Kein anderer Spieler netzte 2014 öfter in der Premier League als Wilfried Bony von Swansea City. Wie bei seinen früheren Vereinen hatte der Stürmer auch beim Klub aus Wales Startschwierigkeiten. Doch nun sind die Top-Klubs hinter ihm her. Bonys nächstes Ziel ist trotz der Vertragsverlängerung bis 2018 klar: die Champions League.
Es gibt Spiele in der Karriere eines Profis, die als Dosenöffner für eine Saison oder gar für eine ganze Karriere dienen können. Bei Wilfried Bony ist dies am 1. Januar 2014 geschehen. Der Ivorer wechselt vor der Saison mit großen Vorschusslorbeeren und der Empfehlung von 31 Saisontoren bei Vitesse Arnheim zu Swansea City. Doch dort enttäuscht er in den ersten Monaten und erzielt magere drei Treffer.
Die Partie gegen Manchester City verspricht eigentlich keine Besserung, ist City zu der Zeit doch die dominierende Mannschaft der Liga. Die Waliser verlieren erwartungsgemäß. Einzig Bony findet einen Grund, sich zu freuen: Mit einem Doppelpack sorgt der Ivorer für seinen persönlichen Befreiungsschlag. Der Knoten platzt, es folgen zwölf weitere Buden bis zum Saisonende.
Personal Coach löst Blockade
Sucht man nach Gründen für seine Leistungsexplosion, liefert der Stürmer die Antwort gleich selbst. Im Dezember 2013 ist Bony mit sich, seiner Mannschaft und der allgemeinen Situation schlichtweg unzufrieden. Er spürt, dass der damalige Trainer Michael Laudrup nicht vollkommen hinter ihm steht. Laudrup, früher ein Feingeist auf dem Platz, bevorzugt den mitspielenden Stürmer. Ganz glücklich ist der Däne mit dem teuersten Neuzugang der Klubgeschichte von Anbeginn nicht.
Bony nahm das eingeschränkte Vertrauen in seine Person zur Kenntnis, verschloss sich und verkrampfte. Die hohe Ablösesumme von zwölf Millionen Pfund tat ihr übriges. "Ich habe mich zu sehr unter Druck gesetzt. Der Verein gab so viel Geld für mich aus und ich spielte nicht. Vor allem weißt du nicht, warum du nicht spielst. Es war eine schwere Zeit."
Um den Frust nicht weiter in sich hinein zu fressen, entschließt sich der 26-Jährige, seine Situation zu verändern. Bony engagiert einen Personal Coach, der ihn mental und physisch aus dem Tief holt, seine Blockaden und angestaute Wut löst. "Er tut mir einfach gut. Er bereitet mich körperlich und mental auf die Spiele vor. Bisher war ich wütend, wenn ich nicht spielte. Du musst aber deine Gefühle kontrollieren und lernen, dass an erster Stelle immer der Erfolg des Teams steht", erzählt der Geläuterte.
"Das Team steht an erster Stelle"
Der Personal Coach, dessen Namen Bony nicht verrät, arbeitet eng mit dem Trainerteam zusammen. "Der Klub kennt ihn. Sie sind glücklich darüber, da er sich das Training genau anschaut und das Gespräch mit den Trainern sucht", gibt Bony Einblicke in die Arbeit seines Vertrauten.
Die nackten Zahlen belegen jedenfalls den Erfolg der Zusammenarbeit. Von Januar bis Mai diesen Jahres traf Bony 14 Mal in der Liga, wettbewerbsübergreifend erzielte er gar 26 Tore bis zur Sommerpause.
Zudem spielte Bony die Entlassung Laudrups im Februar 2014 in die Karten. Nachfolger wurde der 34-jährige Abwehrspieler Garry Monk. Monk kennt seinen Stürmer und dessen sensible Art. Unter seinem ehemaligen Mitspieler blüht der zweifache Vater weiter auf. Bony wirkt nun endgültig befreit und zahlt das Vertrauen mit Toren am Fließband zurück.
"Ich kam mir wie ein Verrückter vor"
Dass Bony weiß, wo das gegnerische Tor steht, ist keine Überraschung, zeigte er sich bei seinen früheren Vereinen doch als überaus treffsicher. Bereits mit 17 Jahren wagte er den Sprung auf die Insel. Bony nahm am Trainingsbetrieb der Reds teil, doch für den Sprung in die Profiabteilung war es noch zu früh. "Das Spieltempo war einfach zu schnell für mich. Ich war noch nicht bereit für dieses Level."
