Das Verletzungsdrama um Domagoj Duvnjak schlägt hohe Wellen. Während in Kroatien eine ganze Nation um ihren EM-Hoffnungsträger bangt, sorgt man sich auch beim THW Kiel.
"Ich hatte genau das befürchtet", sagte Kiels Manager Thorsten Storm dem SID nach der erneuten Verletzung seines Starspielers und sparte nicht mit Kritik: "Warum er bei diesem Spielstand und seiner jüngsten Verletzungshistorie vier Minuten vor dem Ende noch auf dem Feld steht, erschließt sich von außen betrachtet natürlich nicht. Dule stand eindeutig zu lange auf dem Spielfeld." Erst kurz vor der EM war Duvnjak von einer schweren Knieverletzung genesen.
Auch in Kroatien rückte die Freude über den glanzvollen Start in die Heim-EM gegen den serbischen Erzrivalen (32:22) schnell in den Hintergrund.
Kapitän Duvnjak zog sich eine Muskelverletzung in der Wade zu, zudem wurde bei einer MRT-Untersuchung am Samstag ein Hämatom festgestellt. Er fällt damit für den Rest der Vorrunde aus. Im schlimmsten Fall droht sogar das Turnieraus.
Kroatische Medien kritisieren Aufstellung
"Duvnjak ist unser bester Spieler, er ist der Chef des Angriffs und ich möchte nicht glauben, dass wir ihn verloren haben", sagte Kroatiens Abwehrchef Jakov Gojun von den Füchsen Berlin.
Die kroatischen Medien kritisierten wie Storm die riskante Aufstellung von Trainer Lino Cervar. "Ohne Dule fehlt den Kroaten ihr Herzstück", sagte Nationalspieler Patrick Wiencek, der beim THW mit Duvnjak zusammenspielt, dem SID: "Er hat sich so sehr auf diese EM vorbereitet, da ist es umso bitterer für ihn."
Was war passiert? Gastgeber Kroatien führte gegen den serbischen Erzrivalen längst uneinholbar, da sackte Duvnjak plötzlich zusammen. Der Welthandballer von 2013 und unumstrittener Anführer des Teams lag auf dem Hallenboden und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die rechte Wade.
Ausgerechnet Duvnjak. Acht lange Monate war der Rückraumspieler zuletzt ausgefallen und hatte erst im Dezember sein Comeback gefeiert. Nun der erneute Rückschlag.
"Unser ganzes Land wünscht sich den Sieg"
Duvnjak war voller Vorfreude in die EM gestartet. Monatelang hatte er sich in der Reha gequält für seinen großen Traum, für die Mission Gold bei der EM in seiner Heimat Kroatien. "Unser ganzes Land wünscht sich den Sieg, erwartet aber zumindest eine Medaille", hatte er vor dem Turnier gesagt.
Seinen unschätzbaren Wert für ein Team bewies Duvnjak zuletzt beim THW Kiel. Ohne seinen Topspieler rutschte der deutsche Rekordmeister in die Krise. Erst Anfang Dezember, 228 Tage nach dem Eingriff an der Patellasehne am linken Knie, feierte Duvnjak seine Rückkehr auf das Handballfeld. Kiel siegte seither fünfmal in Serie, Duvnjak schien bereit für die EM.
Dabei hatte Klubcoach Alfred Gislason seinem Schützling einen EM-Verzicht nahelegt. "Das Schlaueste wäre für alle Beteiligten, er würde bei der EM gar nicht spielen", hatte Gislason im Vorfeld des Turniers in Sorge um seinen Leader gesagt.
Doch Duvnjak wollte sich seinen Traum vom ersten internationalen Titel unbedingt in der Heimat erfüllen. Dieser Traum hängt nun am seidenen Faden.
Ärgerlich für Kiel: In Marko Vujin hat sich ein weiterer THW-Spieler verletzt. Der Serbe erlitt eine Knieverletzung und fehlt zumindest im Gruppenspiel gegen Schweden am Sonntag.