Knutschend glitten Britta Steffen und Paul Biedermann durch das Wasser. Die Zeit der Zärtlichkeit hatte sich Deutschlands Schwimm-Traumpaar verdient. Erst war Steffen beim Jubiläums-Gold über 50 Meter Freistil zum zehnten internationalen Titel auf der Langbahn gestürmt, dann hatte die Doppel-Olympiasiegerin die Lagenstaffel als "Ersatzschwimmerin" zum Sieg geführt.
Am Ende der Schwimm-EM in Debrecen standen drei Mal Gold und einmal Silber auf dem Konto von Steffen. Damit hatte sie Biedermann, der sich am Samstag mit der Freistilstaffel seinen dritten EM-Titel gesichert hatte, im "internen Medaillenspiegel" noch übertrumpft.
Doch das war natürlich nicht der ausschlaggebende Grund für Steffens gute Laune. Es waren vor allem ihre guten Zeiten, die die 28 Jahre alte Berlinerin zwei Monate vor den Olympischen Spielen in London zuversichtlich stimmen.
"Das ist voll schön", sagte Steffen, sprach von einem "super Schwimmgefühl" und "einem positiven Fingerzeig". Nach ihrem WM-Waterloo von Shanghai im Vorjahr sieht Steffen "wieder eine Berechtigung, in der Weltspitze zu sein".
Kurzfristiger Staffelwechsel
Ihre 24,37 Sekunden über 50 Meter Freistil war die viertbeste Zeit des Jahres. Schneller war Steffen zuletzt nur bei ihrem Weltrekord bei der WM 2009 in Rom - damals noch im High-Tech-Anzug. Ihre 52,74 Sekunden über 100 Meter Freistil in der Staffel mit Jenny Mensing, Sarah Poewe, Alexandra Wenk bedeuteten persönliche "Textilbestzeit". Dabei war Steffen für die Staffel eigentlich gar nicht mehr vorgesehen gewesen, musste aber kurzfristig die erkrankte Daniela Schreiber vertreten.
Vor allem die beiden Auftritte am Sonntag schüren die Hoffnung, dass Steffen bei Olympia in London noch einmal ein Doppel-Coup wie vor vier Jahren in Peking gelingen kann. Sie selbst mag davon nicht sprechen. Die Finalteilnahme hat sie als Ziel ausgegeben, eine Medaille der "Hammer", sagte Steffen.
Diese Aussagen sind aber auch ein bisschen Understatement, um den Druck nicht noch größer werden zu lassen. In Debrecen hatte Steffen nach dem Gold zum Auftakt mit der Freistilstaffel verkündet, dass sie keine Chance auf eine EM-Einzelmedaille haben werde - und sich am Sonntag selbst eindrucksvoll widerlegt.
Buck: "Psychologischen Test bestanden"
Ein Sonderlob bekamen Steffen und Biedermann von der sportlichen Führung des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV). "Die arrivierten Kräfte haben gezeigt, dass wir auf sie vertrauen können. Sie haben dem Druck standgehalten und den psychologischen Test bestanden", sagte Diagnostiktrainer Markus Buck, der seit der Trennung des Verbandes von Dirk Lange gemeinsam mit Sportdirektor Lutz Buschkow kommissarisch die Aufgaben des Bundestrainers ausübt.
Am letzten EM-Wochenende hatte das gesamte DSV-Team das Medaillenkonto noch einmal beträchtlich aufgestockt. Die 4x200-Meter Freistilstaffel mit Biedermann, Dimitri Colupaev, Clemens Rapp und Tim Wallburger gewann das erste EM-Gold in dieser Disziplin seit 1999.
Das Lagen-Quartett mit Helge Meeuw, Christian vom Lehn, Steffen Deibler und Marco Di Carli schwamm ebenso zu Silber wie Silke Lippok, die über 200 Meter Freistil wie bei ihrem Debüt vor zwei Jahren nur Italiens Schwimm-Diva Federica Pellegrini vor sich dulden musste. Und Caroline Ruhnau holte über 50 Meter Brust Bronze.
Beste DSV-Ausbeute seit zehn Jahren
Mit acht Mal Gold, sechs Mal Silber und drei Mal Bronze belegte der DSV im Medaillenspiegel Platz zwei hinter Gastgeber Ungarn und verbuchte die beste Ausbeute bei einer EM seit 2002 in Berlin.
"Wir wissen aber, dass die Konkurrenz hier zum Teil nicht mit ihrer ersten Garde am Start war", sagte Buck und fügte hinzu: "Bis London müssen wir uns noch verbessern und alle fleißig arbeiten." Die Zielvorgabe für Olympia lautet sechs Medaillen. Die Hoffnungen ruhen vor allem auf Steffen und Biedermann. Dies gilt umso mehr nach dieser EM.