Rassisten, Hetzer, Pseudo-Terroristen

Oliver BirknerDominik StenzelNiccolo Schmitter
01. Mai 201718:08
Pescaras Sulley Muntari wurde in Cagliari von einer Gruppe Fans systematisch verhöhntgetty
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Die Blitzlichter warten diesmal mit allerhand Grobheiten auf. In Italien wird man daran erinnert, dass Rassismus in Europa noch allgegenwärtig ist. In Barcelona sorgt ein Fan mit Knarre für einen Schockmoment und Malagas Präsi für einen Twitter-Eklat. Harmloser geht's in England zu: Ein Fußballer ohne Beinarbeit beweist sich im Schwimmbecken.

Serie A

Von Oliver Birkner

Unter der Grasnarbe des Spieltags: Eine unübliche Schlussphase erlebte die Partie Cagliari gegen Pescara (1:0). Als die Gäste kollektiv zum Konter ausschwärmten, blieb lediglich Sulley Muntari zurück. Der Ghanaer stürmte auf den Schiri und vierten Referee zu und forderte einen Spielabbruch.

Während der 90 Minuten hatte sich eine Gruppe der Cagliari-Kurve die akribische Aufgabe gestellt, nicht die Partie zu verfolgen, sondern Muntari und ihn mit "Scheiß-Neger", Bananenfresser" und "Schimpanse" verbal zu torpedieren. Dem Schiedsrichter ging der Protest etwas zu rüde über die Bühne und strafte ihn mit einer Gelben Karte ab. Darauf verließ Muntari einfach den Rasen in Richtung Dusche und könnte deshalb nun gar gesperrt werden.

SPOXIm selben Stadion war übrigens das Spiel gegen Inter 2010 nach rassistischen Beleidigungen gegen Samuel Eto'o für einige Minuten unterbrochen worden. Einen Gruß an die Pfeifenmänner hatte der Ghanaer vor der Abfahrt dann noch loszuwerden: "Wenn er nicht der Schiri wäre, würde er längst unter der Erde liegen." Womöglich hätte das zu einem Platzverweis geführt.

Tipps des Spieltags: Ja, das Fieber grassiert vor dem Halbfinale der Juventus bei Monaco. Seit Tagen müssen Seiten und TV-Berichte gefüllt werden, so dass einigen langsam die Munition ausgeht. Ein Reporter hauchte vor Ort verblüfft in die Kamera, dass man in Monaco noch gar nichts vom heißesten Spiel der Spiele spüren würde, um dann Motorrad-Crack und Wahl-Monegassen Loris Capirossi zu interviewen.

"Capirex" enthüllte: "Hier ist das Klima immer fantastisch. Außer es regnet, wie heute." Juve-Coach Max Allegri wird das notiert haben. Wie die taktischen Tipps seines Torino-Kollegen Sinisa Mihajlovic. Auf die Frage, was er von Monaco hält, und wie man es am besten spielt, sagte er: "Das geht mir ehrlich total am Arsch vorbei." Nun ist Juve für die Reise bestens gewappnet.

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Altro? Alles, aber auch wirklich alles über die Serie B verspricht Sky wöchentlich. Das Versprechen wurde insbesondere an diesem Wochenende eingelöst, als die Abonnenten wirklich alles über den 17 Jahre alten Profi-Debütanten Nicolò Zaniolo von Virtus Entella erfuhren. Ob es stimme, dass ein Kleinbus ihn jeden Tag zum Training daheim abholen würde. Si! "Wir danken dem Busfahrer!" jauchzte es ins Mikro. "Wie heißt er?" - "Hm, weiß ich gar nicht." Grazie, mehr geht nicht.

Premier League

Von Dominik Stenzel

Partycrasher des Spieltags: Allzu viel hatten die Fans des FC Arsenal in den vergangenen Jahren nicht zu feiern, doch ein Festtag schien in Stein gemeißelt: Der St. Totteringham's Day. Jener Tag, an dem feststeht, dass Arsenal die Saison in der Ligatabelle vor Erzfeind Tottenham abschließen wird. 21 Jahre am Stück war dies der Fall: In der Spielzeit 1994/95 standen die Spurs - damals noch mit Jürgen Klinsmann und Teddy Sheringham - in der Endabrechnung letztmals vor dem großen Rivalen aus Nordlondon (Youngster Dele Alli war da noch nicht einmal auf der Welt). Nachdem Tottenham schon im vergangenen Jahr verdammt nah dran gewesen war, ist es aus Sicht der Blau-Weißen nun also endlich mal wieder so weit.

