In Zeiten der Sozialen Medien gelingt es jungen Fußballern immer wieder, sich einen Namen zu machen, bevor sie überhaupt den Sprung auf die große Bühne geschafft haben. Ein spektakuläres Tor, ein brillanter Move kann manchmal reichen.
Claudio Echeverri etwa wurde als Elfjähriger zur viralen Sensation, als er mit River Plate an der 2017er Venice Champions Trophy neben Teams wie Atlético Madrid, Ajax, Juventus und Chelsea teilnahm.
Echeverri erzielte neun Tore in sechs Spielen, vier davon allein gegen Juve. River Plate belegte Platz drei unter sieben Teilnehmern, doch der Drei-Käse-Hoch war nicht zufrieden. "Wir sind nicht happy, weil wir das Turnier gewinnen wollten", sagte er damals.
Nicht zuletzt sein Ehrgeiz hat Echeverri in jungen Jahren schon sehr weit gebracht. Am 2. Januar 2024 erst feierte er seinen 18. Geburtstag und schon jetzt steht er vor einem Wechsel zu keinem Geringeren als dem amtierenden Champions-League-Sieger Manchester City. Laut Transfer-Guru Fabrizio Romano sei man sich über einen Transfer einig. 20 Millionen Pfund, etwas mehr als 23 Millionen Euro, sollen an Ablöse fließen.
City hat beste Erfahrungen mit Argentiniern gemacht, man denke nur an Spieler wie Carlos Tevez oder Sergio Agüero. Aktuell sorgt Weltmeister Julian Alvarez für Furore, der wie Echeverri aus der Talentschmiede von River Plate stammt.
Claudio Echeverri: Wo alles begann
Echeverri wurde in Resistencia geboren, der Hauptstadt der Provinz Chaco im Nordosten Argentiniens, und lernte früh die Grundlagen des Fußballs von seinem Vater. Unterstützt wurde er auch von seiner Mutter und seinen beiden Brüdern. Sie alle ermutigten ihn, seine Träume zu verfolgen, denn sein natürliches Talent war unübersehbar.
Der örtliche Verein Deportivo Lujan gab ihm die Möglichkeit, seine Fähigkeiten zu verbessern, und bald wurden River-Scouts auf ihn aufmerksam, die ihm ein Probetraining anboten. Da war Echeverri zehn Jahre alt. Ein überaus frühreifer Zehnjähriger. "Neben den Fähigkeiten und der Technik zählen für uns auch die Entscheidungsfindung, die Intelligenz und der Charakter", erzählte der ehemalige River-Rekrutierungsdirektor Daniel Brizuela gegenüber TyC Sports. "Claudio war wie ein zehnjähriger Mann".
River wollte Echeverri unbedingt haben, doch beinahe wäre es nicht dazu gekommen. Brizuela erinnerte sich: "Wir standen vor dem Monumental, und Echeverri sagte zu mir: 'Ich bin ein River-Fan, und ich liebe es hier, aber wenn meine Mutter nicht zu mir kommt, gehe ich zurück nach Chaco.'"
Der ehemalige River-Trainer Marcelo Gallardo und Präsident Rodolfo D'Onofrio wollten das nicht riskieren und halfen dabei, für Echeverris Mutter eine Wohnung in Buenos Aires zu organisieren. Echeverri stieg bei River in rasantem Tempo auf und seine herausragende Leistung bei der Champions Trophy in Venedig war nur der Anfang. Im Oktober 2022 debütierte er als 16-Jähriger in einem Spiel gegen Patronato für die B-Mannschaft und erzielte dabei gleich ein Tor.
Zwei Monate später erhielt der Teenager seinen ersten Profivertrag und den Spitznamen "El Diablito" ("kleiner Teufel"), was alles über sein einzigartiges Talent aussagt, denn so wurde auch Marco Etcheverry genannt, der ehemalige MLS- und Bolivien-Star, der als einer der größten Spieler in der Geschichte Südamerikas gilt.
Claudio Echeverri: Der große Durchbruch
Im März des vergangenen Jahres gelang Echeverri ein weiterer großer Schritt: Er durfte mit der argentinischen A-Nationalmannschaft trainieren, wo er auf Weltstars wie Lionel Messi und Angel Di Maria traf und sich tapfer schlug.
Ende Juni verhalf ihm River-Coach Martin Demichelis dann zu seinem Debüt für die erste Mannschaft, das Echeverri mit einer Vorlage beim 3:1 gegen Instituto AC Cordoba krönte. Drei weitere Einsätze sollten bis zum Saisonende folgen.
Seinen Lauf setzte Echeverri auch bei der U17-WM im Herbst fort. Fünf Tore gelangen ihm in sieben Einsätzen, drei davon allein beim sensationellen 3:0-Erfolg Argentiniens im Viertelfinale gegen Erzrivale Brasilien. Im Halbfinale war dann allerdings Endstation gegen den späteren Weltmeister Deutschland. Echeverri war einer von zwei Argentiniern, die im Elfmeterschießen an DFB-Keeper Konstantin Heide scheiterten.
