Mesut Özil und Ilkay Gündogan haben den umstrittenen türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen. Im Rahmen von Erdogans dreitägigem Besuch in London überreichten Özil und Gündogan dabei Trikots ihrer Vereine FC Arsenal beziehungsweise Manchester City.
Erdogans Partei AKP veröffentlichte Fotos des Treffens im Hotel Four Seasons, an dem auch der deutsch-türkische Profi Cenk Tosun vom FC Everton teilnahm, am Montag bei Twitter. Auf Gündogans Trikot mit der Nummer acht stand: "Mit großem Respekt für meinen Präsidenten."
Für ihre Aktion kassierten die Nationalspieler ordentlich Kritik. Der türkischstämmige Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: "Der Bundespräsident eines deutschen Nationalspielers heißt Frank-Walter Steinmeier, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und das Parlament heißt Deutscher Bundestag. Es sitzt in Berlin, nicht in Ankara."
Cem Özdemir und Reinhard Grindel mit heftiger Kritik an Özil und Gündogan
Özdemir hat sich seit einiger Zeit als Kritiker des türkischen Staatspräsidenten positioniert. "Anstatt Erdogan diese geschmacklose Wahlkampfhilfe zu leisten, wünsche ich mir von den Spielern, dass sie sich aufs Fußballspielen konzentrieren", sagte Özdemir. Er riet Özil und Gündogan, "noch einmal die Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nachzuschlagen".
Auch DFB-Präsident Reinhard Grindel meldete sich zum Treffen der Nationalspieler bei Twitter: "Der DFB respektiert und achtet selbstverständlich die besondere Situation unserer Spieler mit Migrationshintergrund. Aber der Fußball und der DFB stehen für Werte, die von Herrn Erdogan nicht hinreichend beachtet werden." Aus diesem Grund sei es nicht gut, "dass sich unsere Nationalspieler für seine Wahlkampfmanöver missbrauchen lassen". Der Integrationsarbeit des DFB hätten Gündogan und Özil mit dieser Aktion nicht geholfen, schrieb Grindel.
Team-Manager Oliver Bierhoff versuchte, die Wogen zu glätten und erklärte, die beiden DFB-Spieler seien "sich der Symbolik und Bedeutung dieses Fotos nicht bewusst" gewesen. Dennoch heiße man die Aktion natürlich nicht gut: "Wir besprechen das mit den Spielern."
Ilkay Gündogan verteidigt Aktion: "Sollten wir uns unhöflich verhalten?"
Ilkay Gündogan erklärte gegenüber der Bild: "Bei aller berechtigten Kritik haben wir uns aus Respekt vor dem Amt des Präsidenten und unseren türkischen Wurzeln - auch als deutsche Staatsbürger - für die Geste der Höflichkeit entschieden. Sollten wir uns gegenüber dem Präsidenten des Heimatlandes unserer Familien unhöflich verhalten?"
Der zentrale Mittelfeldspieler betonte, mit diesem Bild kein politisches Statement abgeben zu wollen, "geschweige denn Wahlkampf zu machen": "Fußball ist unser Leben und nicht die Politik."
Erdogan befindet sich auf einem dreitägigen Staatsbesuch in Großbritannien. Er wird am Dienstag von Queen Elizabeth II und der Premierministerin Theresa May empfangen. In der Türkei lässt er am 24. Juni vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abhalten. Wahlkampfauftritte in Deutschland wurden ihm dafür untersagt.
Deutschland und Türkei kämpfen um EM 2024
Vor etwas mehr als einem Jahr sagte Özil der Bild am Sonntag: "Ich habe sowohl Merkel als auch Erdogan schon treffen dürfen. Aber ich bin kein Politiker, sondern Sportler. Daher will ich mich dazu nicht einmischen."
Özil und Gündogan sind beide in Gelsenkirchen geboren und dort als Nachfahren türkischer Einwanderer aufgewachsen. Die Fotos haben auch sportpolitisch eine pikante Note, weil die Türkei einziger Konkurrent des DFB um die Ausrichtung der EM 2024 ist.
Im Sommer treten Özil und Gündogan sehr wahrscheinlich für Deutschland bei der WM in Russland an. Am Dienstag gibt Bundestrainer Joachim Löw seinen vorläufigen Kader bekannt, beide Spieler stehen aller Voraussicht nach im Aufgebot.