Kai Havertz verdreht missmutig die Augen. "Die Positionsfrage", klagt er, "nervt mich mittlerweile echt."
Die ewigen Diskussionen um die richtige Sturmbesetzung in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft kann Havertz damit aber nicht beenden. Die bange Frage nach dem Chancenwucher beim WM-Fehlstart gegen Japan lautet: Wer soll im "Endspiel" gegen Spanien bloß die Tore schießen?
Gut möglich, dass Bundestrainer Hansi Flick im Al-Bayt-Stadion in Al-Khor (20.00 Uhr MEZ/ZDF und MagentaTV) erneut Havertz an vorderster Front aufbietet. "Wenn ich am Sonntag wieder da spiele, dann gebe ich Gas und probiere, der Mannschaft zu helfen", versichert der Offensivspieler des FC Chelsea am Freitag auf dem DFB-Trainingsgelände in Al-Shamal.
Die zehn Treffer des 23-Jährigen in 32 Länderspielen sind gar keine so schlechte Quote. Doch gegen Japan (1:2) hing Havertz nicht zum ersten Mal ziemlich in der Luft und setzte sich kaum in Szene. Er sei "nicht zu 100 Prozent ins Spiel integriert" gewesen, gibt er zu. "Als Stürmer hast du die Verpflichtung, Tore zu schießen, das habe ich gegen Japan nicht geschafft", räumt der ehemalige Leverkusener selbstkritisch ein.
Doch Flicks Alternativen sind nach dem Ausfall von Timo Werner rar. Niclas Füllkrug könnte erneut die Jokerrolle zufallen, auch weil die DFB-Auswahl gegen den Weltmeister von 2010 nicht so offensiv agieren dürfte, dass ein Strafraumspieler von Beginn an die beste Lösung wäre. "Wir werden vielleicht nicht ganz so viele Tormöglichkeiten bekommen. Spanien wird mitspielen", vermutet Kapitän Manuel Neuer.
Kai Havertz: "Mein Fokus liegt darauf, dem Team mit Toren und Vorlagen zu helfen"
Gegen Japan gab es zwar viele Chancen, doch aufgrund von Unvermögen oder Pech reichte es nur zu einem Elfmetertor von Ilkay Gündogan. Thomas Müller bemängelt die "mangelnde Effektivität vorne", Joshua Kimmich fordert: "Bei den Chancen müssen wir abgezockter werden."
Havertz lässt sich von der Kritik "nicht unterkriegen" und behält "den Kopf oben". Er wisse, dass er die Position im Sturm gegen Spanien gut spielen könne - und werde. Sie bereite ihm schließlich "Spaß". Und die "große Wut", die er nach der Niederlage am Mittwoch verspürt hatte, ist inzwischen auch wieder verraucht: "Mein Fokus liegt darauf, dem Team mit Toren und Vorlagen zu helfen."
Alternativen im Sturm wären für Flick noch Müller, Serge Gnabry oder Youngster Youssoufa Moukoko. Auch der gegen Japan ausgefallene Leroy Sane (Knieprobleme) könnte wieder eine Offensiv-Option sein. "Ich glaube schon, dass wir Qualität haben", sagt Flick. Seine Mannschaft habe "noch Potenzial, das sie im Moment nicht ganz abruft."
Das soll gegen Spanien anders werden, Tore müssen her. Dann wäre Kai Havertz auch nicht mehr genervt.
DFB-Team - Pressekonferenz mit Brandt und Havertz heute im Liveticker zum Nachlesen
PK-Ende: Das war es dann auch schon wieder von der Pressekonferenz der deutschen Mannschaft.
Havertz über seine Lieblingsposition: "Die Positionsfrage nervt mich mittlerweile echt. Jeder weiß dass ich rechts, links, auf der Neun und auf der Zehn spielen kann. Natürlich sind die Positionen verschieden, aber ich kann da vorne drin alles spielen. Ich mag die Neuner-Position echt gerne, aber ich weiß auch, dass man als Stürmer Tore machen muss. Wenn ich am Sonntag wieder dort spiele, dann werde ich wieder mein Bestes geben."
Havertz über einen möglichen weiteren Protest: "Jeder kennt unseren Standpunkt. Aber unser Fokus liegt jetzt zu 100 Prozent auf dem Fußball."
Havertz über einen möglichen Golden-Boot-Gewinn: "Wir haben andere Probleme. Mein Fokus liegt darauf, dem Team zu helfen. Wenn ein anderer zehn Tore macht, dann bin ich happy. Zu gewinnen ist mein Primärziel."
Brandt über die letzte 0:6-Niederlage gegen Spanien: "Ich finde nicht, dass das eine Rolle spielt. Das ist zwei Jahre her. Wir sind in einer anderen Situation. Wir sind viel weiter, unabhängig davon, wie die letzten Ergebnisse waren. Wir sind in einer scheiß Situation und Spanien kommt mit einem 7:0-Sieg im Rücken ins Stadion. Aber das ist eine Chance für uns. Damit kann man viel Energie freisetzen. Ein bisschen vor einem Jahr hat man auch gegen Frankreich zum Auftakt verloren und dann hat man auch im zweiten Spiel gegen Portugal gewonnen. Die Truppe kennt so eine Situation. Ich glaube nicht, dass das 0:6 da noch eine Rolle spielt."
Havertz über die öffentliche Kritik von Teamkollegen: "Es war konstruktive Kritik von Ilkay und Manu. Ich kann die Jungs verstehen. Wir haben darüber gesprochen. So eine Kritik tut der Mannschaft auch gut, weil wir uns weiterentwickeln. Das ist ein kleiner Schnipsel aus einem Interview. Da ist keiner sauer."
