In München war am Montagmittag gerade das Training beendet, da kam aus England die Nachricht, die keinen mehr überraschte: Bayern-Coach Pep Guardiola übernimmt ab 1. Juli wie erwartet Manchester City. Der 45 Jahre alte Spanier, der beim deutschen Fußball-Rekordmeister nach drei Jahren seinen Abschied nimmt, soll den englischen Vizemeister bis 2019 in Europa ganz nach oben führen - Geld genug ist beim millionenschweren Scheich-Klub vorhanden.
City gilt als größtes Fußball-Projekt der Welt - und Guardiola versteht sich als Projektleiter. "Der Grund ist sehr einfach: Ich will in England in der Premier League trainieren. Das ist alles. Wenn ich 55 oder 60 Jahre alt wäre, würde ich bleiben, bis Karl-Heinz Rummenigge oder Matthias Sammer sagen: Es ist genug", sagte Guardiola unlängst. Aber er sei "jung genug, ich brauche in diesem Moment eine neue Herausforderung".
Der FC Bayern sei erst seine "zweite Erfahrung als Trainer", fügte Guardiola an. Und er könne seine Karriere "nicht ohne eine England-Erfahrung beenden. Ich mag es, neue Restaurants, neue Städte kennenzulernen. Ich will die Stimmung, die Emotionen erleben. Ich weiß, es ist ein Risiko, aber ich mag genau das."
Überraschend war am Montag nur noch der Zeitpunkt der Bekanntgabe durch ManCity. Der viermalige englische Meister teilte mit, dass der bis 2017 datierte Vertrag mit dem aktuellen Coach Manuel Pellegrini zum 30. Juni aufgelöst werde. Der Klub wolle Trainer und Profis von einer "unnötigen Bürde" befreien, hieß es in einer offiziellen City-Mitteilung.
Bierhoff: "Passt zu ihm"
Darin stand auch, dass City und Guardiola bereits 2012 verhandelt hatten. Kein Wunder: Immerhin sind in Txiki Beguiristain und Ferran Soriano sowie Rodolfo Barrell und Joan Patsy vier ehemalige Kumpels von Guardiola aus Barcelona in verantwortlichen Positionen bei der City Football Group (CFG) tätig.
"Der Verein passt gut zu ihm", sagte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff auf dem SpoBis in Düsseldorf: "Das wird eine interessante Geschichte. Dort wird nicht nur aus Spaß in Fußball investiert, da steckt auch ein sportlicher Plan dahinter. Und mit Guardiola haben sie sich nun viel Kompetenz dazugeholt. Ich glaube, das passt."
Völlig freie Hand?
Guardiola soll in Manchester im Gegensatz zu München völlig freie Hand haben, auch in Bezug auf Transfers. Zudem reizt ihn offensichtlich der Gedanke, innerhalb der CFG mit den Filialen New York City FC, Melbourne City und den Yokohama F. Marinos eine Art Fußball-Revolution auszulösen - wie einst sein Mentor Johan Cruyff bei Barca.
City bietet dafür exzellente Voraussetzungen: Der Klub verfügt schon jetzt über eine rund 260 Millionen Euro teure und 720.000 Quadratmeter große Nachwuchs-Akademie, die weltweit ihresgleichen sucht. Es gibt 16 Trainingsplätze mit unterschiedlichen Graslängen - Perfektionist Guardiola wird begeistert sein. Unlängst ließen sich chinesische Investoren 13 Prozent der Anteile an der CFG 377 Millionen Euro kosten.
Guardiola wird ab Sommer dann nicht mehr mit den Weltmeistern Philipp Lahm oder Thomas Müller zusammenarbeiten. Er trifft auf Stars wie Sergio Agüero, Kevin De Bruyne, der vor dieser Saison für 75 Millionen Euro aus Wolfsburg gekommen war, Raheem Sterling oder Kapitän Vincent Kompany. Mit ihnen soll er die Champions League gewinnen - in München hat er dafür nur noch eine Chance.
Pep Guardiola im Steckbrief