In die Geschichtsbücher eingehen wird der Kampf nicht nur wegen seiner Qualität, sondern auch deswegen, weil er als erster Nicht-Titelkampf über die volle Distanz von fünf Runden ging und die vierte und fünfte Runde den Kampf komplett drehten.
In den ersten drei Runden dominierte Henderson seinen Gegner nach Belieben. Er hatte schon in der Eröffnungsrunde die Gelegenheit, Shogun auszuschalten, doch der zeigte schier unglaubliche Nehmerfähigkeiten.
Diese unterstrich er dann in der dritten Runde, als Henderson ihn mit einer harten Rechten zu Boden schickte und dort eine Barrage an Schlägen zum Kopf folgen ließ, die die Mehrheit der Kämpfer nicht überstanden hätte.
Doch Shogun blieb schwer gezeichnet im Kampf, und während Henderson sich in dieser Situation komplett verausgabt hatte, um den Sack zuzumachen, gelang es dem Brasilianer zum Ende der Runde hin, seinen zweiten Lauf zu bekommen.
Ausgezeichneter Ringrichter
Rua dominierte den sichtlich erschöpften 41-Jährigen über die letzten zehn Minuten hinweg mit einer Deutlichkeit, die kaum zu überbieten war. Der Fight war in der fünften Runde mehrfach kurz vor dem Abbruch, als Rua in der Full Mount auf Henderson saß und ihn mit Ground and Pound eindeckte.
Doch Ringrichter Josh Rosenthal zeigte eine ausgezeichnete Leistung und erkannte, dass Henderson sich immer noch intelligent verteidigte und bei aller Erschöpfung stets darauf bedacht war, seine eigene Position zu verbessern. Die Spannung stieg ins Unermessliche, als Rua eine Minute vor Schluss auf Henderson sitzend Tatsachen schaffen wollte.
Den Fans war klar, dass Henderson, so er sich über die Zeit retten könnte, das Octagon nach Punkten als Sieger verlassen würde. Im schlimmsten Falle - nämlich dann, wenn die Punktrichter die letzte Runde mit 10-8 Punkten an Rua geben würden, - käme es zu einem Unentschieden.
Rua gab alles, um den Kampf doch noch vorzeitig zu beenden, doch Henderson spielte seine Erfahrung aus und kanalisierte den letzten Rest verbleibender Energie, um Rua am Boden zu fesseln. Den finalen Rundengong quittierten die Zuschauer im HP Pavillion in San Jose mit frenetischem Jubel - ihnen war klar, dass sie gerade Zeuge eines der besten Kämpfe der UFC-Geschichte wurden.
Cung Le mit imposantem Debüt
Doch bei allem überschwänglichen Lob sollte man die Kirche im Dorf lassen. Beide Kämpfer haben durch die Art und Weise, wie sie sich durchgebissen hatten, an Ruhm gewonnen. Weltmeister Jon Jones hätte sie jedoch in dieser Form vermutlich zum Frühstück verspeist.
Die Chancen stehen gegenwärtig gut, dass Henderson und Rua im Frühjahr 2012 noch einmal über fünf Runden aufeinander treffen werden, während dann Rashad Evans um die Weltmeisterschaft kämpft. Strikeforce-Legende Cung Le zeigte gegen Wanderlei Silva im zweiten Hauptkampf ein ebenso imposantes UFC-Debüt.
Es war von vornherein klar, wie die Strategie der beiden aussehen müsste: Le würde versuchen, aus der Distanz mit seinen wilden Kicks zu treffen und Silva nicht an sich herankommen zu lassen, während der Brasilianer den Infight suchen würde und versuchen würde, Le mit schnellen Wirkungstreffern zu überwältigen.
Tatsächlich lief der Kampf über weite Strecken genau so, wie es zu erwarten war. Le nutzte gerade in der ersten Runde spektakuläre Kicks, um den früheren PRIDE Weltmeister Silva zu desorientieren und Aktionen wie Spinning Backfists und Spinning Back Elbows, um ihm dann aus der Nähe zuzusetzen.
Wichtiger Sieg für Silva
Doch Silva ließ sich nicht lumpen und drängte Le seinerseits mehrfach nach aggressiven Schlagsalven in die Defensive. Zum Ende der ersten Runde wurden beide deutlich langsamer, ein Tribut an ihre langen Karrieren und die schnelle und anstrengende Runde.
Der Kampf lief in Runde zwei deutlich gemächlicher weiter. Insbesondere Le hatte Schwierigkeiten, seine Kicks nicht vorab durch Körpersprache anzukündigen.