Havertz über seine Familie: "Meine Familie ist hier. Sie supporten mich im Stadion und hier im Camp."
Havertz über Spanien: "Wir wissen, dass sie eine hohe Qualität haben, aber wir verstecken uns nicht. Wir müssen unsere Leistungen auf den Platz bringen."
Havertz über seine Wut in den letzten Tagen: "Ich war die letzten Tage nicht sonderlich gut gelaunt. Aber wenn man das langsam verdaut, dann kommt die Vorfreude auf Sonntag. Wenn man sich kritisiert, dann bringt das eine Mannschaft weiter. Wir müssen in den Trainingseinheiten Gas geben und uns ein gutes Gefühl geben."
Havertz über einen "zu netten" Flick: "Wir wissen es alle noch von der Schule. Das letzte, was man dem Trainer vorwerfen kann, ist, dass er zu wenig mit uns redet. Nach der Aussprache gestern wissen alle, was wir anders machen müssen. Ich glaube nicht, dass er zu nett ist. Ich muss mich nicht anschreien lassen. Mir reicht eine klare Ansage."
Brandt über die Aussprache nach dem Japan-Spiel: "Wir haben überwiegend über die Themen gesprochen, die wir nicht gut gemacht haben. Es hat ja jeder gesehen, dass wir unsere Chancen nicht genutzt haben. Wir haben analysiert, was wir bei den Gegentore falsch gemacht haben. Über die positiven Dinge haben wir kaum gesprochen. Es geht darum, wenn du 1:0 führst und wir die Führung nicht ausgebaut bekommen, dass wir das Spiel nach Hause bringen."
Havertz über die schlechte Form in diesem Jahr: "Ich kann verstehen, dass bei vielen Fans Negativität aufkommt. Es wird viel gegen uns geschossen. Aber im Kopf mache ich mir keine Sorgen. Es ist mir egal, was in der Vergangenheit war. Es ist ein großes Spiel am Sonntag. Da bringt es nichts, jetzt negative Gedanken zu bekommen. Der Blick geht nach vorne für uns."
Havertz über den Status als Turniermannschaft: "Die Statistik spricht nicht für uns. Aber wir haben in den letzten Jahren einen Umbruch erlebt, das ist nicht ganz einfach. Das ist keine Entschuldigung. Das was wir gezeigt haben, ist zu wenig. Aber wir werden alles dafür tun, um das zu verbessern."
Havertz über Fan-Unterstützung: "Wir freuen uns über jeden einzelnen Fan, der uns supportet. Das kitzelt aus jeden das letzte Prozent heraus. Wir wissen, dass bei diesem Turnier der Support vielleicht nicht ganz so gegeben ist, wie wir das kennen. In diesem Jahr ist es vom Gefühl her im ersten Spiel etwas weniger gewesen, aber wir appellieren an jeden, uns am Sonntag zu unterstützen."
Brandt über Leader im Team: "Die Last wird auf allen Schultern verteilt. Wir alle sind bei unseren Vereinen Führungsspieler und haben dort eine gewisse Verantwortung. Wir müssen überzeugt an die Sache ran gehen. Ich habe auch das Gefühl, dass das jeder möchte."
Brandt über Familien-Besuch nach der Niederlage: "Von Kai und mir war keine engere Familie da. Aber die anderen haben sich sehr gefreut, ihre Liebsten zu sehen."
Brandt über die Vorbereitung auf Spanien: "Wir haben besprochen, was wir nicht gut gemacht haben. Wir haben diskutiert. Wir hatten einen sehr guten Austausch. Wir sind alle aus der Besprechung gegangen, dass wir das Spiel gewinnen wollen."
Vor Beginn: Gegen den kommenden Gegner Spanien muss aus deutscher Sicht unbedingt ein Sieg, sonst droht das Aus in der Gruppenphase. Bei einer Niederlage und gleichzeitigem Punktgewinn der Japaner im Parallelspiel gegen Costa Rica hätte das DFB-Team bereits vor dem abschließenden Gruppenspiel keine Chance mehr auf das Achtelfinale.
Vor Beginn: Ab 10 Uhr deutscher Zeit werden sich Julian Brandt und Kai Havertz den Fragen der Medienvertreter stellen.
Vor Beginn: Hallo und herzlich willkommen zur Pressekonferenz der deutschen Nationalmannschaft.
DFB-Team - Pressekonferenz mit Julian Brandt und Kai Havertz im Livestream
Neben unserem Liveticker könnt Ihr die Pressekonferenz auch im Livestream mitverfolgen. DFB zeigt die Medienrunde live auf Youtube sowie der Verbands-Homepage.
WM 2022 - Gruppe E mit Deutschland: Der Spielplan
Datum | Uhrzeit | Team A | Team B | Übertragung | Ergebnis |
23. November | 14 Uhr | Deutschland | Japan | ARD, MagentaTV | 1:2 |
23. November | 17 Uhr | Spanien | Costa Rica | ARD, MagentaTV | 7:0 |
27. November | 11 Uhr | Japan | Costa Rica | ZDF, MagentaTV | - |
27. November | 20 Uhr | Spanien | Deutschland | ZDF, MagentaTV | - |
01. Dezember | 20 Uhr | Costa Rica | Deutschland | ARD, MagentaTV | - |
01. Dezember | 20 Uhr | Japan | Spanien | MagentaTV | - |