Thomas Tuchel liebäugelt mit Spanien! Drei Deutsche als mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Xavi beim FC Barcelona

Von James Westwood und Daniel Buse
Xavi.
© Getty

Trainer Xavi vom FC Barcelona hat angekündigt, dass er am Saisonende zurücktreten wird. Wer kommt für seine Nachfolge in Frage?

Cookie-Einstellungen

"Der Trainer des FC Barcelona zu sein, ist oft hart und unangenehm. Man hat das Gefühl, dass die Leute keinen Respekt vor einem haben", sagte Xavi nach der 3:5-Heimniederlage seiner Mannschaft gegen Villarreal am Samstag den Journalisten. "Es ist mental gesehen schrecklich, schlecht für die Moral - und du kommst an den Punkt, an dem du denkst, dass es keinen Sinn mehr ergibt, weiterzumachen."

Neun Monate sind im Fußball eine sehr kurze Zeit. Es fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen, aber es ist doch schon genau so lange her: Xavi trug den Meisterpokal durch das Camp Nou, nachdem Barça mit zehn Punkten Vorsprung auf Real Madrid den ersten Titel seit vier Jahren geholt hatte. Den großen Rivalen hatten die Katalanen auch noch im Finale der Supercopa geschlagen.

Xavi schien trotz der finanziellen Probleme, die in Barcelona seit langem für Probleme sorgen, etwas aufzubauen. Zwar stand der Trainer für einen defensiveren Spielstil, der meilenweit entfernt vom flüssigen Kombinationsspektakel war, bei dem er selbst noch als Spieler an der Seite von Iniesta und Messi geglänzt hatte. Doch es sah aus, als ob sich etwas bei den Katalanen entwickelte. In dieser Saison jedoch gab es den großen Rückschlag: Barça kassiert hinten viel zu viele Gegentore - und vorne stimmt die Abstimmung ebenfalls nicht.

Gegen Villarreal führte das Team nach 71 Minuten mit 3:2, brach dann aber völlig ein und ging beim 3:5 am Ende leer aus. Aktuell liegt die Xavi-Mannschaft zehn Punkte hinter Real und elf Punkte hinter dem Überraschungsteam Girona, das aber ein Spiel mehr absolviert hat.

xavi-barca-1600
© getty

Xavi verlässt den FC Barcelona: Das sind die Kandidaten für die Nachfolge

Für die Supercopa-Pleite aus dem Vorjahr revanchierte sich Real vor kurzem gegen Barça mit einem überzeugenden 4:1. Und in der Copa del Rey schieden die Blaugrana nun im Viertelfinale gegen Bilbao aus. Zwar ist Barcelona noch im Achtelfinale der Champions League mit dabei, aber es sieht nicht danach aus, dass es in der Königsklasse auf einmal viel besser als in den anderen Wettbewerben laufen sollte. Und das scheint Xavi selbst schon genau zu wissen.

"Ich habe das Gefühl, dass ich das Richtige tue, dass ich mit gesundem Menschenverstand handle", fügte er hinzu, nachdem er bekanntgegeben hatte, dass er im Sommer zurücktreten wird. "Ich denke, der Verein braucht eine andere Dynamik, denn die Dynamik ist im Moment sehr negativ."

Die große Frage ist jetzt: Wer ist der Richtige, um für die Wende beim FC Barcelona zu sorgen? SPOX stellt neun Kandidaten für Xavis Posten vor - und gleich drei Deutsche sind mit dabei.

thiago-motta-1600
© getty

Thiago Motta

Genau wie Xavi kann auch Thiago Motta auf viele Jahre im Camp Nou zurückblicken, da er 1999 als erst 17-Jähriger zum Verein gekommen war. Leider schlug sich der Ex-Nationalspieler Italiens während seiner acht Jahre bei Barça oft mit Verletzungen herum. Seine persönliche Erfolgsbilanz kann sich aber mit dem Sieg in der Champions League und dem Meistertitel in LaLiga sehen lassen - und die Fans hat er nach den vielen Jahren bei den Katalanen auch auf seiner Seite.

