Sind Ihnen denn Statussymbole wichtig?
Hinteregger: Wegen der Leistungen auf dem Platz bleibt man in Erinnerung. Und nicht durch ein cooles Foto aus dem Urlaub.
Nerven Sie die Privilegien eines Fußballprofis?
Hinteregger: Jein. Geht es zum Beispiel darum, Tickets zu erlangen, ist es sehr praktisch.
Gibt es Berufe, die mehr Anerkennung verdient hätten als der des Fußballprofis?
Hinteregger: Klar, Rettungspilot zum Beispiel. Oder alle in der Pflege. Diese Berufe sind bemerkenswert. Ich beneide Profis, die vorher einen Beruf gelernt haben und schon richtig gearbeitet haben. Die wissen viel mehr zu schätzen, wie gut es uns geht. Das hätte ich gerne mal erlebt: Diesen Unterschied zwischen "Normalberuf" und Fußballprofi. Ich kenne nichts anderes. Und ich habe jetzt schon ein bisschen Angst davor, wie es in sechs, sieben Jahren sein wird, in die Berufswelt einzusteigen. Ich bin jetzt 27, andere mussten mit 30 Jahren schon aufhören. Deshalb denke ich in letzter Zeit öfter darüber nach. Momentan ist es so, dass ich jeden Zweikampf führe ohne Rücksicht auf eigene Verluste, auf meine Gesundheit. Wenn ich das irgendwann nicht mehr kann, verliere ich mein Spiel. Das kann sehr schnell gehen, deshalb muss man sich früh genug auf solch ein Szenario einstellen.
Martin Hinteregger über seine Lieblingsserie "Bergdoktor"
Wie sieht Ihr perfektes Leben nach Ihrer Karriere aus?
Hinteregger: Ein schönes Haus in der Natur, ein paar Tiere, die Familie, Gesundheit, viele Freunde, viel Spaß, ganz wenig vom Fußball. Einen erfüllenden Beruf und viel Zeit auf einem kleinen Bauernhof.
Wie arbeiten Sie Niederlagen auf?
Hinteregger: Niederlagen nagen sehr an einem, Ablenkung ist dann nur schwer möglich. Es gibt aber keinen bestimmten Ablauf bei mir, was ich nach einem Spiel immer mache. Ab und zu höre ich einen Podcast, lese ein Buch oder zappe mal durchs TV-Programm. Zurzeit ist aber leider keine Lesephase. Ich lese gerne Biographien, da nimmt man einiges mit. Das nächste Buch wird wohl die Biographie von Novak Djokovic sein.
Der "Bergdoktor" ist eine Ihrer Lieblings-TV-Serien. Was gefällt Ihnen daran?
Hinteregger: Ich mag die Schauspieler, Hans Sigl und Mark Keller. Die kommen immer so locker rüber. Außerdem ist es ein Stück Heimat, das mir da ins Wohnzimmer schneit. Damit konnte ich immer super einschlafen. Den Hans Sigl würde ich gerne mal treffen.
Seit kurzem sind Sie auch Star-Wars-Fan.
Hinteregger: Dazu bin ich über "How i met your mother" gekommen, weil da immer so eine Stormtrooper-Figur rumstand. Ich hatte Star Wars nie gesehen, das musste ich nachholen. Und es hat mich gefesselt, ich bin gerade mittendrin.
Hinteregger über seinen Jagdschein und seine Ziehharmonika
Kommen Sie eigentlich noch oft in den Wald, Sie haben ja auch den Jagdschein gemacht in jungen Jahren.
Hinteregger: Das kommt immer so rüber, als wäre ich der Überjäger, bin ich aber nicht. Die Prüfung habe ich mit 18 gemacht, weil ich im Dorf mitreden wollte. Da ist die Jägerei ein großes Thema. Ich bin mit Freunden öfter mit, mein erstes Stück habe ich aber auf einer Jagd mit dem Berufsjäger von Herrn Mateschitz geschossen, er hat mich damals mal in sein Revier eingeladen. Aber seit fünf Jahren war ich nicht mehr auf der Jagd.
Wie ist es, das erste Mal abzudrücken und auf ein Lebewesen zu schießen?
Hinteregger: So nervös war ich noch nie. Ich hatte die Freigabe vom Berufsjäger, der damals dabei war. Aber ich habe mich lange nicht getraut. Danach war eine Mischung aus Stolz und schlechtem Gewissen. Es geht mir nicht ums Erschießen, eine Safari zum Beispiel kommt für mich nicht in Frage. Ich bin sehr tierlieb. Abgesehen von Katzen, die mag ich eher weniger. Ich bin eher Team Hund. Die sind korrekt, ehrlich.
Ist die Wertschätzung für das Tier für Sie ein großes Thema?
