Liverpool ist zurück in der Champions League. Natürlich waren die Reds nur ein Jahr weg, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an für einen Verein, der eine besondere Verbindung zum Europapokal hat. Zwischen 2018 und 2022 erreichte der Klub drei Endspiele und nahm 2019 sogar den Henkelpott mit nach Hause, als die Tottenham Hotspur in Madrid besiegt wurden.
Divock Origi kam damals von der Bank und schoss das entscheidende zweite Tor beim 2:0-Sieg im Metropolitano - das fühlte sich einfach so passend an. Der Belgier war der Inbegriff eines Kulthelden, Liverpools moderner David Fairclough, ein zuverlässiger Ersatzspieler, der in den größten Momenten immer dann einen guten Eindruck hinterließ, wenn sein Team ihn am dringendsten brauchte.
Als Origi im Sommer 2022 ablösefrei zur AC Mailand wechselte, tat er dies mit den herzlichsten Abschiedsgrüßen der Reds. Er hatte Jürgen Klopps großartiger Liverpool-Mannschaft viele gute Dienste geleistet, war aber verständlicherweise frustriert ob seiner mangelnden Spielzeit. Mit 27 Jahren wollte er zu Recht sehen, ob er außerhalb von Anfield Stammspieler einer ersten Mannschaft werden könnte.
Origi stand allerdings nicht in der Startelf, als Milan am Dienstag beim Champions-League-Auftakt gegen den FC Liverpool antrat (1:3). Er saß nicht einmal auf der Bank. Und das nicht, weil er gesperrt oder verletzt ist: Origi ist nicht einmal mehr Mitglied der Mailänder A-Mannschaft. Nur zwei Jahre nach seiner Ankunft in Italien verrottet Liverpools beliebter Super-Joker in der Reserve der Rossoneri.
Divock Origi: "Ecke schnell ausgeführt"
Als Klopp nach neun emotionalen Jahren als Liverpool-Trainer zurücktrat, war Origi einer derjenigen, die dem deutschen Trainer Tribut zollten. "Für immer dankbar", schrieb der Stürmer unter einen Instagram-Post mit zwei Bildern. Und weiter: "Was für ein Vermächtnis du aufgebaut hast."
Origi spielte dabei jedoch unbestreitbar eine kleine, aber feine Rolle.
Es war sein Last-Minute-Siegtreffer im Merseyside-Derby gegen Everton im Dezember 2018 (1:0), der einen begeisterten Klopp dazu veranlasste, auf das Spielfeld zu rennen und mit Liverpools Torhüter Alisson Becker zu feiern. Origi hatte auch die wohl wildesten Jubelszenen aller Zeiten in Anfield ausgelöst, als er Trent Alexander-Arnolds "schnell ausgeführte Ecke" im Tor versenkte und damit das historische Champions-League-Comeback gegen Barcelona im Mai 2019 perfekt machte.
Klopp hatte Origis Abschluss tatsächlich in Echtzeit verpasst - ebenso wie Barcelonas Abwehr wurde er vom aufmerksamen Alexander-Arnold überrascht -, sagt aber, dass er sich den Schuss seitdem "500.000 Mal" angeschaut habe.
Jürgen Klopp über Divock Origi: "Sie werden Bücher über ihn schreiben"
Trotz seiner Heldentaten in der Saison 2018/19 wurde Origi unter Klopp nie Stammspieler, vor allem weil Liverpool mit Mohamed Salah, Roberto Firmino und Sadio Mané über eines der besten Offensiv-Trios des modernen Fußballs verfügte. Klopp fühlte sich dennoch genötigt, Origi eine "Liverpool-Legende" zu nennen und zu prophezeien, dass "sie eines Tages Bücher über ihn schreiben werden."
"Er ist ein unglaublicher Stürmer", sagte der ehemalige Reds-Chef nach Origis Last-Minute-Siegtreffer gegen die Wolves im Dezember 2021. "Aus verschiedenen Gründen hat er nicht so oft gespielt, aber ich hoffe, dass er eines Tages einen Trainer findet, der ihn öfter spielen lässt als ich."
