SPOX: Ein Schlüsselduell gibt es auf der Eins. Glauben Sie, dass Schröder auch gegen Rubio das Spiel an sich reißen kann? Nicht von ungefähr besitzt er den Ruf als einer der besten Verteidiger auf Point Guard in Europa.
Roller: Rubio ist natürlich ein starker Verteidiger mit langen Armen und gut im Eins-gegen-Eins, der schwer zu schlagen ist. Aber Schröder kann auch einen Rubio umkurven und wieder seine 15, 20, vielleicht 25 Punkte machen. Er wird da schon seine Lücken finden. Allerdings trifft er nun unter dem Korb auf diese drei klassischen Fünfer, die alle sehr erfahren sind und auch mal einen Wurf blocken können. Deswegen wird es wichtig sein, dass er draußen Anspielstationen hat. Das bedeutet für die Außenspieler, dass sie sich abseits des Balles gut bewegen müssen.
SPOX: Das Point-Guard-Duell könnte also ein deutscher Pluspunkt sein. Welche Schwächen haben Sie ansonsten im spanischen Spiel verortet?
Roller: Individuell gibt es da wenig zu beanstanden. Diese Mannschaft ist Siege gewohnt. Vielleicht könnte man da ansetzen. Der spanische Motor muss ein wenig ins Stocken geraten, positiv destruktiv muss die Marschrichtung sein. Die Spanier müssen Aufgaben bekommen, sei es durch einen Tempowechsel oder eine Ganzfeldpresse nach einem Freiwurf. Sie dürfen nicht ihren Rhythmus finden. Vielleicht hauen sie ja auch die ersten drei Dreier daneben und das deutsche Team kann ein wenig absinken oder kann es sich leisten, auch mal zu doppeln. Die Spanier dürfen nicht die Gewissheit bekommen, dass sie die Deutschen aus der Halle kegeln werden. Wenn das klappt, kann das ein Spiel werden. Vor allem in engen Partien hat es das DBB-Team bislang ganz gut gemacht, obwohl sie in dieser Konstellation noch kaum Erfahrungen gesammelt haben.
SPOX: Glauben Sie, dass die Spanier die Deutschen eventuell unterschätzen könnten? In Teilen des Spiels gegen die Türkei ließen sie es ein wenig schleifen.
Roller: Ja, definitiv. Vor dem Spiel heißt es bei den Spaniern bestimmt 'Schröder, Schröder, Schröder.' Den werden sie beackern wollen, dass er gar nicht erst den Ball bekommt. Da muss es dann Überraschungen geben, worauf die Spanier nicht gefasst sind. Klar, kennen sie jeden Spieler, Benzing und Voigtmann spielen schließlich in der ACB, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass auf die Rollenspieler der Fokus gelegt wird. Das deutsche Team ist als Mannschaft stark. Lass' Staiger mal fünf, sechs Dreier reinmachen, das kann er, und dann ist es im dritten Viertel vielleicht doch ein enges Spiel. Dann spielt es auch keine Rolle mehr, ob die eine Bank tiefer besetzt ist als die andere.
SPOX: Wen sehen Sie denn neben Staiger als möglichen X-Faktor für das deutsche Team an?
Roller: Es muss jemand sein, der von der Dreierlinie einen guten Tag erwischt. Da haben wir aber noch ein paar andere. Benzing hat noch nicht das überragende Turnier gespielt, vielleicht hat er gegen Spanien seinen Durchbruch. Auch Hartenstein ist so ein Kandidat, den die Spanier nicht auf der Rechnung haben werden, der aber in der Lage ist, 10, 12 Punkte in zehn Minuten zu machen. Maodo Lo hat noch mehr Potenzial und könnte sein Breakout-Spiel haben. Das sind Kandidaten, die schon ihre Momente hatten, bei denen ich aber noch einiges an Luft nach oben sehe.
SPOX: Zum Schluss lassen wir Sie natürlich nicht ohne Prognose gehen. Glauben Sie daran, dass es fünf Minuten vor dem Ende noch ein enges Spiel sein kann?
Roller: Es kann durchaus sein, aber die Herausforderung ist natürlich riesengroß. Ich möchte hier auch gar keinen Abgesang feiern; das Viertelfinale ist ein großer Erfolg, auch wenn wir auf die letzten Jahre blicken, ohne es davon abhängig zu machen. Allein das Auftreten der Mannschaft in der Vorrunde hat mich enorm begeistert. Deswegen ist dieses Spiel ein Bonus und eine sehr hohe Hürde. Es sieht nicht besonders gut aus, aber ich denke, dass eine kleine Chance da ist, um für eine Sensation zu sorgen.