Hinteregger: Auf jeden Fall! Und zum Glück auch in der Gesellschaft mittlerweile angekommen. Mich haben schon genug Leute gerügt, weil ich ein Jäger bin. Und im nächsten Moment gehen die in den Supermarkt und kaufen das Hähnchen aus der schlimmsten Käfighaltung. So etwas kann man doch nicht kaufen! Ich verzichte größtenteils auf Schwein und Huhn und kaufe nur Qualität. Natürlich ist das auch eine Geldfrage, aber grundsätzlich muss den Menschen bewusst werden, dass Billigfleisch aus der Massentierhaltung abzulehnen ist.
Sie interessieren sich auch für Motorsport.
Hinteregger: Welcher zehnjährige Junge träumt nicht davon, mal in einem schnellen Auto über die Rennstrecke zu knallen? Im Sommer könnte es so weit sein bei mir ... Ich bin einfach Motorsport-Fan, Dani Ricciardo vom Red-Bull-Rennstall fand ich cool, der ist super. Und ich bin auch Vettel-Fan - der kommt ja hier aus der Gegend und ist Eintracht-Fan. Grundsätzlich möchte ich vieles ausprobieren, so lange ich noch jung bin. Dazu gehört der Flugschein oder auch die Musik.
Sie spielen Ziehharmonika. Bringen Sie sich das autodidaktisch bei?
Hinteregger: In Salzburg hatte ich einen tollen Lehrer. Dann bin ich aber nach Deutschland gewechselt. In Augsburg war es noch okay, in Gladbach dann schon nicht mehr. Und wenn jemand einen Ziehharmonikalehrer in Frankfurt kennt: Bitte Bescheid sagen! Derzeit lerne ich über YouTube-Tutorials mit zwei Jungs aus der Steiermark. Ich lerne extrem schnell und gut. Man muss aber beständig am Ball bleiben, sonst sind die Lerneffekte wieder dahin. Derzeit lerne ich den Schneewalzer, ein fantastisches Lied.
Wie haben Ihre Mannschaftskollegen auf dieses eher exotische Hobby reagiert?
Hinteregger: In meiner Mannschaft weiß wohl niemand, dass ich das Instrument spiele. Wenn wir mal einen Titel gewinnen, dann spiel' ich mal auf! Sollte es mal so weit sein, dann lasse ich mir was einfallen. Den Schneewalzer singen wir nach Siegen auch immer bei uns im Stadion mit den Fans. Wäre cool, wenn wir das mal verbinden könnten miteinander. Oder auf einer Fanklub-Weihnachtsfeier: Die singen, ich spiele.
Hinteregger: Frankfurt "war Liebe auf den ersten Blick"
Die Beziehung zwischen Eintrachts Fanszene und Ihnen hat sich erstaunlich schnell entwickelt.
Hinteregger: Das war Liebe auf den ersten Blick. So lange ich Leistung bringe und so bleibe, wie ich bin, wird das auch hoffentlich so weitergehen.
Wie schafft man diese Fannähe und Bodenständigkeit?
Hinteregger: Das ist wohl auch eine Typfrage. Ich sehe mich im Kontakt mit Menschen nicht als Fußballer, mich muss auch keiner mit "Herr Hinteregger" ansprechen. "Martin" oder "Hinti" reicht. Neulich habe ich mich mit einer Dame an einer Ampel unterhalten, vielleicht 30 Sekunden lang. Ein paar Tage später hat sie mir einen Brief geschrieben, wie nett das war.
Stört Sie auch etwas an einer gewissen Nähe?
Hinteregger: Wenn ich merke, dass man mich als Material behandelt, das nur herumgeschoben wird - Foto hier, Foto da - das mag ich nicht. Aber da muss man dann halt auch mal durch. Dafür sind die anderen, schönen Momente doch zu wertvoll.
Was sind Ihre mittelfristigen Ziele mit der Eintracht?
Hinteregger: Unsere Saison verläuft wellenförmig, wir haben große Siege wie gegen die Bayern, Leverkusen, Leipzig oder Arsenal und dann wieder ganz schwache Auftritte. Wir sind wohl eine Wundertüte. Jeder in Frankfurt träumt auch mal von der Champions League, wir haben selbst auch hohe Ziele. Wir wollen uns jedenfalls in den nächsten Jahren oben festsetzen.
Und Ihre persönlichen Ziele?
Hinteregger: Ein Titelgewinn mit Frankfurt wäre etwas sehr Besonderes. Und mit dem Nationalteam möchte ich eine gute Rolle bei der EM spielen.
Wäre eine andere Liga noch reizvoll?
Hinteregger: Die Serie A habe ich als Kind sehr intensiv verfolgt. Aber ich habe derzeit überhaupt keine Ambitionen, weil ich in Deutschland bei einem Topklub angestellt bin. Und es gibt genug warnende Beispiele, Jovic und Rebic hatten ein schweres halbes Jahr, Haller steckt in England im Abstiegskampf. Man muss wissen, was man an der Eintracht hat. Sollte ein Angebot von einem Topklub kommen, mache ich mir Gedanken. Aber der erste Ansprechpartner ist ganz sicher Fredi Bobic.