Ausgerechnet nach einem überzeugenden Sieg im direkten Duell mit den Gunners steht fest: Erstmals in der Ära Wenger wird Tottenham die Saison vor Arsenal abschließen. Die Spurs dominierten eine uninspirierte Arsenal-Elf nach Belieben, deren Fans meldeten die wirkungslose Offensive um Mesut Özil noch während des Spiels als vermisst. Und apropos Wenger: Der hat seinen Kredit nach dem Einzug ins FA-Cup-Endspiel in Windeseile wieder verspielt.

Zu allem Überfluss wurde der arg in der Kritik stehende Trainer der Gunners am Sonntag auch von den Spurs-Supportern verhöhnt: Vor der Partie wurden Schals mit dem Namen des Franzosen und der klaren Ansage "Wir wollen, dass du bleibst" verkauft. Damit wäre zumindest in ihren Augen der nächste St. Totteringham's Day auf lange Sicht verschoben.

Wasserratte des Spieltags: Danny Ings zählt zweifelsohne zu den größten Pechvögeln in der jüngeren Geschichte der Premier League. Nur ein paar Monate nach seinem Wechsel vom FC Burnley zu Liverpool riss sich der Stürmer im Oktober 2015 das Kreuzband im linken Knie. Die Saison war für den Youngster damit so gut wie vorbei - lediglich im letzten Spiel bei West Brom kam er noch für ein paar Minuten zum Einsatz.

In dieser Spielzeit wollte Ings dann endgültig wieder richtig angreifen, doch neuerdings machte ihm das Verletzungspech einen Strich durch die Rechnung. Wieder im verflixten Oktober und damit ein gutes Jahr nach seiner ersten schweren Blessur zog er sich im League-Cup-Duell mit den Tottenham Hostpur eine schwere Bänderverletzung zu - dieses Mal im rechten Knie. Der nächste monatelange Ausfall folgte.

Damit absolvierte Ings in seinen fast zwei Jahren bei den Reds gerade einmal elf Pflichtspieleinsätze und wandelt fast schon auf den traurigen Spuren von Abou Diaby. So mancher Kollege würde daher wohl den Kopf in den Sand stecken, doch Ings gab jetzt erst recht Vollgas in seiner Reha. In Melwood schuftet der 24-Jährige seit Monaten für sein Comeback und verblüfft mit seinem Trainingseifer Mitspieler und Trainerteam. Besonders der Schwimmsport scheint es ihm dabei angetan zu haben.

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In vier Monaten legte Ings im 20-Meter-Pool des LFC 1700 Bahnen zurück. Das sind zusammengerechnet über 21 Meilen - und damit die Breite des Ärmelkanals. Besonders beeindruckend: Der englische Nationalspieler durfte dabei lediglich seinen Oberkörper benutzen. Wenn er so weiter macht, sehen wir Ings 2020 in Tokio ja vielleicht im Becken...

Anything Else? Eine Regel der FA legt unmissverständlich fest: Profifußballer in England dürfen nicht auf andere Fußballspiele wetten. Joey Barton war das Ganze jedoch egal und aus diesem Grund ist die eh schon fette Skandalakte des Burnley-Profis nun um ein Kapitel reicher. Von März 2006 bis Mai 2016 schloss Barton insgesamt 1260 Wetten auf andere Fußballspiele ab - und dabei setzte er sogar 15 Mal Geld darauf, dass sein eigenes Team verlieren werde.

Sonderlich erfolgreich war er dabei aber nicht: Bei einem Einsatz von über 205.000 Pfund machte er über die besagten zehn Jahren beinahe 17.000 Pfund Verlust. Weitaus schmerzhafter dürfte für den 34-Jährigen jedoch die durch die FA aufgebrummte Strafe sein: 18 Monate wurde Barton von jeglichen Fußballaktivitäten ausgeschlossen, zudem muss er 30.000 Pfund Strafe zahlen.

Primera Division

Von Niccolo Schmitter

Pseudo-Terrorist des Spieltags: Spätestens seit den Pariser Anschlägen im November 2015 hat sich Europa verändert. Zumindest in den Medien sowie der Politik überschlagen sich die Reichelts und Bosbachs dieser Welt mit immer neuen Zeitrechnungen. Während der Durchschnittsbürger unter strahlender Sonne doch nur in Ruhe seinen Pumpkin-Spice-Latte-Frappuccino genießen möchte, so schreien ihn die Zeitungsboxen mit immer neuen Horror-Szenarien an (Stichwort: ANGST). Wenn der Fernseher also wieder eine Frau mittleren Alters zeigt, die zum zehnten Mal in diesem Jahr die Frage "Sind wir noch sicher?" mit fünf weiteren Menschen mittleren Alters diskutieren möchte; so sollte man nicht in Panik verfallen und sein Leben weiterleben.

