Der amerikanischen Kugelstoßerin Raven Saunders könnte die erste Strafe wegen eines "politischen" Protests bei einer Siegerehrung während der Olympischen Spiele in Tokio drohen.
Die 25-Jährige, die am Sonntag Silber gewonnen hatte, kreuzte auf dem Podium ihre über den Kopf erhobenen Arme. Mit der "X-Geste" habe sie Solidarität für die Rechte "unterdrückter Menschen" ausdrücken wollen.
Das Internationale Olympische Komitee erklärte am Montagvormittag, den Vorfall zu untersuchen. Sprecher Mark Adams sagte, das IOC stehe in Kontakt zum Leichtathletik-Weltverband WA und zum Nationalen Olympischen Komitee der USA. Dies kündigte an, keine Strafe gegen Saunders zu verhängen. Der Protest verstoße nicht gegen die eigenen Vorschriften, die im Vorfeld der Spiele gelockert worden waren.
Das USOPC sprach von einem "friedlichen Ausdruck" der Unterstützung sozialer Gerechtigkeit, Saunders habe sich bei der Zeremonie "respektvoll gegenüber ihren Konkurrenten" verhalten und "nicht gegen unsere Regeln in Bezug auf Demonstrationen verstoßen".
Die schwarze Athletin Saunders tritt öffentlich vor allem für die Belange von "PoC" (People of Color) ein, zudem ist sie für die LGBTQ-Community (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer) engagiert. Beim olympischen Finale hatte sie einen grellen Auftritt mit einer furchteinflößenden Maske und knallig gefärbten Haaren hingelegt. Sie wolle "Menschen auf der ganzen Welt vertreten, die kämpfen und nicht die Plattform haben, für sich selbst zu sprechen", sagte sie nach dem Gewinn der Silbermedaille.
Das IOC hatte seine strikt ablehnende Haltung gegenüber politischen Protesten während der Spiele aufgeweicht, duldet friedvolle Gesten vor dem Wettkampf. Die deutsche Hockey-Kapitänin Nike Lorenz durfte mit Erlaubnis des IOC mit einer Regenbogen-Binde am Stutzen spielen. Politische Proteste bei Siegerehrungen hat das IOC indes untersagt.