Über sein Leben im Schatten, über seinen besonderen Weg an die Spitze der Squash-Welt - und über Gartenarbeit.
Herr Rösner, vielen Dank für Ihre Zeit. Im Vergleich zu anderen Weltklasse-Sportlern mit ähnlicher Vita sind Sie leicht zu erreichen.
Simon Rösner: (lacht) Sehr gerne. Im Squash freuen wir uns eben noch, wenn jemand über uns berichtet.
Sie sind ja immerhin auch der "German Tree Chopper". Woher rührt Ihr Spitzname?
Rösner: Der Spitzname hat mit meiner Vorhand zu tun. Durch meinen Tennis-Background habe ich schon als Kind einen riesengroßen Schwung entwickelt und ihn auch immer beibehalten. Er ähnelt in gewisser Weise einem Holzfäller. Ich mag den Spitznamen, er ist cool.
Der "German Tree Chopper" ist aktuell die Nummer fünf der Welt. Dennoch findet Ihre Karriere in Deutschland fast unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit statt. Haben Sie sich damit arrangiert?
Rösner: Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden. Aber es war offen gestanden lange sehr frustrierend. Ich dachte immer, dass sich etwas ändern und ich vielleicht einen kleinen Squash-Boom auslösen könnte, wenn ich nicht mehr auf Platz 30 in der Welt stehe, sondern wirklich ganz vorne in der Spitze dabei bin und große Turniere gewinne. Aber das war leider ein Irrglaube. Es hat sich national praktisch gar nichts geändert. Die Lokalzeitungen kennen mich und den Paderborner Squash Club natürlich, aber darüber hinaus gab es nur einen Bericht in der ZDF-Sportreportage anlässlich der Weltmeisterschaft - was toll war, aber eine Ausnahme gewesen ist.
Rösner: "In Ägypten schauen acht oder neun Millionen ein Squash-Match"
Ehrlich gesagt gab es vor diesem Interview auf SPOX nicht einen einzigen Artikel zu Ihnen. Nada.
Rösner: Ich mache da niemandem einen Vorwurf. Wenn ich bei einer Zeitung oder bei einem Sender arbeiten würde, würde ich auch über die Sportarten berichten, welche die meisten Leute interessieren. Und da ist Squash eben nicht dabei. So ist das Business. Dennoch würde ich mir wünschen, dass wir wenigstens mal eine echte Chance bekommen würden, uns zu präsentieren. Es weiß ja niemand, ob sich vielleicht gar nicht so wenige Squash im TV anschauen würden, weil es nie jemand probiert hat. Wir bekommen die Chance gar nicht, um Aufmerksamkeit zu entwickeln. Das ist schade.
Wie groß ist Squash in einem Land wie Ägypten? Gefühlt sind in der Weltrangliste tausende Ägypter um Sie herum.
Rösner: (lacht) Gefühlt sind es Millionen Ägypter um mich herum. Squash ist in Ägypten ein Volkssport. Es ist nicht ganz wie Fußball bei uns, aber es ist sicher die zweit- oder drittgrößte Sportart. Bei Turnieren werden schon ab der zweiten Runde alle Matches live im Fernsehen übertragen. In Ägypten schauen acht oder neun Millionen Menschen ein Squash-Match im TV. So ist es auch kein Wunder, dass dort jeder auf der Straße einen Star wie Ali Farag kennt. Wahrscheinlich würden auch mich mehr Leute in Ägypten erkennen als in Deutschland. Squash ist in Ägypten ein In-Sport, die Kinder wollen ihren Idolen nacheifern. Wenn wir hier vielleicht zehn Jugendliche mit Potenzial haben, gibt es da 2000. Das sind Verhältnisse wie in China beim Tischtennis. Und die Stars können sich gegenseitig pushen, weil sie nur 20 Minuten fahren müssen, um mit der Nummer 2, 3, 4 oder 9 der Welt trainieren zu können.
Rösner über die Niederlage gegen Breakdance und Kohle
Ein Problem ist sicher auch, dass Squash nicht olympisch ist. Aktuell sind die Chancen wohl größer, dass eines Tages eSport olympisch wird. Wie ist die Lage für Squash?
Rösner: Na ja, wir haben gegen Breakdance verloren.
Bitte was?
Rösner: Squash ist gegen Breakdance ausgeschieden. Paris will jetzt für 2024 Breakdance als neue Sportart vorschlagen, entschieden wird das aber final erst Ende 2020.
Das tut weh.
Rösner: Das kann man wohl sagen. Für Tokio hatte ich ohnehin keine Hoffnung, dafür ist Baseball in Japan zu groß, aber für Frankreich hatte ich mir etwas ausgerechnet, weil Squash dort nicht so klein ist. Ich habe keine Ahnung, was wir noch tun sollen. Uns bleibt nichts anderes übrig, als dass wir unsere Sportart so gut wie möglich verkaufen und so interessant wie möglich machen. Vielleicht kommt dann irgendwann das IOC zu uns und sagt: 'Hey, wir wollen euch in die olympische Familie aufnehmen.'
Ich komme nicht über die Breakdance-Geschichte hinweg. Wie viel Geld kann ich im Squash aktuell denn verdienen?
Rösner: Für den Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier wie beispielsweise in New York bekomme ich etwa 26.000 Dollar. Das ist ungefähr die Hälfte, die beim Tennis ein Spieler bekommt, der beim Grand Slam in der ersten Runde verliert. Aber wie gesagt, wir sind eben eine Randsportart. So ist der Markt. Damit müssen wir uns zufrieden geben.
Simon Rösner im Steckbrief
geboren | 5. November 1987 in Würzburg |
Größe | 1,90 m |
Gewicht | 87 kg |
Karrieretitel | 9 (19 Finals) |
Beste Platzierung PSA World Rankings | 3 |
Aktuelle Platzierung PSA World Rankings | 5 |