney), Bellingham (46. Hazard) - Reus (90.+1 Brandt), Sancho (89. Meunier), Haaland (90.+1 Reyna).
RB Leipzig - BVB: Die Daten des Spiels
Tore: 0:1 Sancho (5.), 0:2 Haaland (28.), 0:3 Sancho (45.), 1:3 Olmo (71.), 1:4 Haaland (87.)
- 38. Pokalspiel von Hummels für den BVB - er stellt damit den BVB-Vereinsrekord von Lothar Huber ein.
- Bellingham ist mit 17 Jahren und 318 Tagen der zweitjüngste Spieler in einem DFB-Pokalfinale der Nachkriegszeit - jünger war nur Schalkes Julian Draxler 2011 (17 Jahre, 243 Tage).
- Mit 9 Scorerpunkten (6 Tore, 3 Assists) bleibt Sancho Top-Scorer dieser Pokalsaison.
- Reus war in seinen letzten 17 Pokalspielen an 18 Toren beteiligt (10 Tore, 8 Assists).
Der Star des Spiels: Marco Reus (BVB)
Überragender Auftritt des Dortmunder Kapitäns. Ohne seinen Ballgewinn wäre das 1:0 nicht möglich gewesen. Legte dazu die beiden weiteren Treffer auf in der ersten Halbzeit und war stets gierig sowie zielstrebig in seinen Aktionen.
Der Flop des Spiels: Hee-Chan Hwang (RB Leipzig)
Kam nur auf 16 Ballaktionen, verlor alle seine Zweikämpfe und hatte keine einzige nennenswerte Szene: Der Stürmer hing völlig in die Luft, verlor sechs Mal den Ball und musste zur Pause raus.
Der Schiedsrichter: Dr. Felix Brych
Musste viele knappe Zweikämpfe bewerten, lag dabei nicht immer richtig, aber blieb ohne gröberen Patzer. Hätte an der einen oder anderen Stelle durchaus noch Gelb zeigen können. Gab nach Rücksprache mit dem VAR das 3:0, da Halstenberg beim Pass auf Reus das Abseits klar aufhob.