Silva übernahm das Ruder, schlug Le mit einer Rechten zu Boden, setzte dann mit Kniestößen aus dem Thai-Clinch nach, und Le ging nach weiteren Schlägen ein zweites und letztes Mal zu Boden. Wanderlei Silva deckte seinen Gegner dort mit wüsten Schlägen ein, und der Ringrichter ging dazwischen.
Natürlich kann man jetzt darauf herumreiten, dass beide ihre besten Tage schon hinter sich haben und der Fight vor fünf Jahren viel besser gewesen wäre, aber das, was sie den Fans in San Jose boten, war nach wie vor ausgezeichnet und spannend.
Ein denkwürdiges Debüt für die San Shou-Legende Cung Le und ein wichtiger Anschlusssieg für Silva, dem bereits mehrfach der Rücktritt nahegelegt worden war.
California Kid trumpft auf
Urijah Faber zementierte seinen Anspruch auf einen dritten und letzten Kampf gegen Bantamgewichtsweltmeister Dominick Cruz, indem er Brian Bowles über zwei Runden hinweg nach Strich und Faden vorführte.
Der "California Kid" genannte frühere Weltmeister im Federgewicht bekam Bowles in der zweiten Runde mit einem Guillotine Choke zu fassen und zwang ihn dort nach 1:47 Minuten zur Aufgabe.
Faber hatte zuletzt im Juli nach Punkten gegen Cruz verloren und steht jetzt unter enormem Druck, denn der kommende Rückkampf wird seine letzte Chance sein. Ein Sieg muss her - ansonsten hat er sportlich keine Perspektive mehr in der UFC.
Der Däne Martin Kampmann holte sich einen verdienten Punktsieg gegen Rick Story. Kampmann dominierte Story nach einer knapp verlorenen ersten Runde auf den Beinen wie auch ringerisch und am Boden und sicherte sich die letzten beiden Runden. Ein Punktrichter gab den Fight mit 29-28 an Story, was jeglicher Grundlage entbehrte.
Bader meldet sich zurück
Stephan Bonnar besiegte Kyle Kingsbury in einem extrem einseitigen Kampf nach Punkten. Der Großteil des Kampfes spielte sich am Boden ab, mit Bonnar in der Side Mount.
Trotz des deutlichen Sieges wird Bonnar sich Kritik dafür gefallen lassen müssen, dass es ihm über zwölf Minuten nicht gelang, auf der Matte auch nur einen Hebel anzusetzen, oder Kingsbury anderweitig gefährlich zu werden.
Ryan Bader meldete sich nach zwei Niederlagen in Folge mit einem beeindruckenden Knockoutsieg gegen Jason Brilz zurück. Nach nur 1:17 Minuten erwischte Bader seinen Gegner mit einer Rechten zum Ohr, und die Lichter gingen sofort aus. Brilz protestierte gegen den Abbruch, aber die Entscheidung des Ringrichters ging komplett in Ordnung.
Michael McDonald, der jüngste Kämpfer der UFC, machte mit Alex Soto kurzen Prozess. Nach 50 Sekunden schickte er ihn mit einer Rechten zu Boden, und sieben Sekunden später ging der Ringrichter endgültig dazwischen.
The Ultimate Fighter: Finale am 3. Dezember
Spaßvogel Tom Lawlor, der diesmal zu "Physical" von Olivia Newton-John zum Octagon kam, fand kein Mittel gegen den Spitzenringer Chris Weidman. Nach nur 2:07 Minuten fand er sich in einem D'Arce Choke wieder und verlor darin das Bewusstsein.
Gleison Tibau holte sich im Duell der Brasilianer einen geteilten Punktsieg gegen Raphael Dos Anjos. In der zweiten Runde brachte Tibau seinen Gegner in erhebliche Schwierigkeiten, doch Dos Anjos überstand die Schlagsalve und rettete sich über die Zeit.
Der frühere WEC-Weltmeister im Bantamgewicht, Miguel Torres, gewann einstimmig nach Punkten gegen Nick Pace. Seth Baczynski holte sich in der zweiten Runde mit einem Guillotine Choke den Überraschungssieg gegen Matt Brown. Im Eröffnungskampf setzte sich Danny Castillo nach 4:52 Minuten der ersten Runde durch technischen Knockout gegen Shamar Bailey durch.
Nach vier UFC-Wochenenden in Folge erwartet uns nun eine zweiwöchige Pause, bis es am 3. Dezember auf SPOX zum Finale der vierzehnten Staffel von The Ultimate Fighter kommt. Bei dieser Veranstaltung werden auch die Coaches, Michael Bisping und Mayhem Miller, gegeneinander ins Octagon steigen. Es bleibt also spannend!