Seit seinem Rücktritt vom aktiven Fußball 2018, vor dem er noch einmal kurz bei Paris Saint-Germain gewesen war, hat sich Motta einen beeindruckenden Ruf als Trainer erarbeitet. Er saß zunächst bei Genoa und Spezia auf der Bank, bevor er im September 2022 den Chefposten bei Bologna übernahm. Seitdem hat er die Mannschaft zu einem Team geformt, das in der Serie A um die ersten vier Plätze mitspielt. Sein moderner und intensiver Spielstil dort ist nicht nur Barça positiv aufgefallen.

Berichten zufolge ist Motta immer noch eng mit seinem ehemaligen Barça-Teamkollegen Deco befreundet, dem aktuellen Sportdirektor des Vereins. Als er den Medienvertretern am Wochenende Rede und Antwort stand, schloss er eine Rückkehr nach Katalonien nicht ausdrücklich aus. Motta wäre vielleicht nicht die glamouröseste Barça-Wahl, aber es wäre mit Sicherheit interessant zu sehen, wie er sich nach seinem Erfolg bei Bologna schlägt, wenn er einen Top-Kader zur Verfügung hat.

Hansi Flick
© getty

Hansi Flick

Laut Sport Bild sieht Barcelonas Präsident Joan Laporta in Flick den idealen Nachfolger für Xavi, auch wenn der bei seinem letzten Auftrag als deutscher Nationaltrainer überhaupt keinen Erfolg hatte.

Flick war der Erste, der als DFB-Coach entlassen wurde, weil er nur 12 seiner 25 Spiele gewonnen hatte. Man muss ihm allerdings zugutehalten: 2021 hatte er eine verunsicherte Mannschaft von Joachim Löw geerbt - und damit von Anfang an einen schweren Stand. Im Nachhinein bereut der 58-Jährige vielleicht nun seinen Abschied vom FC Bayern, wo er in weniger als zwei Jahren sieben Titel geholt hatte.

Laporta drängt angeblich darauf, Flick zu holen, weil der seiner Ansicht nach nach wie vor einer der besten verfügbaren Trainer ist. Was mit Sicherheit für ihn spricht: Bei den Bayern ließ Flick ein gnadenloses Pressing spielen - und er ist ein selbstbewusster, nüchterner Typ, der wohl bei Barça gebraucht wird, um in der nächsten Saison wieder auf Kurs zu kommen.

Mikel Arteta, FC Arsenal, Saison, Premier League
© getty

Mikel Arteta

Arteta hat in seinen vier Jahren bei Arsenal bislang zwar nur einen FA-Cup gewonnen, aber er hat die Mannschaft wieder zu einem echten Titelkandidaten gemacht. Seine Fähigkeiten als Trainer sind dabei ähnlich wie die seines Mentors Pep Guardiola.

Arteta steht bei den Gunners noch bis 2025 unter Vertrag, doch laut Diario Sport erwägt er, ebenfalls am Saisonende zurückzutreten, falls er das Gefühl hat, dass die Mannschaft in ihrer Entwicklung keine Fortschritte mehr macht.

Der FC Arsenal hat diesen Bericht dementiert, doch Arteta könnte eine neue Herausforderung in seinem Heimatland durchaus reizen. Berichten zufolge steht er schon auf Decos drei Trainer umfassender Shortlist für die Xavi-Nachfolge. Arteta kann immerhin auch die Barça-DNA vorweisen: Als Jugendlicher spielte er in La Masia und hat die Grundwerte, die ihm dort vermittelt wurden, verinnerlicht.

Es wäre eine große Überraschung, wenn Arteta Arsenal bald verlassen würde. Vor allem, wenn man bedenkt, dass er mit der aktuellen Barça-Mannschaft wohl wieder bei Null anfangen würde. Aber ein Wechsel könnte für ihn durchaus anstehen, wenn es ihm nicht gelingt, in dieser Saison mit Arsenal weitere Titel zu holen.

