Die deutsche Nationalmannschaft ist dank eines dramatischen 2:2 (0:1) gegen Ungarn als Zweiter der Gruppe F in die K.o.-Runde der EM eingezogen. Damit trifft die Elf von Joachim Löw im Achtelfinale auf England.
Das Duell mit den Three Lions steigt am Dienstag um 18 Uhr im Londoner Wembley-Stadion. "Geil! Ein schöneres Spiel gibt es nicht. Ob das jetzt im Achtelfinale sein muss, sei aber mal dahingestellt", sagte Joshua Kimmich nach dem Abpfiff - und forderte eine Leistungssteigerung: "Wir haben noch Luft nach oben, das ist klar."
Allerdings erwarte das DFB-Team ein "ganz anderes Spiel", betonte Kapitän Manuel Neuer. "Wichtig war, dass wir diese Gruppe überstanden haben. Das war ein Nervenkrimi. Wir sind einfach nur erleichtert, dass wir weiter sind."
Bundestrainer Löw meinte: "Gegen England im Wembley - das wird ein absolutes Highlight. Wir werden gut vorbereitet sein und natürlich anders auftreten als heute. Das kann man schon mal versprechen. Wir müssen ein paar Dinge korrigieren und absolut auf der Hut sein bei Flanken in den Sechzehner und Standards, da gibt es jetzt kein Pardon mehr."
Deutschland - Ungarn: Die Analyse
Löw nahm gegenüber den ersten beiden Gruppenspielen nur eine personelle Veränderung für das Ungarn-Spiel vor. Sane ersetzte den wegen Knieproblemen nicht hundertprozentig fitten Müller, der Routiner des FC Bayern nahm ebenso wie Goretzka zunächst auf der Bank Platz. Am 3-4-3 änderte sich zunächst nichts.
"Leon war eine Weile verletzt, Leroy dafür ununterbrochen im Trainingsrhythmus", erklärte der Bundestrainer vor dem Anpfiff bei Magenta TV. "Ich glaube, der brennt heute auch."
Von dem erhofften Offensiv-Feuerwerk war jedoch nichts zu sehen. Die in einem ultradefensiven 5-4-1 agierenden Gäste aus Ungarn machten - anders als Portugal - das letzte Drittel komplett dicht, wodurch es für die Deutschen nicht nur schwierig war, Sane und dessen Sturmpartner Havertz und Gnabry einzubinden, sondern auch die stets gedoppelten Außenspieler Kimmich und Gosens. Das Team von Rossi ließ nur eine deutsche Großchance in Hälfte eins zu - einen Hummels-Kopfball nach einer Ecke in der 21. Minute.
Bei Ballgewinn in der eigenen Hälfte schaltete der Underdog ein ums andere Mal blitzschnell (vor allem über die rechte Seite) um und schaffte es dabei immer wieder, Zielspieler Szalai zu finden. So auch beim überraschenden Treffer der Gäste in der 10. Minute, als Kroos eine Halbfeldflanke von Sallai zu halbherzig verteidigte und der Mainzer Stürmer sich im Rücken der schlecht positionierten deutschen Abwehr um Ginter, Hummels und Rüdiger davon stahl, um Neuer schließlich per Kopf zu überwinden.
Löw stellt erst taktisch, dann personell um - Goretzka trifft starke Ungarn ins Herz
Löw reagierte zur zweiten Halbzeit zwar nicht personell, stellte aber sein System auf ein 4-2-3-1 um. Kimmich rückte ins Zentrum neben Kroos und Gündogan, Ginter auf die rechte Abwehrseite. Nach einer guten Stunde kam dann auch Goretzka für den enttäuschenden Gündogan, doch es wurde nicht besser. Der Ball zirkulierte zu langsam durch die eigenen Reihen, was es für die leidenschaftlich verteidigenden Ungarn umso einfacher machte, die Räume rechtzeitig zuzustellen.
Die Deutschen kamen durch einen Patzer von Kepeer Gulacsi bei einem Standard trotzdem zum viel umjubelten Ausgleich (66.). Doch die Freude über das Tor von Havertz hielt keine 120 Sekunden, weil die auch offensiv hellwachen Ungarn prompt nach dem Anstoß zur Stelle waren. Szalai löffelte den Ball perfekt in den Lauf von Schäfer, der den sehr spät aus einem Tor geeilten Neuer per Kopf überwand (68.).
Es bahnte sich ein historisches Debakel in München an. Doch die Deutschen rannten an und erzwangen sechs Minuten vor Ende der regulären Spielzeit noch das 2:2 durch Goretzka - maßgeblich eingeleitet durch den kurz zuvor eingewechselten Musiala.
Deutschland - Ungarn: Die Aufstellungen
Deutschland: Neuer - Ginter (82. Volland), Hummels, Rüdiger - Kimmich, Gündogan (58. Goretzka), Kroos, Gosens (82. Musiala) - Sane, Havertz (67. Werner) - Gnabry (67. Müller).
Ungarn: Gulacsi - Nego, Botka, Orban, At. Szalai, Fiola (88. Nikolic) - Kleinheisler (88. Lovrencsics), Nagy, Schäfer, Sallai (75. Schön) - Ad. Szalai (82. Varga)
Deutschland - Ungarn: Die Daten des Spiels
Tore: 0:1 Ad. Szalai (10.), 1:1 Havertz (66.), 1:2 Schäfer (68.), 2:2 Goretzka (84.)
- Mit 18 Jahren und 117 Tagen ist Musiala der jüngste Spieler, der bei einem großen Turnier (WM oder EM) für das deutsche Nationalteam zum Einsatz kommt.
- Deutschland hat somit 7 der letzten 8 Gruppenphasen bei großen Turnieren (WM und EM) überstanden.
Der Star des Spiels: Adam Szalai (Ungarn)
Ungarns Galionsfigur, nie wirklich für die deutsche Defensive in den Griff zu kriegen. Mit einem Tor und einem Assist der beste Mann auf dem Platz - auch wenn Goretzka das Spiel mit seinem späten Tor zum 2:2 zugunsten der Deutschen entschied.
Der Flop des Spiels: Leroy Sane (Deutschland)
Eine von vielen Enttäuschungen. Blieb ohne nennenswerte Offensivszene und sah beim 1:2 richtig schlecht aus, da er Torschütze Schäfer nicht attackierte und nur nebenher lief.
Der Schiedsrichter: Sergei Karasev (Russland)
Ein guter Leiter, der nicht jeden Körperkontakt abpfiff und weitestgehend die richtigen Entscheidungen traf - auch bei der Verteilung der Gelben Karten.