Klopp weiter: "Er ist einer der besten Torjäger, die ich je in meinem Leben gesehen habe. In dieser großartigen Mannschaft, mit unseren drei Stürmern, spielt er zwar nicht die ganze Zeit, aber er ist ein sehr positiver Junge, liebt den Verein, will seinen Beitrag leisten - und das tut er auf unglaubliche Weise."
Divock Origis Zeit in Liverpool: "Eine pure Freude"
Origi absolvierte jedoch in der Saison 2021/22 nicht genügend Spiele, um eine Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr zu bekommen, was praktisch das Ende seiner Karriere bei Liverpool bedeutete.
Klopp betonte, dass er "egal, wo er hingeht, zu 100 Prozent erfolgreich sein wird" und bezeichnete ihn als "einen der wichtigsten Spieler", den er je trainieren durfte. "Das mag angesichts der Anzahl der Spiele, die er gemacht hat, seltsam klingen", räumte Klopp ein, "aber die Zusammenarbeit war eine wahre Freude."
Dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit: Auch Origi beschrieb seine Zeit unter Klopp als "pure Freude".
"Wenn man nicht spielt, tut das weh, aber darüber hinaus versucht man immer, das Team an die erste Stelle zu setzen", erklärte er vor seinem Abgang. "Und ich weiß, dass wir einen unglaublichen Trainer haben, der die richtigen Entscheidungen trifft - wir müssen Spiele gewinnen."
Der Belgier erklärte: "In meiner Zeit hier haben wir so viele Spiele gewonnen und es war meine Aufgabe, das Team an die erste Stelle zu setzen. Jedes Mal fühlte ich mich wie jeder andere Fußballer. Ich wollte spielen, aber am Ende wusste ich, dass es ein höheres Ziel gab. Ich habe das Gefühl, dass ich hier in Liverpool meine Aufgabe erfüllt habe."
Obwohl sich der Abgang aus Liverpool zweifellos positiv auf seine Aussichten in einer ersten Mannschaft auswirkte, kam Origi seit seinem Wechsel nach Mailand leider noch weniger zum Einsatz.
Divock Origi: Das Elend in Mailand
Später wurde behauptet, dass die Datenabteilung von Mailand Zweifel an der Verpflichtung von Origi gehabt hatte, weil es einfach zu wenige Daten gab, mit denen man arbeiten konnte. Er hatte zwar 175 Einsätze für Liverpool absolviert, aber nur 68 davon von Anfang an.
Dennoch waren die ehemaligen Direktoren Paolo Maldini und Ricky Massara der Meinung, dass die Verpflichtung von Origi ein No-Brainer wäre, da er ablösefrei zu haben war - und trotz seiner eingeschränkten Rolle in Anfield immerhin 41 Tore und 13 Vorlagen erzielt hatte.
Origi erhielt deshalb einen Vierjahresvertrag mit einem Gehalt von vier Millionen Euro pro Saison, was ihn zu dieser Zeit hinter Rafael Leão zum Topverdiener des Vereins machte - und diese Investition wurde letztendlich genutzt, um Maldini und Massara zu feuern. Trotz der Schlüsselrolle, die ihre Transfers beim Titelgewinn des Vereins in der Serie A 2021/22 gespielt hatten.
In seiner ersten Saison bei San Siro schien Origi eine reine Geldverschwendung zu sein: In 36 Spielen erzielte er lediglich zwei Tore. Aber es gab zumindest einige mildernde Umstände.
Divock Origi: "Wir wissen, was er kann"
Origi war verletzt in Italien angekommen. Er hatte sich eine Oberschenkelverletzung zugezogen, die ihn für die letzten Spiele der Saison 2021/22 außer Gefecht gesetzt hatte - und dieses Problem behinderte ihn in seinen ersten Monaten in Mailand. Bei seinem ersten Startelfeinsatz gegen Monza im Oktober 2022 gelangen ihm zwar direkt ein Tor und eine Vorlage, danach kämpfte er jedoch weiter mit seiner Form und Fitness.