José Mourinho
© getty

José Mourinho

Mourinho ist wieder zu haben, nachdem es für ihn auch bei der Roma wieder einmal in der dritten Saison schiefgegangen ist. Die Roma hatte keine andere Wahl, als sich von dem Portugiesen zu trennen, nachdem sie in der Serie A auf den neunten Platz abgerutscht war. Was ihm aber blieb: Mourinho führte die Giallorossi zu ihrem ersten Europapokal-Titel seit 1961. Dabei coachte er wieder nach typischer Mourinho-Art, indem er eine "Wir gegen alle anderen"-Mentalität im Stadio Olimpico predigte, was bei den meisten Roma-Fans sehr gut ankam.

Bei Porto, Chelsea, Inter und Real Madrid ist er aus ähnlichen Gründen bei den Fans immer noch sehr beliebt. Sicherlich wäre Mourinho in der Lage, Barças formschwachen Stars wieder Beine zu machen. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass die Fans hinter dem 61-Jährigen stehen würden, der während seiner Zeit als Real-Trainer zwischen 2010 und 2013 "Hass" zwischen den Spielern von Los Blancos und Barça geschürt haben soll, ist jedoch verschwindend gering.

Die Blaugrana würden über Mourinho sicher nur nachdenken, wenn sie keine andere Wahl haben. Aber: Im Fußball sind schon seltsamere Dinge passiert.

Roberto De Zerbi
© Goal/HIC/LinkedIn

Roberto De Zerbi

De Zerbi wird irgendwann bei einem europäischen Top-Klub landen, so viel dürfte klar sein. Bei Sassuolo vollbrachte er wahre Wunder, danach machte er aus Brighton ein Top-sechs-Team in der Premier League. Die Seagulls sind aktuell eines der Teams, die den neutralen Zuschauern mit ihren Auftritten viel Freude machen: De Zerbi lässt ein hohes Pressing des Gegners zu - und sorgt dann dafür, dass sich seine Mannschaft schnell nach vorne kombinieren und Torchancen en masse kreieren kann.

Manchester City wird schon länger als möglicher nächster Klub für De Zerbi gehandelt, der schon jetzt wie der perfekte Nachfolger von Pep Guardiola wirkt. Aber seine Trainer-Qualitäten würden wahrscheinlich noch besser zu Barcelona passen. Wohl auch deshalb ist der 44-Jährige derzeit der Favorit der Buchmacher für die Xavi-Nachfolge.

Für Barça wäre die Verpflichtung von De Zerbi angesichts seiner fehlenden Erfahrung auf Top-Niveau ein kleines Risiko. Die Fans würden seinen offensiven Stil aber mit Sicherheit lieben.

michel-1600
© getty

Michel

Das Gute könnte im Falle der Xavi-Nachfolge auch ganz nah liegen: Nur 100 Kilometer nordöstlich von Barcelona spielt Girona eine sensationelle Saison - und der aus Madrid stammende Michel ist der Dirigent an der Seitenlinie. Dem Klub, der zur City Football Group (CFG) gehört, mussten sich die Blaugrana am 10. Dezember mit 2:4 geschlagen geben. Nicht Barça, sondern Girona hat aktuell gute Karten, den LaLiga-Titel zu holen.

Michel legt den Schwerpunkt auf breit angelegte Angriffe, bei denen die Gefahr oft am langen Pfosten entsteht. Es ist eine Herangehensweise, die die meisten anderen Teams in Spanien in dieser Saison überfordert hat. Barça würde eine solch konsequent verfolgte Spielidee aktuell auch guttun. Was allerdings gegen eine Michel-Verpflichtung spricht, sind die Verbindungen von Girona zur CFG.

Girona verfügt über die nötigen Mittel, um sich weiter zu entwickeln und in der nächsten Saison in der Champions League zu spielen. Gleichzeitig bringt der aktuelle Erfolg Michel in die Pole-Position für eine mögliche Guardiolas-Nachfolge im Etihad. Und was ebenfalls gegen Michel bei Barça spricht: Ein Wechsel zu den Katalanen könnte angesichts der aktuell instabilen Lage beim Klub für einen Knick in der vielversprechenden Karriere Michels sorgen. Warum sollte er das Risiko eingehen?

