Der Deutsche Fußball-Bund erwartet von den internationalen Fußball-Dachverbänden UEFA und FIFA klare Regelungen und Zeitpläne für die Einführung der Torlinientechnik. Es fehlt an klaren Definitionen, für welche Wettbewerbe die Technik zum Einsatz kommen soll. Es gilt zahlreiche offene Fragen zu beantworten. FIFA und UEFA sind nun gefragt.
"Wir bitten um eine eindeutige Definition, was genau ist gewollt, wenn die Torlinientechnologie kommt", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in Sopot vor dem EM-Viertelfinale der deutschen Nationalmannschaft gegen Griechenland (20.15 Uhr im LIVE-TICKER).
Das Präsidium des DFB hat eine Aufstellung der zu klärenden Fragen an die UEFA übergeben. "Wir sind vom Grundsatz her dafür, aber bevor damit angefangen wird, müssen diese Fragen bis zum Ende durchdacht werden", erklärte Niersbach gegenüber der Nachrichtenagentur "dapd".
Am 5. Juli wird das Gremium "International Board", das im Internationalen Fußball-Verband (FIFA) für Regelfragen zuständig ist, in Zürich über die Einführung der Torlinientechnologie entscheiden. "Es muss auch definiert werden, in welchen Spielklassen und in welchen Wettbewerben die Technik eingeführt wird", sagte Niersbach und warnte vor den hohen Kosten, die manche Vereine überfordern könnten.
"Soll das nur für die Bundesliga gelten oder auch für den DFB-Pokal und dann für ein Spiel bei Vereinen wie Meuselwitz und Oberneuland? Gilt es in der Europa und der Champions League in der Qualifikation in Tirana, Reykjavik und Cluj? Der Kostenaspekt darf nicht außer Acht gelassen werden", sagte der DFB-Präsident.
FIFA will neue Technik nur bei großen Wettbewerben
Aus der FIFA heißt es, dass pro Spielfeld rund 500.000 Euro an Kosten entstehen könnten, um Kameras in den Tornetzen zu installieren, die ein objektives Bild davon liefern sollen, ob ein Ball hinter der Torlinie war oder nicht. Die Alternative, dass ein Chip im Ball und die dazugehörige elektronische Messtechnik über Tor oder Nicht-Tor entscheiden, ist noch wesentlich teurer. "Nach meiner Einschätzung halte ich eine Einführung zur kommenden Saison für nicht umsetzbar", sagte Niersbach.
Die FIFA beabsichtigt offenbar, die Torlinientechnik nur bei den großen Turnieren wie Welt- und Kontinentalmeisterschaften, sowie beim Confederations Cup und der Klub-WM einzuführen. Die UEFA hat sich noch nicht festgelegt. Vor dem EM-Endspiel am 1. Juli wird wahrscheinlich auf einer Sitzung des Exekutivkomitees des Europaverbandes darüber beraten.
Niersbach nahm UEFA-Präsident Michel Platini gegen zu harte Kritik in Schutz. "Ich möchte eine Lanze für ihn brechen. Er wird völlig überzogen kritisiert", sagte der DFB-Präsident. Platini habe sich bisher gegen die Technologie für die Torrichter ausgesprochen, weil er befürchtet habe, dass eine neue Technik nur der Einstieg in eine ausufernde Kontrolle von außen sein könne.
"Er sagte, wenn wir mit der Torlinientechnologie anfangen, dann sind die nächsten Schritte, dass das Abseits, die Elfmeter, Gelbe und Rote Karten und Einwürfe mit der Technik überprüft werden", sagte Niersbach: "Platini will, dass der Fußball menschlich bleibt."
Der komplette Spielplan der EM 2012