Am Donnerstag stand das Herz von Edson Arantes do Nascimento für immer still, als Mythos aus einer nostalgischen Fußball-Epoche lebt Pelé "eterno" jedoch ewig weiter. "Alles, was wir sind, sind wir dank dir. Wir lieben dich auf ewig. Ruhe in Frieden", schrieb seine Tochter Kely Nascimento auf Instagram.
Nach Angaben des Albert-Einstein-Krankenhauses starb Pelé, der lange gegen den Krebs gekämpft hatte, an "multiplem Organversagen". Auf Pelés offiziellem Twitter-Account war um 20.18 Uhr deutscher Zeit ein Schwarz-Weiß-Foto der Fußball-Legende zu sehen. "Inspiration und Liebe kennzeichneten die Reise von König Pele, der heute friedlich eingeschlafen ist. Liebe, Liebe und Liebe, für immer", war darunter zu lesen.
Pelé: Geburt und Kindheit
Pelé wird am 23. Oktober 1940 in Três Corações geboren, einer kleinen Stadt nördlich von São Paulo und Rio de Janeiro. Vater Dodinho ist Fußballer, die Eltern benennen den Sprössling nach dem bekannten Erfinder Thomas Edison.
Seinen berühmten Spitznamen bekommt Edson Arantes do Nascimento in der Schule verpasst, weil er seinen Lieblingsspieler Bilé, Torwart von Vasco da Gama, falsch ausspricht.
Pelé wächst in Armut auf, aber sein enormes Talent zeigt sich schnell. Mit 15 nimmt ihn ein Trainer mit zum Probetraining beim FC Santos und proklamiert, Pelé werde "der beste Fußballer auf der Welt". Noch im gleichen Jahr unterschreibt Pelé bei Santos einen Profivertrag.
Pelé: Start in Brasiliens Nationalmannschaft
In der Saison 1957 ist Pelé bei Santos bereits Stammspieler und Topscorer der Liga. Im gleichen Jahr wird er erstmals für die Nationalmannschaft nominiert: Bei einem 1:2 gegen Argentinien am 7. Juli schießt er mit 16 Jahren und neun Monaten sein erstes Länderspieltor - bis heute Rekord.
Nationaltrainer Vicente Feola beruft ihn in den Kader für die WM 1958 in Schweden. Zu unreif sei der Teenager für die WM, sagt ein Psychologe. "Da haben Sie möglicherweise recht", sagt Feola. "Aber Sie haben vom Fußball keine Ahnung und ich habe Pelé schon spielen sehen."
Pelé: Der erste WM-Titel bei der Weltmeisterschaft 1958
Pelé reist verletzt zur WM und verpasst die ersten beiden Spiele. Als er gegen die Sowjetunion endlich spielen darf, wird er der bis dato jüngste Spieler einer WM-Endrunde. Pelé trifft im Viertelfinale gegen Wales, erzielt einen Hattrick im Halbfinale gegen Frankreich und zwei weitere Tore beim 5:2 im Finale gegen Schweden. Der 17 Jahre alte Junge mit der Nummer 10 auf dem Rücken ist plötzlich der beste Spieler des Planeten - da applaudiert sogar König Gustaf VI.
Pelé: Brasiliens Präsident verhindert Wechsel ins Ausland
Natürlich lecken sich die großen Klubs in Europa die Finger nach dem Superstar aus Brasilien. Aber der wird in seiner Karriere nie für einen dortigen Verein spielen: 1958 steht er vor einem Wechsel zu Inter Mailand, aber das führt beinahe zu einem Volksaufstand und der Wechsel platzt.
1961 macht Brasiliens Präsident Jânio Quadros Nägel mit Köpfen: Pelé wird offiziell zu einem "Nationalheiligtum" erklärt, was einen Wechsel ins Ausland unmöglich macht. Erst viele Jahre später wird er doch noch die Schuhe für einen anderen Verein als Santos schnüren.
Pelé: Zweiter WM-Titel mit Brasilien bei der Weltmeisterschaft 1962
Beim Turnier in Chile legt Pelé mit einem Tor und einem Assist beim 2:0 gegen Mexiko gut los, verletzt sich dann aber im Spiel gegen die Tschechoslowakei. Trotzdem gibt es den zweiten Titel in Serie für ihn und die Seleção.
