Van-Marwijk-Rücktritt letzter Paukenschlag

SPOX
28. Juni 201215:24
Bert van Marwijk verkündete am Mittwochabend seinen Rücktritt als NationalcoachGetty
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Die Überraschung war gelungen. Und der Zeitpunkt wohl auch nicht zufällig gewählt. Denn ausgerechnet während des EM-Halbfinals zwischen Spanien und Portugal am Mittwochabend sorgte der niederländische Verband KNVB mit der Pressemitteilung zu Bert van Marwijks Rücktritt noch einmal für einen Paukenschlag.

Und für eine allgemeine Aufruhr im Land des Vize-Weltmeisters von 2010, denn wirklich gerechnet hatte man mit dem Schritt zehn Tage nach dem EM-Aus nicht mehr.

Doch offenbar war es bei der Aufarbeitung des desaströsen EM-Auftritts der Elftal zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem 60-Jährigen und dem Verband gekommen. Zuvor hatte es noch Spekulationen gegeben, dass van Marwijk ohne Stars wie den Schalker Klaas-Jan Huntelaar oder den Ex-Hamburger Rafael van der Vaart einen Neuanfang starten wollte. Ohne van Marwijk dürfte das aber jetzt kein Thema mehr sein.

Wer tritt die Nachfolge an?

Dafür ist die Diskussion über seinen Nachfolger nun voll entbrannt. Das "Algemeen Dagblad" stellte dann auch gleich die bange Frage: "Wer jetzt? Bis 2016 schien die begehrteste Trainerposition des Landes vergeben zu sein. Auf einmal ist die Stelle frei." Klangvolle Namen werden gehandelt, die ersten haben aber schon abgewunken.

Feyenoord-Trainer Ronald Koeman und Ajax-Trainer Frank de Boer kündigten an, bei ihren Klubs bleiben zu wollen, und auch Frank Rijkaard erfüllt seinen Vertrag als Nationaltrainer Saudi-Arabiens. Natürlich tauchten in den niederländischen Medien auch die üblichen Verdächtigen auf: Der frühere Bayern-Trainer Louis van Gaal und Guus Hiddink waren schon einmal Bondscoach, doch auch der frühere Nationalspieler Ruud Gullit gilt als Kandidat. Laut einer Umfrage des "Telegraaf" wünschen sich 24 Prozent van Gaal als Nachfolger.

Nicht unter Druck setzen lassen

Die niederländischen Fußball-Experten, die sich am Mittwoch als Propheten versuchten, brachten auch ein ganz verwegenes Duo ins Spiel. Die Traum-Lösung wäre demnach Johan Cruyff und Ex-Barca-Trainer Pep Guardiola, der nach seinem Rücktritt in Barcelona ein Jahr Pause machen wollte und auch beim deutschen Rekordmeister Bayern München ab 2013 als Nachfolger für Jupp Heynckes gehandelt wird.

Auch wenn nun zahlreiche Namen durch die Gazetten geistern, will sich KNVB-Direktor Bert van Oostveen nicht unter Druck setzen lassen. Doch das hatte er während der EM noch selbst besorgt. Trotz der Kritik an van Marwijk, seiner Taktik und seinen Problemen mit den Egos seiner Spieler hatte sich van Oostveen nach dem Auftaktspiel weit aus dem Fenster gelehnt und dem früheren Coach von Borussia Dortmund eine Jobgarantie gegeben. Ein frühes Aus "hätte keine Konsequenzen", hatte der 41-Jährige nach der 0:1-Niederlage gegen Dänemark erklärt.

Dass zwei weitere Niederlagen, null Punkte und das schlechteste Abschneiden bei einem großen Turnier folgen würden, damit hatte wohl auch van Oostveen nicht gerechnet. Eigentlich war das Halbfinale das ausgerufene Ziel. Doch er hatte sich nach der Vertragsverlängerung van Marwijks bis 2016 und dem Treuebekenntnis selbst die Hände gebunden.

Sneijder: "Wie schade"

Van Marwijk, der sich bei den Gesprächen mit dem Verband von seinem Manager Rob Jansen vertreten ließ, nahm den Verantwortlichen die Entscheidung schließlich ab, auch wenn er laut Pressemitteilung zunächst gezweifelt habe. "Wie schade. Er hat selbst das Handtuch geworfen. Ich hätte noch gerne mit ihm ein Nachgespräch über die EM gehabt", sagte Wesley Sneijder.

Rafael van der Vaart wollte gar nicht viele Worte verlieren. "Das einzige, was ich sagen will ist, dass wir zusammen erfolgreich waren und ins WM-Finale gekommen sind. Die Europameisterschaft war ein Tiefpunkt. Aber sonst haben wir immer gut zusammengearbeitet", sagte er dem "Algemeen Dagblad".

So oder so: Viel Zeit haben die Verantwortlichen nicht. Der Verband sollte vor dem 15. August einen Nachfolger gefunden haben. Dann steht das Freundschaftsspiel gegen Belgien in Brüssel auf dem Programm.

Bert van Marwijk im Steckbrief