SPOX: Herr Tasci, während der Länderspielpause haben Sie einige Tage in Deutschland verbracht. Stehen Sie eigentlich noch mit Joachim Löw im Kontakt?
Tasci: Nein, mein letztes Länderspiel liegt ja auch schon vier Jahre zurück. Aber ich bin erst 27 Jahre alt und mein Ziel ist es, in die Nationalmannschaft zurückzukehren, dafür werde ich weiterhin Gas geben.
SPOX: Löw war ja immer von Ihrer Spieleröffnung begeistert.
Tasci: Ich war nie ein Bolzer. Technischer Fußball und das öffnende Spiel waren schon immer meine Stärken. Ich wollte nie ein Abwehrspieler sein, der den Ball einfach nur blind rauskloppt. Meine Philosophie ist es, stets einen schönen Spielzug einzuleiten.
SPOX: Wie haben Sie die Leistung der deutschen Innenverteidiger während der WM erlebt?
Tasci: Die haben das super gemacht. Jerome Boateng hat im Finale sehr gut gespielt. Argentinien hat alles in die Waagschale geworfen, um Weltmeister zu werden. Aber Deutschland war besser.
SPOX: Auch Antonio Rüdiger könnte zeitnah eine Konstante im DFB-Team werden. Was erwarten Sie sich von ihm?
Tasci: Mit Toni habe ich beim VfB zwei Jahre zusammengespielt, als er von den Amateuren hochgezogen wurde. Er macht seinen Job sehr gut und kann zu einem Führungsspieler in der Abwehr werden. Dass das in so jungen Jahren nicht einfach ist, weiß ich aus eigener Erfahrung. Hierfür muss man mutig sein, aber er befindet sich auf einem guten Weg.
SPOX: Der Mannschaft fehlt es an Konstanz, vor ein paar Wochen wurde Fredi Bobic entlassen. Steht dem VfB wieder eine Zittersaison bevor?
Tasci: Es lief einfach nicht, das habe ich auch in Russland mitbekommen. Deshalb musste die Führung wohl handeln. Aus unserer gemeinsamen Zeit hatte ich allerdings immer einen guten Eindruck von Fredi. Persönlich finde ich es deshalb schade, wir haben uns immer gut verstanden. Ich hätte es ihm gewünscht, dass er bleiben darf, denn er hat sicherlich einen guten Job gemacht. Der Kader ist nicht schlecht besetzt und mit Armin Veh hat man einen sehr, sehr guten Trainer. Das ist das große Plus und das wird sich hoffentlich bald zeigen.
SPOX: Veh war der Trainer, unter dem Sie mit dem VfB Meister wurden. Was zeichnet ihn aus?
Tasci: Ich war damals 19 Jahre alt und wir hatten mit Sami Khedira, Mario Gomez, Christian Gentner und Andreas Beck viele junge Spieler in unseren Reihen. Man hat genau gesehen, dass Veh mit Talenten umgehen kann. Er hat es geschafft, einen funktionierenden Mix aus Jung und Alt zu formen und so für eine gute Stimmung gesorgt. Er spricht viel mit den Jungen und aufgrund seines immensen Fachwissens kann er ein Team sehr gut einstellen. Die Lage ist ja heute genauso, deshalb bin ich mir sicher, dass Armin Veh der richtige Trainer ist.
SPOX: Können Sie sich noch daran erinnern, als Sie Veh von den Amateuren geholt hat?
Tasci: Das habe ich noch ganz genau vor Augen. Ich durfte damals während der Saisonvorbereitung mit ins Trainingslager fahren. Da wollte ich mich durchsetzen und habe dementsprechend Gas gegeben. Genau das hat er registriert. Armin Veh ist ein Trainer, der die Spieler bringt, die auch im Training Leistung zeigen. Am dritten Spieltag wurde ich dann gegen Bielefeld eingewechselt, so fing meine Karriere an. Deshalb hatte ich immer das Gefühl, sein Vertrauen zurückzahlen zu müssen und das ist uns mit der Meisterschaft perfekt gelungen.
SPOX: Als er dann beim Hamburger SV war, wollte er Sie auch wieder haben. Ist das richtig?
Tasci: Es gab Gespräche, aber wenn ich Stuttgart verlassen hätte, dann nur wegen Armin Veh. Ich habe immer gesagt, dass ich es mir wünsche, einmal wieder unter ihm zu spielen.
SPOX: Die momentane Kombination aus Armin Veh und VfB Stuttgart wäre für Serdar Tasci also eigentlich ein Sechser im Lotto?
Tasci: Als bekannt wurde, dass Veh wieder Trainer beim VfB wird, habe ich sofort einige Anrufe bekommen. Natürlich wäre die Konstellation überragend, aber nun habe ich eben den Schritt nach Russland gewagt.
SPOX: Wie entscheidend war eigentlich das Geld, als Sie damals Stuttgart verlassen haben?
Tasci: Nach 14 Jahren war das sehr schwer für mich. Ich hätte mir auch sehr gut vorstellen können, meine ganze Karriere dort zu verbringen. Ich hatte mehrmals die Möglichkeit, zu einem großen Verein in Italien, Spanien oder England zu wechseln, aber ich bin geblieben. Dann kam jedoch ein Wendepunkt: Mein Vertrag wäre ein Jahr später ausgelaufen, die Gespräche waren ins Stocken geraten und es sah nicht nach einer Einigung aus. Für mich war aber immer klar, dass der VfB etwas davon haben sollte, wenn ich den Verein verlasse. Da kam die Anfrage aus Moskau genau richtig und so ehrlich bin ich: Dieses Angebot war finanziell fantastisch. Das Geld gehörte natürlich auch dazu, war aber nicht das Wichtigste.
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