Claudio Echeverri: So läuft es aktuell
Real Madrid, Atlético Madrid, Manchester City, Paris Saint-Germain, Juventus Turin, Inter Mailand, AC Mailand, Benfica - die Liste der namhaften Klubs, mit denen Echeverri schon in Verbindung gebracht wurde, ist lang.
Zunächst schien sich Barcelona als Favorit auf seine Unterschrift in Stellung zu bringen und Xavi befeuerte die Spekulationen weiter. "Der Junge ist wirklich ein Talent", sagte der Barça-Trainer. "Auch abgesehen von dem Hattrick, den er gegen Brasilien erzielt hat, kann er den Unterschied ausmachen, aber das ist etwas, womit sich die Scouting-Abteilung befassen muss."
Vor der U17-Weltmeisterschaft hatte Echeverri sogar zugegeben, dass er davon träumt, in die Fußstapfen von Messi zu treten, indem er sagte: "Ich möchte nicht nur für River, sondern auch für Barça spielen. Ich bin ein großer Fan von Messi und habe ihn früher bei Barcelona spielen sehen, also habe ich diese Mannschaft in mir, seit ich sehr jung war."
Realistisch betrachtet ist Barcelona jedoch nicht in der Lage, Geld für große Transfers auszugeben, da man weiterhin versucht, die Ausgaben zu senken, um den Vorschriften der spanischen Liga gerecht zu werden. Der amtierende Meister kann nicht mit der Finanzkraft von City konkurrieren, das die Verpflichtung von Echeverri noch im Januar offiziell bekannt geben könnte.
Schon bei seinem allerersten Startelfeinsatz für Rivers erste Mannschaft hatte Echeverri eine brillante Leistung gezeigt. Er glänzte, als Martin Demichelis' Team im Finale der Champions Trophy am 23. Dezember einen souveränen 2:0-Sieg gegen Rosario Central errang.
Echeverri war sichtlich gerührt, nachdem er seinen ersten Titel mit River gewonnen hatte - und verkündete eine spektakuläre Nachricht bezüglich seiner Zukunft. Bei ESPN sagte der Youngster: "Mein Berater hat mit dem Präsidenten gesprochen: Ich werde nicht verlängern, aber ich werde noch ein Jahr oder sechs Monate bleiben."
Claudio Echeverri: Seine Stärken
Viele Spieler wurden im Laufe der Jahre als "der nächste Messi" bezeichnet. Von seinem ehemaligen Teamkollegen beim FC Barcelona, Bojan Krikic, bis hin zu Martin Ödegaard in seiner Anfangszeit bei Real Madrid. Keiner konnte diesem Ruf auch nur annähernd gerecht werden und die Vergleiche tun Echeverri keinen Gefallen. Aber er besitzt durchaus einige der Eigenschaften, die Messi ausmachen.
Echeverri hat einen niedrigen Körperschwerpunkt und verfügt über eine hervorragende Ballkontrolle, einen starken ersten Kontakt und eine große Variabilität im Passspiel. Er ist ein hartnäckiger, fleißiger Spieler mit einem guten Auge für das Tor und ist vielseitig genug, um als traditionelle Nummer 10, als Flügelspieler oder sogar als reiner Stürmer zu agieren.
Messi und die allerbesten Spieler der Welt haben ein untrügliches Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten - und Echeverri ist da nicht anders. Abseits des Platzes ist er derweil genauso bescheiden wie der Superstar von Inter Miami, denn er weiß, dass er erst am Anfang seiner Reise steht und noch viel Arbeit vor sich hat. "Ich habe immer gesagt, dass Messi mein Idol ist, aber ich komme bei weitem nicht an Messi heran", sagte Echeverri im November auf der offiziellen Webseite der FIFA.
Er fügte hinzu, was er als seine größte Stärke ansieht: "Ich denke, es könnte meine Schnelligkeit sein, denn ich bin sehr schnell. Ich versuche, den Ball immer schnell zu kontrollieren und sofort nach vorne zu spielen."
Claudio Echeverri: Wo kann er sich noch verbessern?
Technisch ist Echeverri bereits extrem weit. River hat seine Entwicklung und den Hype um ihn herum sorgfältig gesteuert, um sicherzustellen, dass er auf dem Boden der Tatsachen bleibt - und bisher hat sein Fußball für ihn gesprochen.
Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sein Körper den Anforderungen des Seniorenfußballs standhalten wird. "Niemand bezweifelt Claudios technische Fähigkeiten und seine Intelligenz, die es ihm ermöglichen, alle möglichen schwierigen Situationen zu lösen", sagte River-Trainer Demichelis nach Echeverris Debüt im Sommer. "Aber aus körperlicher Sicht war die erste Phase sehr schwierig für ihn. Als ich zu River kam, wusste ich, dass Echeverri ein Rohdiamant ist, der noch geschliffen und poliert werden muss."
