Vor dem US Masters im April hat's klick gemacht: Nach zwei Jahren voller Formschwankungen bat Martin Kaymer seinen Trainer Günter Kessler spontan um ein Extra-Training. Es sollte zu einer Einheit mit nachhaltiger Wirkung werden.
"Wir haben sehr viele Bälle geschlagen, sehr viel kurz gespielt. An jedem Loch fünf Bälle: zwei Draws, zwei Fades, einen gerade. Nach dem Training sagte Günter zu mir: Hast du eigentlich gemerkt, dass du den Draw geschlagen hast, wenn du ihn schlagen wolltest? Das war der Beweis, dass ich es kann", erklärt Kaymer den möglichen Schlüsselmoment seiner bisherigen Karriere.
Das heißeste Eisen der Szene
Es folgte zwar nur ein 31. Platz beim Saisonhöhepunkt in Augusta, doch danach nahm die zwischenzeitlich ins Trudeln geratene Karriere des früheren Weltranglisten-Ersten wieder rapide Fahrt auf. Nach dem Sieg bei der Players Championship im Mai und dem Start-Ziel-Erfolg bei der US Open vor nicht einmal zwei Wochen ist Kaymer nach Jahren im Mittelmaß wieder eines der heißesten Eisen in der Szene.
Sein von der Öffentlichkeit vielfach hinterfragter Weg, sein erfolgreiches Spiel umzustellen und es durch verstärkte Arbeit am Draw zu perfektionieren, hat sich eindeutig ausgezahlt. Heute weiß er: "Man sollte einfach spielen, so wie die Kinder spielen. Nicht nachdenken, sondern das Ziel sehen und spielen. Die Dinge natürlich passieren lassen."
So wie es Kaymer bei der US Open gelang, als die Organisatoren nach seinem Rekord nach zwei Tagen mit nur 130 Schlägen die Fahnen auf links stellten und ihn so zu einer Umstellung seines Stils zwangen. "Günter sagte zu mir: Super, dass dir die Fahnen nicht auffallen. Alle Fahnen sind für dich spielbar."
"Jede Runde für sich"
Mit dem Gefühl, jeden Schlag zu beherrschen, und seinem neuen Credo, "jede Runde für sich zu spielen und nicht untereinander zu vergleichen", will Kaymer nun auch bei der BMW International Open auf Gut Lärchenhof vor den Toren Kölns (26. bis 29. Juni) überzeugen.
Bei dem im jährlichen Wechsel in München und Köln ausgetragenen einzigen Profiturnier auf deutschem Boden hat er noch einiges gutzumachen: "Vor zwei Jahren habe ich hier den Cut verpasst. Ich habe am Fernseher verfolgt, wie Marcel Siem um den Sieg gespielt hat."
Schwung mitnehmen
Der 29-Jährige räumte zwar ein, dieses Mal mehr Zeit zur Vorbereitung zu haben als vor zwei Jahren, vom Sieg wollte er aber allenfalls indirekt reden: "Wenn du gerade in Deutschland spielst und es nur ein Turnier gibt, will man natürlich so gut spielen wie möglich."
Den Schwung der letzten Wochen will Kaymer in jedem Fall mitnehmen - immerhin wähnt er sich gerade in der schönsten Phase seiner bisherigen Karriere: "Ich kann den Erfolg gerade verinnerlichen. Beim ersten Major-Sieg war noch vieles neu. Heute kann ich das alles bewusster wahrnehmen."
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