Im CCD in Düsseldorf erklärte Jörg Jaksche: "Es gab zu meiner Zeit kein Team, in dem nicht gedopt wurde. Es ging immer nur um skandalfreien Sport, nicht um dopingfreien Sport." Bei den Teams, für die er gefahren ist (u.a. Team Telekom, ONCE, CSC), sei alles organisiert worden.
"Wir hatten einen Medikationsplan, nach dem gearbeitet wurde. Höchstleistung war zu der Zeit im Radsport ohne Doping nicht möglich." Von Jahr zu Jahr sei aber die Schlinge aufgrund der verschärften Kontrollen immer enger geworden.
Jaksche erläuterte auf dem SpoBIS: "Wer als Sponsor in den Sport investiert, will auch einen Return haben - zum Beispiel in Form von Fernsehminuten. Das ging aber nur, indem die Sportler Höchstleistungen zeigten. "Es sei für die Sponsoren wichtig gewesen, erfolgreich zu sein. "Wie, war egal", so Jaksche: "Sponsoren sind nicht die Heilsarmee."
Blutbeutel im Kühlschrank
Jaksche hatte "die Blutbeutel bei Fuentes im Kühlschrank. Benannt nach meinem mittlerweile verstorbenen Hund Bella."Das Team habe dafür bezahlt, dass man zu Fuentes gegangen sei. "Damals wurde in dem Sport alles so positiv dargestellt. Der Teamarzt hat Doping organisiert und verniedlicht. Das schlechte Gewissen wurde einem abgenommen." Sobald ein Dopingfall aber publik geworden sei, "gingen die Sponsoren auf totale Distanz zum Sportler. Wir wurden dann fallen gelassen."
Unternehmen, die sich heute überlegen, ob sie sich im Radsport als Sponsor engagieren möchten, rät Jaksche: "Man muss sich genau überlegen, mit wem man zusammenarbeitet." Die Auswahl der Teammanager, mit denen Jaksche selbst kooperieren würde, sei "sehr gering und auf maximal zwei, drei Leute beschränkt".
Im Moment habe er keine Gedanken, in den Radsport zurückzukehren. "Da müsste sich noch viel ändern". Er wäre auch nicht die richtige Person als Teammanager, "da ich ja selbst Fehler gemacht habe". Auf die Frage, ob ein dopingfreier Sport möglich sei, antwortet Jaksche skeptisch: "Die Forschung muss weiter vorangetrieben werden; man muss viel Geld investieren. Man sieht mit der Zeit, ob sich das in die richtige Richtung entwickelt. Positiv ist hier ja immer das falsche Wort..."
Holczer kritisiert Ausstieg von ARD und ZDF
Einen schonungslosen Umgang mit dem Thema Doping im Radsport hat Hans-Michael Holczer auf dem SpoBiS gefordert. Allerdings werde das Problem auch durch härteste Sanktionen nicht gänzlich in den Griff zu bekommen sein.
"Doping kann man nicht wegkontrollieren", sagte Holczer, ehemaliger Teamchef des Team Gerolsteiner und des russischen Rennstalls Katusha, in seinem Vortrag im CCD in Düsseldorf. Früher sei er der Meinung gewesen, dass der Missbrauch leistungsfördernder Mittel nicht möglich sei, wenn man die Athleten Tag und Nacht kontrolliere. Dies habe sich als Fehleinschätzung erwiesen.
Der ehemalige Radsport-Manager, der heute noch beratend tätig ist, äußerte sein Bedauern darüber, dass auch Sportler aus seinen Mannschaften positiv getestet worden seien. "Ich bin bei Gerolsteiner mit dem Anspruch angetreten, ein Team zu führen, in dem Doping eine untergeordnete Rolle spielt", erklärte er, "das ist mir leider nicht gelungen."
Allerdings wies er darauf hin, dass es aus dem Radsport selbst immer wieder Initiativen gegeben habe, um das Problem einzudämmen. So sei 2005 der "Code de Conduite" eingeführt worden, der es erstmals ermöglicht hätte, positiv auf Doping getestete Fahrer aus einer laufenden Tour herauszunehmen.
Keinen Fahrer mit Doping-Vergangenheit eingestellt
Er selbst sei 2009 Mitbegründer der Arbeitsgruppe "Mouvement pour un Cyclisme Credible (MPCC)" gewesen. "Ich habe keinen einzigen Fahrer eingestellt, der zuvor schon wegen Dopings gesperrt war", berichtete Holczer aus seiner Zeit als Teamchef.
Kritik übte der Referent auch an der Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Deutschland, 2007 aufgrund der Doping-Problematik aus der laufenden Übertragung der Tour de France auszusteigen. Diese Maßnahme hätte "den Radsport in Deutschland seine Existenz gekostet", befand Holczer.
ARD und ZDF hätten die Rolle eines Sportgerichts eingenommen. "Wenn auch mit anderen Sportarten derart konsequent umgegangen würde, müsste wohl bald ein Testbild ausgestrahlt werden."
Diese Ausführungen kamen nicht bei allen Zuhörern gut an. Michael Amsinck, Geschäftsführer SportA, der gemeinsamen Sportrechteagentur von ARD und ZDF, merkte an, dass die Krise des Radsports in Deutschland durchaus selbst verschuldet sei und nicht den Medien angelastet werden könne."Irgendwann gibt es auch mal die Rote Karte", sagte Amsick. Holczer stellte daraufhin klar, dass er das Thema keineswegs verharmlosen wolle: "Ich möchte damit nicht sagen, dass der Radsport ein unschuldiges Opfer ist."