Zwei Monate später begann für den bulligen Stürmer ein neues Abenteuer - bei Sparta Prag in Tschechien. Dabei stieß der Ivorer zu Beginn auf einige Hindernisse. "Sie halfen mir viel. Aber es war so kalt in Prag. Ich sah zum ersten Mal Schnee und sprach weder Englisch noch Tschechisch. Manchmal schickten sie mich nach links, aber ich ging nach rechts. Ich kam mir auf dem Platz wie ein verrückter Kerl vor." Trotz der Anlaufschwierigkeiten und der kaum vorhandenen Verständigung setzte sich Bony in Prag durch. In seiner dritten Saison erzielt er zehn Tore in 14 Spielen.
Mit dem Wechsel zu Vitesse Arnheim folgte 2011 der nächste Schritt. Auch dort benötigte Bony die ersten Monate, um sich an das neue Umfeld zu gewöhnen. Doch danach bombte Bony die Eredivisie kurz und klein. Insgesamt gelangen ihm 51 Tore in 69 Einsätzen. Mit 31 Toren krönte er sich zudem zum Torschützenkönig. Die Premier League rief, der Ivorer folgte der Verlockung. Die großen Vereine beschäftigten sich lose mit dem niederländischen Torschützenkönig. Am Ende sicherte sich Swansea den Zuschlag.
Wandspieler Bony
Mit seiner Physis passt der zweifache WM-Torschütze perfekt auf die Insel. Zwar kommt Bony nur auf eine Körperlänge von 1,82 Metern, doch sein Kampfgewicht beträgt stolze 91 Kilogramm. Bonys Körper wirkt, als würde er Zusatzschichten in der Muckibude abreißen. "Ich bin von Natur aus kräftig. Meine Mutter hatte den schwarzen Gürtel im Judo. Gewichte habe ich noch nie gestemmt."
Durch seinen bulligen Körper versteht er es, den Ball gekonnt abzuschirmen. Zwischen Verteidiger und Ball befindet sich eine bewegliche Wand, die die Kugel so lange behauptet, bis seine Mitspieler aufgerückt sind - ein Wandspieler par excellence. "Das ist meine Art zu spielen. Ich kann nicht rennen wie Dyer oder Routledge. Aber wenn ich mit meiner Spielweise der Mannschaft helfe, dann mache ich das gerne."
Das kleine Kopfballungeheuer
Bony zeichnet dabei zudem eine starke Technik aus. Durch seine technischen Fähigkeiten verwertet Swanseas Nummer Zehn den Ball häufig mit einem Kontakt oder setzt Mitspieler direkt in Szene. Dadurch nimmt das Spiel der Waliser automatisch an Fahrt auf. Bony lässt sich aus dem Sturmzentrum ins Mittelfeld fallen, um dann eben blitzartig die Bälle zu den Außenspielern zu verteilen.
Außerdem zeichnen ihn trotz seiner geringen Körpergröße ein hervorragendes Kopfballspiel und dazu eine beeindruckende Abschlussstärke aus. Bony fackelt nicht lange. Sieht er eine Chance auf einen erfolgreichen Abschluss, wird aus allen Lagen drauf gehalten. Egal, ob mit links oder rechts. Das Resultat: Kein anderer Spieler netzte 2014 öfter in der Premier League - Bony gelangen in diesen zwölf Monaten bislang 21 Treffer. Nicht umsonst nannte Ruud Gullit den Swansea-Stürmer eine "Tormaschine".
Auch Jamie Carragher lobt den bulligen Stürmer und wünscht sich, dass Bony den nächsten Schritt macht - am liebsten beim FC Liverpool. "Ich hoffe, Liverpool nimmt ihn unter Vertrag. Wenn Liverpool Balotelli für 16 Millionen Pfund verpflichtet, dann ist er 20 bis 25 Millionen wert. Ich hätte mir gewünscht, dass Liverpool ihn schon im Sommer verpflichtet hätte."
Nächstes Ziel: Champions League
Gleich bei mehreren Top-Teams steht Bony hoch im Kurs. Liverpool soll sich ernsthaft mit ihm beschäftigen, zudem werden ManCity und Arsenal Interesse nachgesagt. "Es müsste schon ein Verein kommen und eine astronomisch hohe Ablöse zahlen. Wir sind kein Ausbildungsverein, wir haben keine Not ihn zu verkaufen", sagt Coach Monk und freut sich, dass Bony im November seinen Vertrag um ein weiteres Jahr bis 2018 verlängerte.
Ob Bony ihn erfüllt, ist allerdings fraglich. Das nächste Ziel, das er angehen will, ist die Königsklasse. Ein Gespräch mit dem größten Fußballer seines Heimtlandes ließ sein Selbstvertrauen anwachsen: "Didier Drogba sagte mal zu mir, dass niemand deine Ziele zerstören darf. Meine Ziele waren 20 Tore für Swansea, dann die WM-Teilnahme und in Zukunft möchte ich in der Champions League spielen. Niemand kann mich von meinen Zielen abhalten."
Wilfried Bony im Steckbrief