Team USA hat nach 13 Jahren mal wieder bei einem Großevent ein Spiel verloren. Da es im Viertelfinale gegen Frankreich passierte, hat dies Folgen. Die USA wird den WM-Titel nicht verteidigen. Der Mannschaft ist nur bedingt ein Vorwurf zu machen, vielmehr sind die Verantwortlichen und die abwesenden Stars zur Rechenschaft zu ziehen. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Robert Arndt.
Man hört sie jetzt schon, die Marktschreier und Talk-Show-Hosts in den USA. Ein Ausscheiden im Viertelfinale ist der größten Basketball-Nation der Welt nicht würdig. Man wird Schuldige finden, vielleicht Anführer Kemba Walker oder Coach Gregg Popovich, der am Ende dem heißen Donovan Mitchell den Ball zu selten in die Hand gab. Die eigentlichen Schuldigen waren aber nicht in Dongguan, sie machten Urlaub, drehten Filme oder spielten Golf.
Natürlich waren sich alle vor dem Turnier einig, dass Team USA auch in Abwesenheit zahlreicher Top-Stars ein ernstzunehmender Kandidat auf den Titel war. Das ist durch das Ausscheiden im Viertelfinale weiterhin keine falsche These, nur war die Toleranz für Fehler geringer geworden. Das wurde den US-Amerikanern gegen Frankreich zum Verhängnis.
Es ist keine Schande mit diesem Team gegen diese Franzosen zu verlieren, die in Rudy Gobert den besten Spieler auf dem Feld stellten und sich obendrein in ähnlicher Besetzung seit vielen Jahren kennen. Die USA? Eine Ansammlung von soliden bis überdurchschnittlichen Spielern sowie einigen Stars wie Kemba Walker oder Donovan Mitchell, die seit August überhaupt zum ersten Mal zusammenspielen.
Fehlende Automatismen gnadenlos aufgedeckt
Aus dem Team von 2014 war lediglich Mason Plumlee (ausgerechnet) übriggeblieben, bei Olympia 2016 war Harrison Barnes bereits ein solider Bankwärmer. Kontinuität war bei diesem Team ein Fremdwort, umso überraschender war es eigentlich, wie gut dieses Team zuvor verteidigte und so seine Spiele gewann.
Wie sich herausstellte, reichte dies aber nicht gegen die ganz großen Brocken. Dass die Mannschaft nicht alles gegeben habe, kann dieser Truppe nicht vorgeworfen werden. Sie war schlichtweg limitiert und ohne Automatismen. Dass Myles Turner Gobert derartig unterlegen sein würde, war zwar so nicht zu erwarten, aber es fehlten die Alternativen. Coach Gregg Popovich kann sich eben keinen Center auf die Schnelle schnitzen, erst recht nicht wenn mit Anthony Davis oder sogar Andre Drummond die besten Optionen absagen.
Und hier sind wir auch gleich bei der eigentlichen Problematik: Jene zwölf Spieler, die das Abenteuer China in Angriff nahmen, werden jetzt als das Team in die Geschichte eingehen, das nach 13 Jahren - oder anders ausgedrückt nach sagenhaften 58 Spielen - mal wieder ein Spiel bei einem großen Turnier verloren hat. Sie haben ihre Freizeit geopfert, mit Stolz ihr Land vertreten, all das auf sich genommen, wofür sich zahlreiche Stars zu fein waren.
gettyTeam USA: Absagen-Flut eine Farce
Im August nahm dies bereits abstruse Züge an, als selbst Spieler wie De'Aaron Fox, Marvin Bagley oder Paul Millsap ihre Zusage spät zurückzogen, um sich doch lieber für die kommende NBA-Saison vorzubereiten. Wie soll der hochkarätig besetzte Coaching-Stab um Popovich und die Assistents Steve Kerr (Warriors) oder Lloyd Pierce (Hawks) da eine funktionierende Mannschaft zusammenstellen?
Vielmehr war dieses Team ein Flickenteppich, welcher in der Schlussphase gegen Frankreich Löcher riss. Das war fehlende Eingespieltheit, teilweise mangelnde Qualität und auch teils mangelhaftes Coaching. Mit dem einen oder anderen All-Star mehr wäre dies aber sicherlich überdeckt worden. Dennoch muss USA Basketball eine Entscheidung treffen, was es sein will.
Will man wirklich Spielball der Stars sein und um Zusagen betteln? Wird nicht Patriotismus in den USA so groß geschrieben? Es ist eine Farce und mangelnder Respekt vor dem internationalen Basketball, dass circa 40 Spieler für eine Weltmeisterschaft absagen, wobei nur wenige davon verletzt waren.
Team USA: Mehr Rückgrat wäre wünschenswert
Die Verantwortlichen müssen ihre Forderungen konsequenter durchsetzen. Wer absagt, der kann sich auch Olympia abschminken, so wurde es mit wenigen Ausnahmen auch seit 2004 gehandhabt. Dies ist nämlich der Köder für die Stars, denn bei den Spielen wollen dann wieder alle dabei sein. Der Verband muss jetzt ein Zeichen setzen, konsequent bleiben, die Belastung der Stars hin oder her. Andere europäische Stars schaffen das schließlich auch.
Stattdessen sollte die USA mit den Stützen dieses gescheiterten Teams, die sich geopfert haben und die Chance zur Wiedergutmachung erhalten sollten, zu Olympia reisen und mit Youngstern den Kader auffüllen, die in der Zukunft das Gerüst der Mannschaft bilden. Dieser Weg mag steinig sein (und womöglich im Misserfolg enden), doch es erscheint notwendig, um eine vergleichbare Absagenflut für die kommenden Jahre zu unterbinden.
Aus Respekt vor dem Spiel, aus Respekt vor der eigenen Integrität, aus Respekt vor dem eigenen Verband und aus Respekt vor den Spielern, die trotz schlechter Voraussetzungen das Risiko in Kauf nahmen, zu scheitern.