Echeverri verlässt sich außerdem noch zu sehr auf seinen rechten Fuß und hat im letzten Drittel nicht immer den Kopf oben. Wenn er in der Premier League erfolgreich sein will, muss er seine Entscheidungsfindung und seine Physis verbessern, denn das Spieltempo in Englands höchster Spielklasse ist viel höher und er muss sich an die harte Gangart der Verteidiger gewöhnen.
Claudio Echeverri: Der neue ... Pablo Aimar?
Echeverri ist nicht so arrogant zu glauben, dass er der neue Messi Argentiniens sein wird. Der Offensivspieler von River glaubt vielmehr, dass er mehr mit Pablo Aimar, dem derzeitigen Assistenztrainer der argentinischen Nationalmannschaft, gemeinsam hat. Mit Aimar hatte Messi zu Beginn seiner Nationalmannschaftskarriere noch zusammengespielt.
"Ich mochte Pablo Aimar sehr, er hat oft mit mir gesprochen", sagte Echeverri in einem Interview mit der FIFA-Webseite. "Er ist ein großartiger Mensch und gibt mir nützliche Hinweise, was ich an meinem Spiel verbessern muss. Er war ein talentierter Spieler und liebte es genau so sehr wie ich, die gegnerischen Verteidiger herauszufordern."
Aimar kam ebenfalls aus dem Nachwuchs von River Plate und machte sich dann bei Valencia weltweit einen Namen. Zwei spanische Meisterschaften gewann er mit Valencia, bevor er zu Real Saragossa und Benfica wechselte. In der argentinischen Nationalmannschaft brachte er es auf 52 Länderspiele und Messi hat bei mehreren Gelegenheiten verraten, dass Aimar einst sein Idol war.
Bevor Messi begann, neue Maßstäbe zu setzen, gab es nur wenige Spieler in Europa, die den Ball besser beherrschten als Aimar. Verletzungen verhinderten, dass der frühere Valencia-Star sein volles Potenzial ausschöpfen konnte, aber er war in der Lage, mit seiner Beweglichkeit und seiner Übersicht auch die engsten Spiele zu öffnen, was ihn zu einem echten Hingucker machte.
Echeverri hat die gleiche Fähigkeit, den Unterschied zu machen. Und er ist Aimar sehr ähnlich, was seinen Dribbelstil und seine intelligenten Bewegungen angeht. Ohne Aimar hätte die Welt vielleicht nie die beste Version von Messi gesehen und es gibt kein besseres Vorbild für Echeverri, wenn er in die nächste Phase seiner Karriere eintritt.
Wie geht es weiter bei Claudio Echeverri?
Die Fans von Manchester City können es kaum erwarten, Echeverri in Aktion zu sehen. Aber laut The Guardian könnte er bis Ende 2024 auf Leihbasis bei River bleiben.
Es wird zwar erwartet, dass Echeverri einen langfristigen Vertrag in England unterschreibt. City hat es aber nicht eilig, ihn ins Rampenlicht zu rücken - und könnte ähnlich vorgehen wie schon erfolgreich bei Julian Alvarez praktiziert.
Echeverri hat sich indes ehrgeizige neue Ziele gesetzt. "Ich habe immer gesagt, dass es mein Traum ist, in der ersten Mannschaft von River zu debütieren, und das habe ich jetzt geschafft", sagte er der FIFA-Webseite. "Als nächstes will ich es in die A-Nationalmannschaft schaffen. Das ist mein Traum."
Wenn sich Echeverri nun in der Startelf von River etablieren kann, ist eine zeitnahe erste Berufung in die argentinische A-Nationalmannschaft nicht ausgeschlossen. Immerhin debütierte Messi bereits 2005 als 18-Jähriger für die Albiceleste und im vergangenen Sommer machte es Alejandro Garnacho von Manchester United der Barcelona-Legende in einem Freundschaftsspiel gegen Australien nach.
Argentiniens Trainer Lionel Scaloni wird sich nicht scheuen, Echeverri einen Einsatz zu geben, und vielleicht strebt der Jungstar sogar insgeheim einen Platz im Kader für die Copa America 2024 an. Was auch immer passiert, die nächsten zwölf Monate werden für Echeverri entscheidend sein, wenn er sich auf eine neue Herausforderung in der Premier League vorbereitet.
River-Jugendscout Luis Pereira betonte kürzlich in einem Interview mit Radio la Red, dass "El Diablito", wie Echeverri genannt wird, kein Limit habe. Und es wird faszinierend zu beobachten sein, wie weit er unter der Leitung von Pep Guardiola kommen kann, wenn er sich tatsächlich für einen Wechsel zu City entscheidet.
Echeverri ist vielleicht nicht Messi, aber er könnte das Aushängeschild der neuen Generation werden und dazu beitragen, dass Argentinien, der Weltmeister von 2022, auch in den kommenden Jahren die Mannschaft bleibt, die es zu schlagen gilt.