Noah Lyles ging in die Knie und haute vor Freude mit einem lauten Knall auf die Bahn, dann schnappte sich der neue schnellste Mann der Welt die Flagge mit den "Stars and Stripes" und ließ sich ausführlich feiern. Es war knapp, Lyles musste kurz zittern - aber am Ende holte der US-Amerikaner Gold im 100-Meter-Showdown von Budapest.
"Sie haben gesagt, es sei nicht machbar. Sie haben gesagt, ich sei nicht der Richtige", sagte Lyles: "Aber ich danke Gott, dass ich es bin."
Lyles war in 9,83 Sekunden nicht zu halten und krönte sich zum Nachfolger seines Landsmanns Fred Kerley, der Titelverteidiger war völlig überraschend bereits im Halbfinale ausgeschieden. Silber holte in einer Tausendstel-Entscheidung Letsile Tebogo aus Botswana (9,88), Bronze sicherte sich der Brite Zharnel Hughes (9,88). Es war der vierte WM-Sieg in Serie für die USA über den Sprint-Klassiker nach der Ära von Usain Bolt.
Lyles hüpfte schon vor dem Start wild umher, entschlossen und siegesgewiss. Auf Bahn sechs kauerte sich der Trainingspartner von Deutschlands Europameisterin Gina Lückenkemper vor den Augen des ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban in den Startblock - und erwischte einen für seine Verhältnisse starken Start. Dennoch wurde es am Ende knapp, doch Lyles brachte den Sieg mit all seinem Willen ins Ziel. Lückenkemper jubelte ihm via Instagram zu.
Damit hat der 26-Jährige Teil eins seiner WM-Mission erfüllt, an der Donau peilt Lyles das Double an - über die 200 m geht er als Titelverteidiger ins Rennen.
Lyles ist ein Showman, das zeigte er auch in Budapest. Er gilt als Sonnyboy und läuft mit seinem ansteckenden Dauergrinsen durch die Welt. Aber er scheut sich auch nicht, über seine Schwächen und Dämonen zu sprechen. "Ich hatte die Lernstörungen ADS und Legasthenie", sagte Lyles einmal, in der High School sei er häufig "isoliert" gewesen und habe "viel geweint". Peacock zeigt in den USA derzeit eine Dokumentation über sein Leben.
Die Eltern ließen sich scheiden, da war Lyles 13 Jahre alt. Auch "Phasen der Depression" habe er "durchgemacht", die Leichtathletik war sein "Ausgang" aus dieser dunklen Zeit. Nun ist der schnellste Mann der Welt. Nicht nur viele Amerikaner lieben solche Geschichten. Und Lyles hatte schon angekündigt, dass er es schaffen kann. "Das Finale wird in der Zeit gewonnen, in der ich laufe", rief er nach den Vorläufen.
Kerley hatte im Halbfinale einen ganz starken Start erwischt - und konnte sich nicht mehr ins Finale retten. Auch Olympiasieger Marcell Jacobs (Italien) hatte es nicht in den Endlauf geschafft. "Das ist der Sinn des Rennens: Die besten Männer zu finden", sagte Kerley. Der Beste an diesem spektakulären Abend in Budapest war diesmal Lyles.