Die Belohnung für das Team blieb nach einer starken Aufholjagd aus, dafür greift Julia Krajewski im Einzel nach Gold: Trotz dreier Nullrunden im Springen ist die deutsche Vielseitigkeits-Equipe um den dreimaligen Olympiasieger Michael Jung erstmals seit Athen 2004 ohne Edelmetall mit der Mannschaft geblieben. Die Hypothek aus der Geländeprüfung war schlicht zu groß - doch in der Einzelwertung geht Krajewski als Führende in das entscheidende Springen.
Jung (Horb) mit Chipmunk, Ex-Weltmeisterin Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Viamant du Matz und Krajewski (Warendorf) mit Amande de B'Neville kamen am Montag auf insgesamt 114,20 Strafpunkte und landeten damit 12,7 Zähler hinter Frankreich (101,50) auf dem Bronzerang. Gold ging an die überlegenen Briten (86,30) vor Australien (100,20).
All das kann Krajewski locker toppen, denn sie ist mit 25,60 Strafpunkten nur noch eine fehlerfreie Runde (ab 13.45 Uhr) von Gold entfernt. Der Vorsprung auf den Briten Oliver Townend beträgt zwei Punkte.
"Eigentlich bin ich relativ entspannt", sagte die 32-Jährige der ARD: "Ich reite nur noch für mich und mein Pferd. Wenn es klappt, ist es super geil, und wenn nicht, ist es immer noch ein super Pferd." Auch Jung (32,10) hat noch Außenseiterchancen. "Konzentrieren, konzentrieren - das war's eigentlich", gab er vor.
Dabei hatte gerade der Einzel-Sieger von London und Rio am Vorabend einen herben Dämpfer erlitten. Als Führender nach der Dressur war er ins Gelände gegangen, dort leistete er sich auf seinem Wallach Chipmunk aber einen Hindernisfehler. Nach einer minimalen Berührung hatte der Sicherheitsmechanismus, das sogenannte MIM-System, ausgelöst - was Jung verwunderte, doch der Protest des deutschen Teams gegen die elf Strafpunkte wurde abgewiesen.
"Wenn man erstmal ganz vorne dran ist und dann durch einen nicht wirklich spürbaren Fehler abfällt, das war schon sehr hart", sagte der 39-Jährige, aber "heute morgen, als ich die Augen aufgemacht habe, ging es mit neuer Motivation los."
Da auch Auffarth mit einem Vorbeiläufer (20 Strafpunkte) im Gelände gepatzt hatte, waren die Chancen auf eine Team-Medaille auf ein Minimum gesunken. "Wir müssen blitzsaubere Runden vorlegen, dadurch die anderen nervös machen und unter Druck bringen. Das ist unsere einzige Chance", sagte Jung. Und das gelang der Mannschaft von Bundestrainer Hans Melzer hervorragend, doch die benötigten Fehler der Konkurrenz in großer Anzahl blieben aus.
2008 in Peking sowie vier Jahre später in London hatten die deutschen Buschreiter noch Gold gewonnen, 2016 in Rio holte die Mannschaft Silber. Schon bei der vergangenen WM vor drei Jahren in Tryon/USA waren das Team leer ausgegangen.