Im Mai kursierten bereits Gerüchte, wonach die Rossoneri Origi loswerden wollten. Doch Maldini war davon überzeugt, dass Origi - ebenso wie ein anderer im Sommer geschmähter Neuzugang, Charles De Ketelaere - sich letztendlich als nützlich erweisen würde, wenn er seine Entscheidungsfindung verbesserte.
"Origi hat alles, um ein großartiger Fußballer zu sein", sagte der legendäre Linksverteidiger im Mai 2023 bei Sky Sport Italia. "Er hat den Körperbau, die Technik, Schnelligkeit und Schusskraft, rechts wie links. Er hat aber Schwierigkeiten damit, im gegnerischen Strafraum die richtige Entscheidung zu treffen, und das ist ein Problem, weil er ein Stürmer ist."
Maldini weiter: "Ehrlich gesagt erwarten wir viel von ihm. Wir haben ihn ablösefrei verpflichtet, das war eine erhebliche Investition in Bezug auf sein Gehalt. Aber wenn wir ihn im Training beobachten, wissen wir, was er kann."
Allerdings mussten Maldini und Massara im vergangenen Sommer den Verein verlassen - und Origi wurde prompt als Ballast betrachtet, den man loswerden musste.
Divock Origi: In die Reserve verbannt
Origi wurde für die Saison 2023/24 an Nottingham Forest ausgeliehen und zeigte sich optimistisch, in England wieder zu alter Form zurückzufinden. "Es fühlt sich wie zu Hause an, denn ich bin praktisch hier aufgewachsen", sagte er auf der offiziellen Website seines neuen Vereins. Origi sagte auch, er freue sich auf das, was seiner Überzeugung nach sowohl für ihn als auch für den Premier-League-Klub ein "besonderes Jahr" werden würde.
Obwohl Forest den Abstiegskampf überlebte, trug Origi nichts dazu bei: Er konnte kein einziges Ligator erzielen; sein einziges Tor in der gesamten Saison gelang ihm im FA-Cup-Spiel gegen Bristol City.
Obwohl Trainer Nuno Espírito Santo darauf beharrte, dass Origi sich gegen Ende der Saison "verbessert" habe, war es keine Überraschung, dass er im Sommer wieder zurück ins San Siro geschickt wurde. Dort wurde Origi nicht gerade mit offenen Armen empfangen, und Milans Berater Zlatan Ibrahimovic erklärte im Juli öffentlich, dass Origi nicht mehr Teil der Pläne der A-Mannschaft sei und stattdessen mit Milano Futuro trainieren werde.
Origi hat allerdings noch nicht ein einziges Mal für die Reservemannschaft der Rossoneri gespielt, die hauptsächlich aus U23-Spielern besteht und in der Serie C spielt. Er befindet sich nun in einer Art Schwebezustand, nachdem es ihm während der Sommertransferperiode nicht gelungen ist, Mailand zu verlassen - obwohl angeblich Interesse aus der Türkei und Saudi-Arabien besteht.
Wie es weitergeht, ist völlig offen. Aber wenn sie am Ende tatsächlich ein Buch über Divock Origi schreiben, sieht das Ende im Moment ziemlich düster aus.
Divock Origi: Seine Karrierestationen
Zeitraum | Klub | Pflichtspiele | Tore | Assists |
2013 bis 2015 | LOSC Lille | 89 | 16 | 5 |
2015 bis 2022 | FC Liverpool | 175 | 41 | 15 |
2017/18 | VfL Wolfsburg (Leihe) | 36 | 7 | 3 |
seit 2022 | AC Mailand | 36 | 2 | 1 |
2023/24 | Nottingham Forest (Leihe) | 22 | 1 | 1 |