Ein greller Blitz zuckte durch den nahezu ausverkauften Sportpaleis, Trockeneisnebel waberte: Rekord-Weltmeisterin Simone Biles hat bei den Kunstturn-Weltmeisterschaften in Antwerpen ein glanzvolles internationales Comeback hingelegt. Zehn Jahre nach ihrem ersten WM-Titel im Mehrkampf an gleicher Stelle ging mit dem Auftritt der 26 Jahre alten Ausnahmeathletin eine schwierige Lebensphase zu Ende.
Von ihren mentalen Problemen, die vor zwei Jahren bei den Olympischen Spielen in Tokio zu einem Teilrückzug führten, war äußerlich nichts mehr zu erkennen. In einen türkisfarbenen Dress mit der Startnummer 604 gehüllt, musste die US-Amerikanerin zum Auftakt der Qualifikationsrunde am Stufenbarren, nicht ihr Lieblingsgerät, ein wenig kämpfen, wurde aber zu Recht mit 14,400 Punkten belohnt.
Unaufgeregt und mit beeindruckender Sicherheit schwebte Biles förmlich über den Schwebebalken (14,566), am Boden ließ der nur 1,42 m große Superstar auch dank seiner nach wie vor exorbitanten Sprunghöhe 14,633 Zähler folgen. 15,266 Punkte beim Sprung schlossen den Auftritt der ungemein konzentriert wirkenden Gerätartistin ab. Erst beim Verlassen der Arena winkte sie erstmals - eher schüchtern - ins Publikum.
Zunächst blieb offen, ob sich Biles zu ihrem Auftritt gegenüber den Medien äußern würde. Der US-Verband hatte im Vorfeld angekündigt, die 19-malige Weltmeisterin werde erst nach dem Teamfinale der Frauen am Mittwoch (19.30 Uhr) wieder in der Öffentlichkeit sprechen.
Für Biles sind die Welttitelkämpfe in Belgien der wohl wichtigste Schritt auf dem Weg zu Olympia 2024 - auch weil ihre letzte WM-Teilnahme bereits vier Jahre zurückliegt. 2019 verzauberte die dreimalige Weltsportlerin des Jahres das deutsche Turnpublikum in der Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle.
Bei den deutschen Kunstturnerinnen entspannte sich derweil die personelle Situation ein wenig. Trotz einer beim Podiumstraining erlittenen Knieblessur kann die Chemnitzerin Lea Quaas die deutsche Riege unterstützen. Die 18-Jährige soll im Qualifikations-Wettkampf am Montag (17.45 Uhr) am Schwebebalken und am Boden starten, wie der Deutsche Turner-Bund (DTB) am Sonntag mitteilte.
Auch ohne die langzeitverletzten Elisabeth Seitz und Emma Malewski bleibt es das Ziel des deutschen Teams, sich als Mannschaft für Olympia 2024 in Paris zu qualifizieren. Dafür ist bei den Welttitelkämpfen mindestens der zwölfte Platz erforderlich. Die deutsche Rekordmeisterin Seitz (Stuttgart) fehlt wegen eines Kreuzbandrisses im Knie, die Chemnitzerin Malewski musste am Fuß operiert werden.