Steuermann Martin Sauer riss sich wutentbrannt die Mütze vom Kopf, Schlagmann Felix Wimberger nahm mit einem gequälten Lächeln die Silbermedaille entgegen: Nach der verpassten Rückkehr auf den Ruder-Thron mischten sich beim Deutschland-Achter Enttäuschung über die eigene Leistung und Wut über vermeintlich unfaire Bedingungen im Finale der Weltmeisterschaften in Amsterdam.
"Diese Niederlage schmerzt mehr als im vergangenen Jahr. Die Verantwortlichen des Weltverbandes FISA haben eine Woche lang gepennt. Das war nicht fair, man hätte die Bahnen umverteilen müssen", schimpfte der Berliner Sauer nach der knappen Niederlage (0,66 Sekunden zurück) auf der Bosbaan gegen die britischen Titelverteidiger.
Bescheidene Ausbeute
Die fest eingeplante Goldmedaille des in dieser Saison zuvor ungeschlagenen Flaggschiffes traf auch die Verantwortlichen des Deutschen Ruderverbandes (DRV) hart. Einmal Gold, einmal Silber, einmal Bronze - die Bilanz der deutschen Flotte in den 14 olympischen Klassen fiel zwei Jahre vor den Spielen in Rio bescheiden aus. "Es lief nicht ganz wunschgemäß. Es ist noch Luft nach oben", sagte Verbandspräsident Siegfried Kaidel, der sich immerhin über die erfolgreiche Titelverteidigung des Frauen-Doppelvierers und Platz drei des Männer-Doppelvierers freuen konnte.
Marcel Hacker ruderte im Einer derweil als Fünfter deutlich an der angepeilten Podestplatzierung vorbei. "Von meinen gesteckten Zielen war ich weit entfernt. Es war nicht mein Tag", räumte der 37 Jahre alte Routinier aus Magdeburg zerknirscht ein.
Ärger beim Achter
Ärger pur herrschte dagegen beim Deutschland-Achter. "Ich muss aufpassen, dass ich nicht durchknalle. Ich bin sehr enttäuscht vom Weltverband. Da gibt es keine Kommunikation zwischen der Fairness-Kommission und den Athleten", klagte London-Olympiasieger Eric Johannesen und fügte mit starrer Miene an: "Die Briten haben sich sogar bei uns entschuldigt." Das DRV-Paradeboot hätte es gerne gesehen, wenn man nach dem Vorlaufsieg im Finale auch die vermeintlich beste Bahn bei den herrschenden Windbedingungen erhalten hätte.
Allerdings fuhr das Europameisterboot auch nicht sein bestes Rennen. "Wir sind nicht gut reingekommen. Es ist enttäuschend, aber das müssen wir jetzt wegstecken", sagte Olympiasieger Andreas Kuffner. Nach dem ersten Viertel lag der Deutschland-Achter zwar noch knapp in Front, doch im Mittelteil zogen die Briten entscheidend davon. Das deutsche Großboot fing mit einem fulminanten Schlussspurt zwar noch Polen ab, doch für den zwölften WM-Titel seit 1962 reichte es nicht mehr.
Gold für Doppelvierer
Am Samstag herrschte noch großer Jubel unter den deutschen Anhängern in der niederländischen Hauptstadt. Annekatrin Thiele, Carina Bär, Julia Lier und Lisa Schmidla verwiesen in Weltbestzeit im Doppelvierer China und die USA auf die Plätze zwei und drei.
"Die Goldmedaille war das Ziel. Das haben sie in beeindruckender Art und Weise erfüllt. Das war besser, als ich dachte", sagte DRV-Cheftrainer Marcus Schwarzrock, während Schlagfrau Schmidla überglücklich anfügte: "Es hat richtig Spaß gemacht, die Angriffe der anderen immer wieder zu kontern. Wir sind richtig gut ins Rennen gekommen und haben die anderen direkt eingeschüchtert.
Bronze für Doppelvierer-Männer
Nach einem schwierigen Jahr jubelte auch der Männer-Doppelvierer über Bronze. "Nach dem Saisonverlauf können wir damit mehr als zufrieden sein", sagte Schlagmann Philipp Wende (Wurzen).
Alles andere als zufrieden war man beim DRV. Im vergangenen Jahr bei der WM in Südkorea war die Medaillenbilanz mit einer Gold-, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen noch deutlich positiver. Zudem standen in Amsterdam in den olympischen Klassen nur 7 von 14 Booten in den Endläufen. "Ich bin nicht zufrieden. Das letzte Quäntchen hat gefehlt", sagte Schwarzrock.