Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz hat die fehlende Lobby des Sports beklagt und sich für ein Sportministerium in der Regierung ausgesprochen. "Sport hat bei allen Parteien keine hohe Priorität, sondern kommt in den Konzepten irgendwo in einem Unterpunkt vor", sagte Lambertz dem SID vor dem Start der Kurzbahn-EM in Kopenhagen (13. bis 17. Dezember).
"Andere Länder in Europa haben eigene Sportminister und eigene Abteilungen, die sich um den Sport kümmern", sagte er weiter. "Von denen sind wir Lichtjahre entfernt."
In Deutschland ist der Sport dem Bundesministerium des Innern zugeordnet. "Ich kann unserem Innenminister doch nicht vorwerfen, dass er sich nicht vorrangig um den Sport kümmert, wenn er Fragen wie die Flüchtlingsaufnahme oder innerdeutsche Terrorgefahr zu lösen hat", sagte Lambertz: "Der DOSB als Vertreter der Sportverbände muss aufstehen und deutlich andere Forderungen stellen. Und wir brauchen Lobbyarbeit. Der Sport hat keine Lobby. Darum müssen wir uns kümmern."
Als Beispiel nannte der Cheftrainer der Schwimmer die mühsamen Verhandlungen zur Aufstockung des Sportetats. "Es tut weh, dass wir im Sport mit vielen guten Konzepten aktuell vergeblich versuchen, unseren Gesamtetat von etwa 160 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro aufzustocken, aber zeitgleich der Kulturetat des Bundes 2017 voraussichtlich um 5,8 Prozent auf 1,35 Milliarden Euro ansteigt", sagte Lambertz: "Das zeigt mir, wie das Standing des Sports in Deutschland ist."
Forderung nach Ministerium für Sport bereits 2013 fehlgeschlagen
Wie optimale Strukturen aussehen, bekamen die deutschen Schwimmer bei ihrem jüngsten Trainingslager in Australien vor Augen geführt. "Viele gehen dort mit einem sechsstelligen Einkommen nach Hause - egal ob Trainer oder Topathlet", erklärt Lambertz: "Ich kann mit einem Trainer und fünf Athleten nicht das schaffen, was woanders vier Trainer mit einem Athleten schaffen. Das ist Utopie."
Die Forderung nach einem Sportminister ist nicht neu. Eine Strategie-Kommission des deutschen Sports hatte bereits 2013 vorgeschlagen, die Zuständigkeit der Spitzensportförderung des Bundes in ein eigenständiges, dem Bundeskanzleramt angebundenes Ministerium zu verlagern. Ein Sachwalter des Sports sollte dann - ähnlich wie der Staatssekretär für Kultur und Medien - mit großem Einfluss auf politischer Bühne finanzielle Forderungen besser durchsetzen können. Die Idee wurde jedoch nicht umgesetzt.