BBL-Restart - Crailsheim-Boss Martin Romig im Interview: "Wir haben die Brauerei leer getrunken"

HAKRO Merlins Crailsheim wurden 1986 aus einer Schul-AG gegründet, jetzt mischen sie die BBL auf!
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Es folgte der Abstieg in die ProA, der Wiederaufstieg in die BBL, ein unglaublicher Last-Minute-Klassenerhalt in der vergangenen Saison - und in der laufenden Spielzeit stand Crailsheim vor der Coronakrise mit einer 15-6-Bilanz auf Rang drei. Wie ist dieses Märchen möglich?

Romig: Die entscheidenden Wörter sind Kontinuität und Nachhaltigkeit. Wir hatten noch nie viel Geld, aber wir haben es geschafft, die guten Leute und ihr Know-how im Verein zu halten. Wir haben eine ganz große Konstanz auf den entscheidenden Positionen im Verein. Geschäftsleitung, sportlicher Leiter, Trainer. Das ist umso wichtiger, weil wir alle wissen, wie groß die Fluktuation bei den Spielern ist. Dass ein Sebastian Herrera seit drei Jahren bei uns ist, oder dass ein Konrad Wysocki vier Jahre lang da war, das sind außergewöhnliche Fälle. Unsere Amerikaner kommen und gehen. Deshalb brauchst du Menschen, die das Gesicht des Vereins sind. Ingo Enskat kam zum Beispiel mal als Jugendtrainer und ist inzwischen über 14 Jahre bei uns. Als er in seiner Rolle als Trainer mit seinem Latein am Ende war, hat es eben nicht das Ende für ihn bedeutet. Stattdessen ist er jetzt unser sportlicher Leiter. Tuomas Iisalo ist jetzt schon seit 2016 unser Head Coach. Wenn du so eine Nachhaltigkeit im Verein hast, gibst du dir die Chance, dass ein Team über sich hinauswachsen kann und auf einer Welle reitet. Das ist der Schlüssel und unser Überlebensprinzip.

Jetzt steht in München das dreiwöchige "Corona-Turnier" auf dem Programm. Mit welcher Einstellung geht Crailsheim in dieses besondere Event? Mit Quincy Ford ist ein Leistungsträger nicht mehr dabei.

Romig: Mein Motto lautet: aufgeben gilt nicht. Ich appelliere an unsere Mannschaft, mit dieser Einstellung an das Turnier heranzugehen und ich bin mir auch sicher, dass die Jungs das so annehmen werden. Ob die Leistungen dann jenen entsprechen, die wir zuvor in dieser Saison gezeigt haben? Ich weiß es nicht. Aber wir wollen auch hier wieder das Maximale herausholen. Das wollten wir ganz am Anfang unserer Geschichte in der Kreisliga und das wollen wir auch jetzt. Für mich ist die Hauptsache, dass wir überhaupt wieder spielen können. Dass der Basketball eine Plattform hat und auf die Bildfläche zurückkehrt. Nichts wäre schlimmer gewesen, als die Saison einfach abzubrechen und sich seinem Schicksal zu ergeben.

Die HAKRO Merlins Crailsheim wollen beim Turnier in München wieder für Furore sorgen.
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Die HAKRO Merlins Crailsheim wollen beim Turnier in München wieder für Furore sorgen.

Martin Romig: "Wir versuchen, unseren Kopf über Wasser zu halten und nicht zu ertrinken"

Aber es gibt auch Kritiker, die den sportlichen Wettbewerb bei diesem Turnier infrage stellen und die gesundheitlichen Risiken als zu hoch einstufen.

Romig: Aber was wäre die Alternative? Einfach abwarten und nichts zu tun? Ich sehe dieses Turnier auch als Projekt. Das Turnier bietet uns eine einmalige Chance, für alle Hallensportarten Erfahrungen zu sammeln. Wir wissen alle nicht, wie sich die Lage entwickelt. Ob eine zweite Welle kommt. Wir haben keine Ahnung, wie eine neue Saison im Herbst aussehen und was auf uns zukommen könnte. Jetzt haben wir die Möglichkeit, für die Zukunft zu lernen. Und ich sage Ihnen noch was: Wenn ich die Wahl habe, Geld zu verbrennen und nichts zu tun, oder genauso viel Geld zu verbrennen und etwas zu tun - dann tue ich lieber was. Wir versuchen, unseren Kopf über Wasser zu halten und nicht zu ertrinken. Wir versuchen, progressiv zu sein. Deshalb spielen wir dieses Turnier.

Sie müssen sich aber natürlich Gedanken machen, wie es weitergeht. Was passiert mit den Merlins, wenn in der neuen Saison immer noch - zumindest teilweise - ohne Fans gespielt werden müsste?

Romig: Die Coronakrise hat uns alle durchgeschüttelt. Wir mussten in Crailsheim Entscheidungen treffen, zum Beispiel hinsichtlich der Kurzarbeit, die wir nicht treffen wollten. Aber wir mussten sie so treffen. Im Hintergrund wird extrem geackert, um unsere Zukunft zu sichern. Wir müssen in erster Linie schauen, wie es unseren Partnern geht. Nur wenn unsere Partner, die alle Familienunternehmen sind, überleben, haben wir eine Chance, zu überleben.

Was ist mit den Fans?

Romig: Unsere Fans müssen den Weg mitgehen und machen das in überragender Manier. 95 Prozent haben auf eine Rückerstattung der Ticketpreise verzichtet, das ist das beste Ergebnis in der BBL. Es spielt sicher mit rein, dass wir so eine tolle Saison gespielt haben, aber wir haben uns das auch erarbeitet. Wir müssen uns rüsten und absichern, falls auch in der neuen Saison Einschläge kommen. Wenn ein Partner abschmiert, nützt mir eine Unterschrift gar nichts. Wenn er nicht zahlen kann, kann ich auch nicht zahlen. Wir müssen den Zusammenschluss suchen und dürfen uns nicht ins Schneckenhaus zurückziehen. Deshalb haben wir auch nicht wie andere sofort die Verträge aufgelöst und die Amerikaner so in Panik versetzt, dass sie sofort das Land verlassen haben. Das war nicht unser Prinzip.

Sondern?

Romig: Wir haben erstmal die Füße stillgehalten und die Situation beobachtet. Die Lage hat sich ja wochenlang teilweise stündlich verändert. Jetzt kommen wir langsam in eine Phase, in der das Fahrwasser wieder etwas ruhiger wird und wir am Horizont einen Silberstreifen erkennen. Trotzdem wissen wir, dass der Sturm jeder Zeit wieder aufziehen kann. Für uns ist es wichtig, unsere Mitarbeiter zusammenzuhalten. Sie sind unsere große Stärke. Wenn die Wirtschaft wieder hochfährt, benötige ich ihr Know-how. Wenn ich sie alle hochkant rausschmeiße, kriege ich so schnell nie wieder diese Qualität in mein Unternehmen. Frühere Krisen haben uns das doch gelehrt. Auch hier ist Nachhaltigkeit so unglaublich wichtig.

BBL-Finalturnier: Der erste Spieltag der Gruppenphase

DatumUhrzeitGruppeTeam 1Team 2
6.6.202016.30 UhrAGöttingenCrailsheim
6.6.202020.30 UhrABayern MünchenUlm
7.6.202015.00 UhrBFrankfurtBerlin
7.6.202019.00 UhrBVechtaLudwigsburg

 

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