Nach dem Rennen ihres Lebens brachte Angelina Köhler nur ein paar Worte heraus, dann schossen ihr die Tränen in die Augen. "So crazy", rief die neue Schwimmweltmeisterin nach ihrem Gold-Coup am Beckenrand ins Mikrofon, "meine Eltern sind hier." Dann versagte ihre Stimme, die 23-Jährige musste sich auf beiden Knien abstützen.
Schon als sie nach 56,28 Sekunden als Erste im WM-Finale über 100 m Schmetterling im Aspire Dome von Doha angeschlagen hatte, konnte die Berlinerin die Tränen nicht zurückhalten. Ungläubig hatte sie den Kopf geschüttelt, fassungslos die Hand vor den Mund gehalten, erst danach jubelnd die Faust hochgerissen.
"Ich kann gar nicht verarbeiten, was gerade passiert ist. Ich zittere am ganzen Körper. Davon träume ich, seit ich ein Kind war", sagte die erste deutsche Becken-Weltmeisterin seit 15 Jahren, die damit auch ihr Ticket für die Olympischen Spiele in Paris löste. Zuletzt hatte Britta Steffen mit ihrem Doppeltriumph 2009 in Rom WM-Gold gewonnen.
Köhlers Sieg, so emotional er war, kam am Montag nicht mehr überraschend: Denn mit zwei deutschen Rekorden im Vorlauf und im Halbfinale hatte sie sich in die Favoritenrolle geschwommen - und ließ im Endlauf der Amerikanerin Claire Curzan vor der Schwedin Louise Hansson keine Chance.
Taylor Swift vor dem WM-Sieg
Eingestimmt hatte Köhler sich mit Taylor Swift. Mit Kopfhörer saß sie vor dem Start im Call Room, sang lauthals bei "Cruel Summer" mit und imitierte ihren geliebten Popstar. "Das ist mein Lieblingssong", berichtete sie, "dazu gehe ich immer richtig ab. Das nimmt die Aufregung und gibt mir die Power bis zum Schluss."
Nicht ganz so glücklich schien dagegen Isabel Gose, die am Abend zuvor noch über Bronze gejubelt hatte. Das Rennen über die 400 m habe sie jedoch "ganz schön in den Knochen gemerkt", erklärte die Magdeburgerin, nachdem sie als Vorlauf-Zweite in 16:10,60 Minuten ins Finale über 1500 m Freistil am Dienstag (17.10 Uhr MEZ) eingezogen war.
"Es war solide, aber ein bisschen zu anstrengend für die Zeit", gab Gose zu: "Jetzt erst mal einen Tag regenerieren und dann neu angreifen." Zeit, ihre erste WM-Medaille zu feiern, blieb der Europameisterin bislang nicht: "Heute morgen habe ich mit meiner Mama im Bus telefoniert, für die ganzen Nachrichten muss ich mir mal richtig Zeit nehmen."
Deutlich das Podium verfehlte im ersten Rennen des Abends Lucas Matzerath. Der 23 Jahre alte Frankfurter kam im Finale über 100 m Brust in 59,37 Sekunden auf Rang sieben und verpasste damit auch vorerst das Paris-Ticket.