Tuchel-16003
© getty

Thomas Tuchel

"Das Ausland würde mich auf jeden Fall noch einmal reizen. Spanien hat eine außergewöhnliche Liga. Wenn du mit spanischen Spielern spricht, hast du das Gefühl, dass du mit den Menschen sprichst."

Tuchel hatte während des Besuchs beim Fanclub "Red Stars 78" in Heidenheim mit diesen Sätzen für Aufsehen gesorgt, woraufhin der Ex-Bayern-Mittelfeldspieler Dietmar Hamann diese Äußerungen bei Sky als "Frechheit" bezeichnete. Die Entscheidung der Münchner, Julian Nagelsmann vor rund einem Jahr zu entlassen und Tuchel zu holen, hat mit Sicherheit nicht den gewünschten Erfolg gebracht. In der aktuellen Saison läuft das Team Gefahr, den nächsten Bundesliga-Titel an Bayer Leverkusen zu verlieren - und Tuchel liebäugelt angeblich schon mit einem Abgang.

Sollte Barça zwischen Tuchels Zeilen lesen und sich intensiv um den Deutschen bemühen, könnte das ein echter Coup werden. Tuchel hat seine taktischen Fähigkeiten bereits bei Chelsea, PSG und Borussia Dortmund nachdrücklich unter Beweis gestellt. Und er ist nach wie vor ein Trainer, der seinen neuen Klub umkrempeln kann. Bei Bayern passt es vielleicht aktuell nicht optimal, aber wenn er er, wie er es formuliert hat, gerne mit spanischen Spielern zusammenarbeiten würde, wäre er in Barcelona bestens aufgehoben.

Rafael Marquez, FC Barcelona
© imago images

Rafa Marquez

Die einfachste Lösung für Barça wäre die Beförderung von Rafa Marquez, der seit Juli 2022 die B-Mannschaft trainiert. Der Mexikaner hat bei diesem Team nicht ähnlich auf sich aufmerksam gemacht wie Pep Guardiola, der 2008 von der zweiten zur ersten Mannschaft wechselte, aber er wäre die sichere Wahl und er könnte sogar schon einspringen, wenn Xavi vor Saisonende entlassen werden sollte.

Marquez hat ein gutes Verhältnis zu Deco und ist einer der erfolgreichsten Ex-Spieler des Vereins: Viermal wurde er Meister, dazu kommen noch zwei Champions-League-Titel. Auf die Frage, ob er Xavi gerne ersetzen würde, antwortete der 44-Jährige kurz und knapp: "Wer würde das nicht?"

Das einzige Problem ist, dass die Fans Marquez angeblich nicht wollen. Präsident Laporta wird angesichts der ohnehin schon turbulent verlaufenden Saison wahrscheinlich keinen weiteren Gegenwind riskieren wollen, indem er den Mexikaner zum Chefcoach macht.

Jürgen Klopp, FC Liverpool
© getty

Jürgen Klopp

Und dann ist da natürlich noch Jürgen Klopp, der am Freitag nicht nur die Liverpool-Fans mit seiner Ankündigung überraschte, dass für ihn im Sommer an der Anfield Road Schluss ist. Der 56-Jährige erklärte, nach neun Jahren bei den Reds "müde" zu sein, und betonte, dass er eine längere Pause einlegen wolle, wenn er geht.

Das wird Barça aber aller Voraussicht nach nicht davon abhalten, sein Glück beim Deutschen zu versuchen. Laut Daily Mail war Laporta schon immer ein Klopp-Fan und würde ihn als "Traumbesetzung" ansehen.

Wenn sich Klopp auch noch mit dem zweiten Premier-League-Titel aus Liverpool verabschieden sollte, würde es ein echter Kraftakt für Barça, ihn nach Spanien zu locken. Klopp würde seine bekannten Qualitäten mit zu den Katalanen bringen, aber er verlangt dafür höchstwahrscheinlich auch ein hohes Gehalt - was für Barça das große Hindernis auf dem Weg zu einer Zusammenarbeit sein dürfte.

Artikel und Videos zum Thema