Die erfolgsverwöhnten US-Fans verließen schon in Scharen die Arena de Bercy, als Simone Biles als faire Verliererin Größe zeigte. Die knapp geschlagene Turn-Königin applaudierte ihrer siegreichen Rivalin - und quittierte ihre unerwartete Niederlage mit einem etwas gequälten Lächeln. Statt Doppel-Gold und Olympia-Rekord gab es zum Abschluss der Biles-Festspiele in Paris nur Silber und Blech.
"Heute war es absolut wild. Es waren nicht meine besten Performances. Aber ich habe eine Medaille", sagte Biles in den Katakomben der gigantischen Halle. Sie sei "nicht richtig enttäuscht", sondern vielmehr "glücklich und stolz. Nun freue ich mich noch mehr, dass es vorbei ist."
Nach ihren drei Triumphen im Mehrkampf (Einzel und Mannschaft) sowie beim Sprung stürzte die 27 Jahre alte Amerikanerin am Montagmittag erst vom Schwebebalken und musste sich mit Platz fünf zufriedengeben.
Im anschließenden Boden-Finale am Nachmittag reichte es nach zwei Standfehlern dann nur zu Rang zwei. Immerhin: Bei der Medaillenzeremonie fand Biles wieder zu ihrem echten Lachen zurück. Drei Goldmedaillen und einmal Silber nimmt die amerikanische Nationalheldin aus Paris mit zurück nach Texas.
"Ich habe mehr erreicht als in meinen wildesten Träumen. Nicht nur bei Olympia, sondern im Sport", sagte Biles, die 2021 in Tokio noch wegen mentaler Probleme im Mannschaftswettbewerb ausgestiegen war: "Vor ein paar Jahren dachte ich nicht, dass ich nochmal zurück komme. Vier Medaillen, ich bin nicht enttäuscht."
In der letzten Kunstturn-Entscheidung turnte Biles auf der Fläche der Bercy-Arena zu 14,133 Zählern - und damit hauchdünn vorbei an ihrem insgesamt achten Olympiasieg. Gold ging an die Brasilianerin Rebeca Andrade (14,166), die im Einzel-Mehrkampf und beim Sprung noch jeweils hinter Biles auf dem zweiten Platz gelandet war. Bronze holte sich Jordan Chiles (USA) mit 13,766 Punkten.