Pelé: Weltweiter Superstar - Titel mit dem FC Santos
Für seinen Klub in der vergleichsweise kleinen Hafenstadt Santos trifft Pelé über die Jahre wie am Fließband, es regnet Titel: Sechs Meisterschaften, darunter fünf in Serie von 1961 bis 1965, dazu gleich zehn Titel in der Regionalmeisterschaft "Campeonato Paulista". 1962 und 1963 gewinnt Santos die Copa Libertadores, also das südamerikanische Äquivalent zur Champions League.
Mit Santos und der Nationalmannschaft tritt er auch gegen Teams aus Europa an, dabei wird er gefeiert wie ein Popstar.
Pelé: Dreimal verheiratet, viele Affären
Pelé heiratet dreimal: 1966 Rosemeri dos Reis Cholbi (drei Kinder), 1994 die Psychologin und Gospelsängerin Assíria Lemos Seixas (zwei Kinder) und im Alter von 75 die 32 Jahre jüngere Marcia Aoki. Dazu kommen mehrere uneheliche Kinder aus außerehelichen Affären.
Pelé: Misserfolg bei der WM 1966
Dass Brasilien bei der Weltmeisterschafts-Endrunde 1966 in England nach nur drei Spielen wieder abreisen muss, liegt auch daran, dass sich die Gegner eine simple Taktik überlegt haben: Sie treten den besten Spieler der Welt zu Klump. Nach zahlreichen Fouls im ersten Spiel gegen Bulgarien verpasst Pelé das folgende Spiel gegen Ungarn. Gegen Portugal bekommt er erneut richtig auf die Knochen und beendet das Spiel humpelnd - Brasilien ist raus.
Anschließend ist er so erbost, dass er verkündet, nie wieder bei einer WM anzutreten.
Pelé: Dritter WM-Titel 1970 - das beste Team der Geschichte?
1969 kehrt Pelé in die Nationalmannschaft zurück und schießt Brasilien zur Endrunde. Unter Trainer Mario Zagallo gewinnt Brasilien alle sechs Spiele bei der Endrunde und bietet begeisternden Fußball. Im Finale ist Italien beim 1:4 chancenlos.
Bis heute gilt die Elf um Pelé, Jairzinho, Carlos Alberto und Rivelino als das vielleicht beste Team bei einer WM aller Zeiten. "Ich habe mir vor dem Spiel gesagt, dass er auch nur aus Haut und Knochen besteht wie jeder andere", sagt Italiens Defensivspieler Tarcisio Burgnich, "aber ich lag falsch." Nach dem dritten WM-Titel darf Brasilien den Jules-Rimet-Pokal behalten. Pelé wird zum besten Spieler des Turniers gewählt.
Pelé: Für ihn stehen sogar Kriege still
Heute wird lang und breit über den GOAT im Fußball diskutiert. Nach Pelés drittem WM-Titel ist allein die Frage absurd: "O Rei" (der König) steht allein. Einmal soll er von einem Journalisten gefragt worden sein, ob er es in Sachen Popularität mit Jesus aufnehmen kann. Pelés Antwort: "Es gibt Teile der Welt, wo Jesus gar nicht so bekannt ist."
1969 einigen sich die beiden Fraktionen in Nigerias Bürgerkrieg auf einen Waffenstillstand von 48 Stunden, damit Pelé in Lagos ein Freundschaftsspiel austragen kann. Pelé ist es, der das geflügelte Wort "O Jogo Bonito" (das schöne Spiel) populär macht.
1971 beendet Pelé seine Nationalmannschaftskarriere. Bilanz mit Brasilien: 67 Siege, 14 Remis und 11 Niederlagen. 1974 ist nach 19 Jahren und 643 Toren Schluss beim FC Santos.
Pelé: Comeback bei Cosmos New York
Es ist die Sensation: 1975 feiert der beste Spieler der Geschichte sein Comeback bei Cosmos New York - und bringt den Fußball in den USA erstmals so wirklich auf die Landkarte. Steve Ross, CEO von Time Warner, macht es möglich. "Pelé war größer als der Papst. Wo immer er auftauchte, war es wie Beatlemania. Muhammad Ali, Robert Redford, Mick Jagger, Elton John... jeder hatte Ehrfurcht vor Pele", beschreibt Ross den Hype.
