Die neue Heimspielstätte von Miroslav Klose heißt nach dem Hauptsponsor des SCR Altach zwar offiziell Cashpoint-Arena, trägt aber traditionell den deutlich schöneren Namen Schnabelholz-Stadion. In mehreren Bauetappen wurde es zuletzt auf rund 8.500 Plätze ausgebaut und gilt somit als modernstes und größtes Fußballstadion des Bundeslandes Vorarlberg.
Genutzt wird das Schnabelholz nicht nur vom SCR Altach, sondern vor allem in den Sommermonaten regelmäßig auch von internationalen Topklubs. Vorarlberg und die Gegenden in der benachbarten Schweiz gelten schließlich als beliebte Trainingslager-Niederlassungen. Borussia Dortmund ist hier beispielsweise Dauergast, auch diesen Sommer plant der BVB zwei Testspiele in Altach.
Abgesehen von diesen Sommerkicks bekamen die örtlichen Fußball-Interessenten zuletzt vorwiegend Abstiegskampf geboten. Aber der scheint immerhin zu ziehen: Als Altach am letzten Spieltag der vergangenen Saison dramatisch den Klassenerhalt feierte, war das Stadion erstmals seit langem wieder ausverkauft. Anschließend gab es sogar einen ordentlichen Platzsturm mit Pyrotechnik.
Klose in Altach: Kontakt kam über Jochen Sauer zustande
Tatsächlich hat das Schnabelholz neben dem netten Namen noch einen zweiten großen Pluspunkt: Wird auf dem Platz nur unzureichende Unterhaltung geboten, kann man als Zuschauer die bergige Natur über den Tribünen bewundern. "Ich darf da arbeiten, wo andere Urlaub machen", verkündete Miroslav Klose bei seiner offiziellen Vorstellung am Montag.
Stichwort Urlaub: Damit war Klose gerade beschäftigt, als Altach mit ihm in Kontakt getreten ist. "Im Urlaub kam der Anruf und ich habe angefangen, mich mit dem Verein zu beschäftigen. Dann wusste ich: Wir müssen uns treffen." Zustande kam der Kontakt übrigens über den Nachwuchs-Chef des FC Bayern München Jochen Sauer, der mit Altachs sportlichem Leiter Werner Grabherr bekannt ist.
Klose arbeitete nach seinem Karriereende 2016 zunächst im Trainerstab von Joachim Löw für die deutsche Nationalmannschaft, ehe er die U17 seines Ex-Klubs FC Bayern übernahm. In der Saison 2020/21 war er Hansi Flicks Assistent bei den Profis, in der vergangenen Saison arbeitslos.
Auf Klose warten Derbys gegen Austria Lustenau
Nun also Altach. Aber: Altach? Das Dorf mit rund 7000 Einwohnern liegt unweit des Rheins, der als Grenze zur Schweiz dient. Den Sportclub Rheindorf Altach gibt es zwar schon seit 1929, nationale Bedeutung erlangte er aber erst in diesem Jahrtausend. 2007 gelang der erstmalige Aufstieg in die Bundesliga.
Historisch gesehen dominierten Vorarlbergs Fußball eher das mittlerweile aufgelöste Schwarz-Weiß Bregenz sowie der FC und Austria Lustenau. Nach 22 Jahren in der Zweitklassigkeit stieg die Austria in der zurückliegenden Saison wieder in die Bundesliga auf. Die deutlich größere Siedlung liegt unweit nördlich von Altach, Klose darf sich also auf Derbys freuen.
Infrastrukturell ist Altach seinen Lokalrivalen längst enteilt. Neben dem Stadion entsteht aktuell ein Nachwuchs-Campus, ein modernes Trainingszentrum für die Profis ist schon intakt. "Was hier in den vergangenen Jahren entstanden ist, muss sich europaweit nicht verstecken", lobte Adi Hütter bei der Eröffnung der Anlage 2019.
Bundesliga in Altach: Hütter, Bender und Ailton
Hütter gilt als berühmtester Sohn des Klubs. Der spätere Trainer von Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach spielte in der Jugend für Altach und sammelte hier später Cheftrainer-Erfahrungen. In Deutschland ebenfalls bekannt ist einer seiner Vorgänger: Manfred Bender, als Spieler einst beim FC Bayern aktiv. Erfolg brachte er aber keinen, weshalb Bender 2008 schnell wieder weg war.
Noch prominenter wurde es kurz darauf, als Altach den ehemaligen Torschützenkönig der Bundesliga nach Vorarlberg lotste: Ailton. Worauf er sich da eingelassen hatte, wurde dem sogenannten Kugelblitz aus Brasilien aber offenbar erst vor Ort im Schnabelholz klar. "Für mich ist das keine Profi-Mannschaft, kein Profi-Fußball", klagte er nach seinem enttäuschenden Debüt. Anschließend gelangen ihm in elf weiteren Spielen immerhin noch sieben Tore, ehe er seine Europa-Tournee bei Metalurh Donezk fortsetzte.
Kloses neuer Co-Trainer spielte einst beim FC Bayern
Auch Altach bekam es bald mit Klubs dieses Kalibers zu tun, scheiterte bei seinen Europa-League-Abenteuern 2015 und 2017 aber jeweils schon in der Qualifikation. Seitdem heißt es Abstiegskampf, in der vergangenen Saison letztlich erfolgreich moderiert von Trainer Ludovic Magnin (ehemals VfB Stuttgart und Werder Bremen). Als sein Co-Trainer fungierte Louis Ngwat-Mahop, der auch Klose in dieser Rolle erhalten bleiben wird.
Der Kameruner wechselte einst im Teenager-Alter zum FC Bayern, musste den Klub wegen eines gefälschten Passes aber nach nur einer Saison wieder verlassen. Vor zehn Jahren kam er als Spieler nach Altach und wollte nie mehr weg. "Ich mag die Ruhe und die Nähe zu den Bergen", erzählte er neulich im Interview mit SPOX und GOAL. "Manchmal gehe ich wandern. Ich war auch schon beim Snowboarden, aber da bin ich immer hingefallen."
Das mit dem Hinfallen dürfte Mahops neuem Chef ein gutes Argument für den Wechsel nach Altach gewesen sein, zumindest im übertragenen Sinne des Wortes. Anders als bei einem absoluten Topklub darf Klose in Vorarlbergs Provinz wohl relativ unbeachtet Fehler machen und Erfahrungen sammeln. Hinfallen, aufstehen, lernen.
"Wir werden nicht beginnen, Luftschlösser zu bauen. Es wird keiner von Miro verlangen, dass wir jetzt unter die ersten Sechs müssen", sagte Altach-Geschäftsführer Christoph Längle, auch mit Blick auf einen Kader ohne international bekannte Spieler. "Natürlich habe ich klare Vorstellungen", erklärte Klose. "Aber es ist auch klar: Ich muss mich anpassen. Ich muss da ein bisschen von meinen Erwartungen runter gehen."