Theoretisch könnte die IFAB, das internationale Gremium für die Änderung von Fußballregeln, am Donnerstag in Zürich auch beide Systeme zulassen. Aber mit einer Zertifizierung des Fußball-Weltverbandes FIFA für beide Lösungen wären Probleme programmiert - schließlich sind die Unterschiede elementar.
Das im Tennis und Cricket bewährte und im Fußball zuletzt beim Duell zwischen England und Belgien im Wembleystadion getestete Hawk-Eye-System basiert auf bis zu sieben Kameras auf dem Stadiondach und hinter jedem Tor.
Nachteile des Systems sind die hohen Kosten von angeblich 300.000 Euro pro Set und das Problem, dass man eigentlich nichts entscheiden kann, wenn der Ball nicht sichtbar ist. Zum Beispiel, wenn der Torwart darauf liegt. Bereits wenn 25 Prozent des Balles verdeckt sind, können die Kameras ihm nicht mehr folgen.
Es geht um Millionensummen
Allerdings hat die "Falkenauge-Lösung" auch gewaltige Vorteile. Zum einen ist das die Visualisierbarkeit für Fans und Fernsehzuschauer, mit der im Tennis schon große Erfolge erzielt wurden. Zum anderen - und das dürfte noch viel wichtiger sein - ist die Entwicklerfirma eine Tochter des Sony-Konzerns, einem wichtigen Sponsor des Fußball-Weltverbandes FIFA.
Es geht ja bei dieser wegweisenden Entscheidung auch um viel Geld - Experten können sich weltweit durchaus Umsätze im dreistelligen Millionenbereich für die Einführung der Torlinientechnologie vorstellen. HawkEye-Vertreter sollen übrigens schon Verhandlungen mit der englischen Premier League geführt haben.
Der Ansatz des deutschen Fraunhofer-Instituts in Zusammenarbeit mit dem dänischen Unternehmen GoalRef ist am ehesten mit der Diebstahlsicherung in Kaufhäusern zu vergleichen. Im Ball gibt es drei Antennen (die Bezeichnung Chip im Ball ist eine Vereinfachung), im Torgestänge und im Rasen auf der Torlinie zehn.
Wichtigstes Kriterium: Zuverlässigkeit der Systeme
Durch den Einsatz eines schwachen Magnetfeldes wird genau sichtbar, ob der Ball über der Torlinie war. Vorteil sind hier die nach Unternehmensangaben im Vergleich zum Konkurrenten signifikant geringeren Kosten. Dazu ist es völlig egal, ob Spieler im Weg stehen. Allerdings müssten Ball und Torgehäuse geändert werden.
Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA hat in den letzten Wochen die nach einer Vorauswahl ins Finale eingezogenen beiden Systeme mit Torschüssen umfangreich geprüft. Wichtigstes Kriterium ist am Ende die Zuverlässigkeit der Systeme. 99,5 Prozent werden mindestens erwartet, binnen einer Sekunde müssen die Ergebnisse zur Uhr des Schiedsrichters gefunkt werden.
Die wie der Goldschatz von Fort Knox geschützten Ergebnisse liegen inzwischen bei der IFAB. Vier Vertreter des Weltverbandes FIFA um Chef Blatter und - aus historischen Gründen - je einer aus den Verbänden aus England, Schottland, Wales und Nordirland müssen die Entscheidung über die bahnbrechende Änderung treffen.