SPOX: In der Winterpause 2007/2008 ging es zurück in Liga zwei zum FC Augsburg. Ihr Vertrag wurde verlängert, der FCA stieg in die Bundesliga auf. Dann jedoch der Schock: Man stellte Sie plötzlich komplett vom Training frei. Was war da los?
Thurk: Sehr überrascht war ich darüber nicht. Mein Gefühl sagte mir schon vorher, dass so etwas passieren würde. Ich hatte ja gemerkt, dass sich Trainer und Manager mir gegenüber sehr distanziert verhielten. Man suchte die Konfrontation mit mir, ich bin dann nicht der Typ, der schauspielert. Wenn ich sauer bin, sieht man mir das auch an.
SPOX: Es war zu lesen, dass Sie bei langen Pokernächten dabei gewesen sein sollen...
Thurk: Es gab damals eine Menge Gerüchte, an denen aber nichts dran war. Ich habe ein paar Mal einen Freund zu einem Pokerturnier begleitet. Da ging es um ein Buy-in von 15 Euro, gewinnen konnte man nur Punkte.
SPOX: Sie durften dann nicht einmal mehr am Training der zweiten Mannschaft teilnehmen und wollten Ihr Anrecht darauf einklagen. Was hat Sie bewogen, dies dann doch nicht zu tun?
Thurk: Ich hatte den Verantwortlichen angeboten, für die zweite Mannschaft zu spielen. Das wollte man nicht. Nach meiner Suspendierung sagte man mir, man würde mir einen Trainingsplan zusammenstellen. Am nächsten Tag sagte mir Manager Andreas Rettig, dass ich weder Trainer noch Trainingsplan bekommen würde. Wenn ich Training haben möchte, sollte ich mich gefälligst einklagen.
SPOX: Dann kam die Idee zur Klage gar nicht von Ihnen?
Thurk: Nein. Ich hatte es natürlich in Erwägung gezogen, weil ich mich ja auch fit halten musste. Im Nachhinein wurde mir aber klar, dass Herr Rettig nur beabsichtigte, dass ich mich selbst schlecht dastehen lasse und mich im Umfeld des Vereins unbeliebt mache.
SPOX: Half Ihnen der Verein bei der Suche nach einem neuen Klub?
Thurk: Nein, da kam wirklich gar nichts. Ich habe nicht einmal mehr Autogrammkarten bekommen. Es hieß, ich bräuchte ja jetzt keine mehr.
SPOX: Wie wurde Ihre Situation innerhalb der Mannschaft aufgenommen?
Thurk: Wir haben viel zusammen telefoniert und geschrieben. Keiner konnte es verstehen, aber es traute sich auch niemand etwas zu sagen, weil jeder Angst hatte, der Nächste zu sein - gerade unter Manager Rettig, der aus meiner Sicht ein sehr schwieriger und kein ehrlicher Mensch ist. Dieses Thema habe ich allerdings längst abgehakt.
SPOX: Sie hatten dann ein halbes Jahr lang keinen Verein. Wie haben Sie Ihre plötzliche Freizeit verbracht?
Thurk: Das war sehr schwierig für mich. Ich wusste gar nicht, was ich machen soll, habe mich dann aber im Fitnessstudio angemeldet und versucht, mich einigermaßen fit zu halten. Das ist jedoch etwas ganz anderes als richtiges Mannschaftstraining.
SPOX: Haben Sie auf einen neuen Trainer in Augsburg gehofft?
Thurk: Na klar. Ich habe immer gesagt, dass ich gerne wieder für den Klub spielen würde. Ich habe meinen Vertrag damals, nachdem ich Torschützenkönig geworden bin, nach nur zwei Gesprächen verlängert und nicht einen Cent mehr verlangt. Ich wollte meine Karriere in Augsburg beenden, auch weil sich meine Familie sehr wohl gefühlt hat. Ich habe damals deutlich lukrativere Angebote anderer Vereine aus dem Ausland abgelehnt.
SPOX: Sie wollten sich auch ursprünglich in Augsburg durchbeißen oder den Vertrag, der sich durch den Klassenerhalt sogar bis 2013 verlängerte, aussitzen. Im Winter 2012 sind Sie dann zum 1. FC Heidenheim gewechselt. Woher der Sinneswandel?
Thurk: Ich könnte jetzt immer noch in Augsburg auf der Tribüne sitzen, aber irgendwann wollte ich einfach wieder Fußball spielen. Im Sommer 2011 war ich mit dem amerikanischen Team Philadelphia Union fast einig. Am letzten Tag, kurz bevor ich rüber fliegen wollte, hat sich dann aber etwas an den Vertragsdetails geändert und der Wechsel kam nicht zustande. Daraufhin stand ich kurz vor einem Transfer zum MSV Duisburg, den hat Herr Rettig aber aus mir unbekannten Gründen platzen lassen.
SPOX: Letztlich hat es ja dann aber mit Heidenheim geklappt. Fiel Ihnen der Wechsel in die dritte Liga schwer?
Thurk: Ich hatte es einfach satt, wollte endlich wieder Fußball spielen. Wegen meiner Familie wollte ich unbedingt in der Region bleiben. Die Angebote einiger Zweitligisten kamen deshalb nicht für mich in Frage. Heidenheim hat ein tolles Umfeld, arbeitet professionell und gehört nicht umsonst zu den besten Mannschaften in der dritten Liga.
SPOX: Nach all diesen Episoden haftet Ihnen auch ein wenig das Image des unbequemen Spielers an.
Thurk: Das kann ich schon verstehen. Jeder Verein gibt immer vor, Spieler zu suchen, die mündig sind, voran gehen und ihre Meinung sagen. Doch die muss aber dieselbe wie die des Trainers oder Managers sein. Ich habe es halt nie eingesehen, jemandem nach dem Mund zu reden. Wenn das die Kriterien für einen schwierigen Typen sind, dann bin ich ein solcher und dann bin ich auch gerne ein solcher. Man darf kein Fähnchen im Wind sein.
SPOX: Bereuen Sie dennoch manche Dinge?
Thurk: Ich habe mit Sicherheit nicht alles richtig gemacht, war aber zumindest immer ehrlich. Ich hatte in Augsburg mit Holger Fach zum Beispiel einen Trainer, mit dem ich nicht so gut zu Recht kam. Kurz vor seiner Entlassung hat er zu mir gesagt, dass wir zwar nie zusammen einen Kaffee trinken werden, aber er wisse bei mir wenigstens, dass ich ehrlich bin. Das war ein großes Kompliment für mich.
SPOX: Wie denken Sie mittlerweile über die Mechanismen im Profifußball?
Thurk: Ich habe erlebt, dass es eine Menge Leute gibt, die eben nicht ehrlich sind und sich sehr link verhalten. Es wird immer wieder Personen geben, die sich anders darstellen als sie in Wirklichkeit sind. Nach meiner Zeit in Augsburg kann ich davon ein Lied singen.
Michael Thurk im Steckbrief