Tore Aleksandersen war bei der Meisterfeier mittendrin. Der todkranke Trainer der Stuttgarter Volleyballerinnen zeigte stolz seine Medaille und jubelte ausgelassen mit seinem Team, zuvor hatte er bereits bei jedem Punkt an der Bande mitgefiebert. "Wir haben die zweite Meisterschaft nacheinander gewonnen. Das bedeutet sehr viel", sagte der Norweger nach einem emotionalen Tag, an dessen Ende die Tränen flossen.
Aleksandersen hat Prostatakrebs im Endstadium, auf die Reisen zu Auswärtsspielen seines Allianz MTV Stuttgart hatte der 55-Jährige zuletzt verzichtet. Doch beim Matchball gegen den SC Potsdam wollte der Norweger unbedingt dabei sein, reiste nach Brandenburg - und wurde belohnt. Das hart umkämpfte 3:1 beim Vizemeister bedeutete den dritten Titel nach 2019 und 2022 für den MTV.
"Auf diese Leistung dürfen alle Spielerinnen, mein Trainer-Team, der Verein und die vielen Leute im Umfeld stolz sein", sagte Aleksandersen nach dem Spiel laut Stuttgarter Zeitung/Nachrichten. Der Coach hatte den Krimi hinter der Bande beobachtet, war aber in den Pausen zwischen den Sätzen stets bei seiner Mannschaft gewesen. Nach dem letzten Punkt fiel ihm Sportdirektorin Kim Oszvald-Renkema glücklich in die Arme.
Emotional reagierten auch Aleksandersens Spielerinnen. "Dieser Titel bedeutet uns enorm viel", sagte Mittelblockerin Marie Schölzel bei Sport1: "Wenn der Headcoach da ist, ist es einfach etwas anderes. Die Mannschaft ist komplett mit ihm. Ich bin stolz auf die Mädels, das so durchzuziehen."
Das Coaching hatte Aleksandersen in den vergangenen Wochen seinem Co-Trainer Faruk Feray überlassen müssen. Trotz seiner Krankheit sei er "der Gleiche", hatte er vor dem Finale im SWR-Interview betont. Der Krebs sei "wie eine Schlange. Du weißt nie, wie es läuft." Mit seiner Diagnose sei die "durchschnittliche Lebenszeit" fünf Jahre, "jetzt sind drei vorbei".
Die Meisterschaft zauberte Aleksandersen dann ein Lächeln auf das Gesicht - und hilft auch beim Kampf gegen den Krebs. Der Stuttgarter Schlachtruf, den die finnische Libera Roosa Koskelo eingeführt hatte, laute schließlich "Sisu", wie er der SZ erklärte, "was so viel heißt wie Kraft oder Stärke. Oder Durchhaltevermögen, wenn man eigentlich keine Chance mehr hat."