Kober: "Prioritäten haben sich verschoben"

Von Interview: Marie Heller
Amelie Kober gewann bei Olympia 2006 in Turin die Silbermedaille im Parallel-Riesenslalom
© Getty

Im Leben von Amelie Kober hat sich einiges geändert. Die Galionsfigur des Snowboards ist vor kurzem Mutter geworden. Im Spox-Interview spricht sie über ihr sportliches Comeback, das Verhältnis zum Snowboard Verband, ihre künftigen Prioritäten und über ihre neue Mutterrolle.

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SPOX: Frau Kober, nur zwölf Wochen nach der Geburt ihres Sohnes Lorenz sind Sie im italienischen Limone Piemonte beim Parallel-Riesenslalom an den Start gegangen. Wie haben Sie es geschafft, in so kurzer Zeit wieder in Wettkampf-Form zu sein?

Amelie Kober: Ich habe drei Wochen nach der Geburt direkt mit dem Training angefangen. Dabei muss ich ehrlich zugeben, dass ich das Ganze ein wenig unterschätzt habe. Ich hätte nicht gedacht, dass mir dann alles etwas schwerer fällt. Am Anfang war es wirklich hart, aber dann ist es Stück für Stück besser gegangen. Ich habe mich immer wieder aufs Neue motiviert und hatte Spaß am Training.

SPOX: Wie bekommen Sie Familie und sportlichen Alltag unter einen Hut?

Kober: Bis jetzt bekomme ich alles gut geregelt. Ich möchte meinen Sohn eigentlich überall dabei haben. Wenn es meinem Kind aber beispielsweise nicht gut ginge, würde ich auf  keinen Fall irgendwo an den Start gehen.

SPOX: Haben Sie eine Nanny?

Kober: Nein. Meine Mutter passt auf Lorenz auf, wenn ich beim Training bin oder einen Wettkampf habe. Selbstverständlich begleiten die beiden mich auch zur WM nach La Molina.

SPOX: Kürzlich sagten Sie in einem Interview, dass sie mittlerweile nicht mehr nervös wegen des Rennens, sondern wegen ihres Sohnes seien.

Kober: Das stimmt. Es ist eine ganz neue Situation für mich und meine Prioritäten haben sich total verschoben. Wenn ich als Athletin an den Start gehe, konzentriere ich mich voll und ganz aufs Rennen und gebe mein Bestes. Sobald ich aber die Ziellinie nach einem Rennen überquert habe, bin ich voll und ganz Mama. Nach einem Rennen möchte ich zuerst zu meinem Kleinen, alles andere ist dann erstmal zweitrangig.

SPOX: Seit dem Familienzuwachs gehen Sie also auch Rennen entspannter an als vor zwei Jahren?

Kober: Definitiv. Für mich hat die Geburt einiges zum Positiven verändert. Früher war ich sehr verbissen. Heute sehe ich vieles lockerer.

SPOX: Was sagen Ihre Kontrahentinnen? Gelten Sie nun als Mutter der Nation im Snowboard?

Kober: Ich habe von den anderen Fahrerinnen eine sehr positive Resonanz auf die Geburt meines Sohnes erhalten. Die meisten haben sich gefreut, als sie mich das erste Mal wiedergesehen haben und waren sehr neugierig auf den Kleinen. Mir ist nicht aufgefallen, dass es irgendjemanden gestört hätte. Vor allem meine Mannschaft steht hinter mir.

SPOX: Warum gaben Sie Ihre Schwangerschaft erst nach dem Rennen in Vancouver 2010 bekannt? Wollten sie keine vorherige Entschuldigung, falls es zu keinem Erfolg bei Olympia kommt?

Kober: Wenn ich es nochmal entscheiden könnte, würde ich wahrscheinlich gar nicht von meiner Schwangerschaft erzählen. Der ganze Druck und Rummel vor Olympia führte dazu, dass ich vorher erstmal gar nicht darüber gesprochen habe. Trotzdem wurde die Nachricht von meiner Schwangerschaft nach den Wettkämpfen teilweise negativ aufgenommen. Es wurde beispielsweise gesagt: 'Wie kann Frau Kober denn mit einem Baby im Bauch bei Olympia mitfahren?' Ich hatte jedoch während dieser Zeit in Vancouver eine intensive ärztliche Betreuung. Es war alles abgeklärt.

SPOX: Vor Ihrer Schwangerschaft als auch heute gelten Sie als Galionsfigur des Deutschen Snowboard Verbandes. Hat der Erfolgsdruck, der auf Ihnen lastete, etwas abgenommen?

Kober: Ja, auf jeden Fall. Seitdem ich das Kind habe, hat sich somit auch vieles verändert. Das Verhältnis zum Snowboard Verband hat sich stark verbessert. Die Erwartungshaltung ist derzeit bei weitem nicht mehr so groß, wie sie mal war. Zum ersten Mal seit langer Zeit kann ich mit weniger Druck in die Wettkämpfe starten. Das tut mir sehr gut.

SPOX: Sie haben sich im letzten Jahr als Botschafterin für die Olympischen Winterspiele 2018 engagiert. Welche Bedeutung hat Olympia 2018 in München für Sie?

Kober: Das hat für mich persönlich eine sehr große Bedeutung. Ich habe mich total gefreut, als ich Botschafterin für Olympia 2018 wurde. Ich stehe nach wie vor komplett hinter der Idee, die Winterspiele ins eigene Land zu holen. Wer einmal die Olympischen Spiele miterleben konnte, ob als Zuschauer oder Athlet, der weiß, wie einzigartig schön dieses Event ist. Auch der wirtschaftliche Faktor für eine Region und ein ganzes Land spielt dabei eine große Rolle.

SPOX: Freestyle gilt als die Disziplin mit einem größeren Coolness-Faktor als Parallel-Riesenslalom. Ist da was dran?

Kober: Naja, solche Vergleiche kommen zu Stande, weil Freestyle etwas mit Kunst und Ästhetik zu tun hat. Künstler sind ja auch immer etwas speziell. Das unterscheidet sie von den anderen Snowboard-Disziplinen.

SPOX: Neben Kind, Sport und Job. Wie finden sie Ihren inneren Ausgleich? Wie kommen Sie zur Ruhe?

Kober: Da gibt es nur eine Antwort: Das ist mein Sohn. Er ist meine Ruheoase. Wenn ich einen schlechten Trainingstag hatte oder nicht gut drauf bin, ist er es, der mir Energie und Kraft gibt.

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