"Jeder, wirklich jeder, wollte seine Hand schütteln und ein Foto mit ihm", sagt Mick Jagger von Pelés Besuch im Studio 54. "Sagen zu können, man hatte mit Pelé gefeiert, war die größte Auszeichnung."
Stars geben sich die Klinke in die Hand - aber auch auf dem Platz. Pelé lockt weitere internationale Größen wie Franz Beckenbauer oder Carlos Alberto nach New York City und begründet den Trend, zum Ende der Karriere noch einmal in der MLS aufzuschlagen.
Insgesamt drei Jahre spielt Pelé noch im Big Apple, im letzten Jahr gewinnt er noch einmal die Meisterschaft.
Pelé: Abschiedsspiel
1977 ist endgültig Schluss: Pelé bekommt zunächst ein "Sayonara Game" in Tokio vor 65.000 Zuschauern, am 1. Oktober dann seinen Abschied in einer Partie zwischen Cosmos und dem FC Santos. Pelé spielt je eine Hälfe für beide Teams, sein letztes von 1.283 Toren ist ein Freistoß aus fast 30 Metern Entfernung.
Pelé: Schauspieler mit Sylvester Stallone
Auch nach seiner Karriere bleibt Pelé nicht untätig und versucht sich auf der Leinwand. Seine berühmteste Rolle ist zweifellos die im Sylvester-Stallone-Streifen "Victory" von 1981: In einem deutschen Gefangenenlager während des Zweiten Weltkriegs treten die Häftlinge in einem Fußballspiel gegen die Deutschen an.
Neben Pelé treten auch Bobby Moore, Osvaldo Ardiles oder Hallvar Thoresen in dem Film auf. Der größte Auftritt der Fußballer bleibt aber Pelé vorbehalten, der einmal per Fallrückzieher trifft.
Pelé: Politiker, Werbefigur, Botschafter
Über Jahrzehnte ist der stets strahlende und allseits beliebte Pelé fast omnipräsent. Sein Geld verdient er mit Werbung, als Markenbotschafter oder auch mit eigenen Produkten.
Auch als Politiker versucht er sich zwischenzeitlich, wird 1994 zum außerordentlichen Sportminister seines Heimatlandes.
Dem Sport bleibt er immer erhalten, lächelt von Tribünen, unterstützt Bewerbungen für große Sportereignisse oder überreicht stolze Pokale.
Pelé: Gesundheitliche Probleme seit vielen Jahren
Die Karriere hat ihre Spuren hinterlassen. 2012 muss sich Pelé einer Hüft-OP unterziehen, bei der Auslosung der WM-Gruppen für das Turnier 2018 sieht man ihn sogar in einem Rollstuhl.
Im September 2021 wird ihm ein Tumor im Darm entfernt, zeitweilig liegt er auf der Intensivstation. Immer gibt sich die lebende Legende zuversichtlich, schickt Botschaften vom Krankenbett. Im Verlaufe der WM 2022 in Katar und danach werden die Nachrichten immer schlechter: Der Krebs breitet sich aus, dazu kommen "Nieren- und Herzfunktionsstörungen". Die Fußballwelt und ein ganzes Land bangen um Pelé.
Pelé: Vermächtnis und Rekorde
Man kann die Bestmarken und Rekorde von Pelé kaum alle aufzählen. Drei WM-Titel sind bis heute unerreicht. Von der FIFA wird er gemeinsam mit Diego Maradona zum Spieler des Jahrhunderts gekürt. Bestenlisten und Top-Elfen ohne Pelé? Unmöglich.
1.281 Tore schreibt ihm die FIFA offiziell zu, aus 1.363 Spielen, Freundschaftsspiele inklusive. Mit dieser Marke steht er im Guiness Buch der Rekorde.
Pelé: "Er hat den Fußball revolutioniert"
"Pelé hat den Fußball revolutioniert. Pelé beendete einen Krieg. Pelé vereinte Länder, vereinte Familien. Es gab kein Rassenproblem, kein Sprachproblem. Ich wurde 1970 geboren. Im Jahr 2002 wurde ich Weltmeister. Ich war Kapitän. Ich hatte die Ehre, die Weltmeisterschaftstrophäe von keinem Geringeren zu erhalten als? Pelé! Mann! Wenn ich noch mehr sage, muss ich weinen. Das ist wirklich emotional!" (Cafu)