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Was man im Jahr 2017 aber wiederum nicht machen sollte, ist ein volles Fußball-Stadium zu betreten und einfach mal mit einer Handwaffe in die Luft zu feuern. Auch nicht, wenn es keine echte Handwaffe ist. Und auch nicht, wenn sie nur mit Platzpatronen befüllt ist. Einem Anhänger des FC Barcelona scheint dies jedoch nicht bewusst gewesen zu sein, als er den Teil des Power8 Stadions voller Espanyol-Fans betrat und seine Pöbeleien mit einer Fake-Pistole musisch untermalte. Nachdem die Sicherheitskräfte ihn erst ins Stadion spazieren ließen, reagierten sie schließlich und nahmen den Mann, der "Symptome von Betrunkenheit" zeigte, ohne weitere Zwischenfälle fest.

Dass diese Geschichte nicht von deutschen Qualitätsmedien aufgegriffen wurde, lag übrigens nur daran, dass der Mann offenbar "Forca Barca" rief und nicht "Allahu Akbar". Auch wenn beide Phrasen natürlich Verwechslungsgefahr bergen. Nach diesem Schockmoment mussten die Espanyol-Anhänger außerdem gleich noch den Nächsten verdauen, ging das Derby gegen den Stadtrivalen doch erneut verloren. Die Pericos warten also seit sage und schreibe 15 Pflichtspielen auf einen Sieg gegen die Blaugrana. Zumindest hier hat sich in Europa nichts verändert.

Katari des Spieltags: Verweilen wir doch gleich beim Abschaum aus Katalonien. Oh, tut mir leid! Da habe ich mich wohl im Ton vergriffen. Solche Ausrutscher können jedoch geschehen, wenn man zu viel Zeit auf dem Twitter-Account vom Präsidenten des FC Malaga verbringt. Zwischen allerlei Retweets und Suren aus dem Koran kann der eifrige Leser auch persönliche Antworten auf Fan-Fragen von Abdullah Al-Thani finden.

Ein Anhänger vom FC Barcelona fragte ihn beispielsweise scherzhaft, ob sein Verein der Blaugrana im Meisterschaftsrennen nicht etwas unter die Arme greifen könne. Am letzten und dem womöglich alles entscheidenden Spieltag muss Real Madrid nämlich in Andalusien ran. Al-Thanis Antwort: "So Gott will werden sie [Anm.: Real] auf dem Platz verprügelt werden. Aber der Abschaum aus Katalonien wird die Meisterschaft nach den Lügen, die sie über Trainer Michel verbreitet haben, nicht riechen." Mal abgesehen von der Frage, wie man einen Ligatitel riechen kann: Das ist aber nicht die feine katarische Art. Zumal Barcelona und Katar doch so etwas wie Partner-Emirate sind?

SPOXspoxDer katalanische Effzeh fand den Tweet jedenfalls nicht besonders witzig und kündigte offizielle Beschwerden bei allen Autoritäten im spanischen Fußball an. Nur wenige Stunden später reagierte Al-Thani; natürlich auf Twitter. Der Presidente beteuerte, dass jene Worte nur gegen die katalanische Presse gerichtet waren. Diese hatte nämlich spekuliert, dass Michel, Trainer des FC Malaga und Ex-Madrilene, sein Team am letzten Spieltag gegen Real absichtlich verlieren lassen könnte. Wie kommen die Medien nur darauf?

Könnte es daran liegen, dass Michel öffentlich aussagte, er würde bei Real lieber Spalier stehen lassen, als ihnen einen Dämpfer zu verpassen? Oder könnte es daran liegen, dass der Trainer, angesprochen auf Jorge Valdano, der als Ex-Königlicher zwei Meisterschaften seiner alten Liebe als Trainer von CD Teneriffa vereitelte, sagte: "Der Unterschied zwischen Valdano und mir ist, dass ich viel mehr Madridista bin." Könnte sein, muss aber nicht.

Algo mas? Barcelona und Katar? Da müssen wir doch gleich noch einen kurzen Sprung zu Xavi machen, der am vergangenen Wochenende seine Pokalsammlung endlich mit dem wichtigsten aller Henkelpotte krönen konnte. Neben den eher semi-relevanten Titeln aus der Champions League, Weltmeisterschaft, Europameisterschaft oder Primera Division ragt nun der Qatar Cup hervor.

Am vergangenen Samstag konnte die Barca-Legende mit Al Sadd die Ligarivalen El Jaish mit 2:1 schlagen. Wir sagen: Herzlichen Glückwunsch! Jetzt kann sich Xavi endlich entspannt zur Ruhe setzen - die Sammlung ist ja nun komplett.