Außerdem spricht er über seine Schmerzen in der Schlussphase des Rennens sowie seine Vorbereitung, die eigentlich alles andere als optimal gelaufen war.
Herr Ringer, Sie haben gerade eben Ihre Goldmedaille den Fans im Olympiapark präsentiert. Hätten Sie vor dem EM an diesen Triumph geglaubt?
Richard Ringer: Das war immer der Traum. 2018 ging ich als Favorit über die 10.000 Meter mit der blauen Startnummer des Weltjahresschnellsten an den Start, musste damals aber leider enttäuschend aussteigen. Jetzt wollte ich es noch einmal wissen, aber das kann man natürlich nicht planen. Der Marathon ist einfach unglaublich lang. Es gab mit Maru Teferi und Amanal Petros sicher andere Favoriten, aber ich dachte mir, dass sie auch einen schlechten Tag haben können. Es war am Ende vielleicht auch leichter, von hinten zu kommen und nicht den Druck zu haben. Wir haben aber schon immer gesagt, dass eine Medaille das Ziel ist.
Auf der Zielgeraden waren Sie noch hinter Teferi, mit einem sensationellen Schlussspurt haben Sie ihn aber noch überholt. Wie ist Ihnen das gelungen?
Richard Ringer: Da kam irgendwie alles zusammen. Dass man den Schlussspurt noch so ziehen und so sprinten kann, ist schon abnormal. Das Publikum "hyped" dich dann nochmal, mein Körper hat sich da irgendwie Energie rausgezogen. Ich konnte den Schritt nochmal umstellen, aber das kann man nicht planen. Ich bin irgendwie über den Schmerz gekommen und bin selbst noch überrascht, wie es dazu gekommen ist. Wenn man die Bilder sieht, dann weiß man, das war ein spezieller Moment.
Richard Ringer: "Lag danach völlig erschöpft auf dem Boden"
Sie haben die Schmerzen angesprochen: Sie laborieren an einer Sehnenentzündung am Fuß.
Richard Ringer: Das stimmt. Aber das hat mir überhaupt keine Probleme gemacht. Am Ende war es eher das, was jeder Marathonläufer kennt. Krämpfe, ein Oberschenkel macht dicht, die Hüfte macht zu. Das Bein hatte ich echt im Griff. Da habe ich den Kopf nochmal aus der Schlinge gezogen, weil ich fünf Wochen vor dem Start noch sieben Tage Laufpause hatte.
Wie haben Sie sich stattdessen vorbereitet?
Richard Ringer: Dann gehst du halt Fahrrad fahren, auf den Crosstrainer, zum Schwimmen oder Aquajoggen. Im Marathon zählt nur die Ausdauer. Ich habe das ganze Jahr trainiert, da kannst du auch mal so einen Ausfall kompensieren. An dieser Stelle ein ganz besonderer Dank an meinen Coach, der in Sachen Alternativtraining durch seine Tätigkeit als Sportdirektor im Triathlon in Belgien sehr erfahren ist. Er ist ganz ruhig geblieben und hat für mich sehr hartes Training aufgeschrieben.
Erzählen Sie.
Richard Ringer: Ich war im Vergleich dazu, wenn ich nur laufen gehe, doppelt so viele Stunden unterwegs. Für die Triathleten war das noch locker. Wenn ich aber zwei Stunden auf dem Spinning Bike sitze und diese Wattzahlen und Intervalle treten muss, ist das sehr hart. Ich habe geschwitzt, ich habe da bestimmt einen Liter verloren und lag danach völlig erschöpft auf dem Boden. Genauso ging es mir bei den Crosstrainer-Einheiten, beim Aquajoggen oder bei den stundenlangen Ausdauereinheiten mit dem Rennrad draußen. Drei Stunden Laufen gehst du nämlich in der Vorbereitung darauf nicht. Insgesamt war es für den Kopf aber gut, sich mit der Marathonzeit zu beschäftigen, noch länger unterwegs zu sein und es zu schaffen, über diesen Punkt zu kommen.