Sie stieß einen spitzen Jubelschrei aus und sprang vor Freude in die Höhe: Eisschnellläuferin Stephanie Beckert hat ihr Olympia-Debüt nach einem sensationellen Endspurt mit der Silbermedaille gekrönt. Die 21 Jahre alte Erfurterin musste sich im 3000-m-Rennen nur der tschechischen Topfavoritin Martina Sablikova geschlagen geben.
"Das ist der Wahnsinn, das muss ich erstmal sacken lassen", sagte Beckert: "Ich habe bis zum letzten Meter gezittert." "Für mich ist es sensationell, was Stephanie hier geleistet hat", sagte Gunda Niemann-Stirnemann als Co-Kommentatorin des "ZDF": "Sie ist in der letzten Runde eine 31,6 gelaufen, das hat keine andere geschafft."
Beckerts Erfurter Klubkollegin Daniela Anschütz-Thoms musste sich dagegen hinter der Kanadierin Kristina Groves mit dem bitteren vierten Platz begnügen. Am Ende fehlten der Team-Olympiasiegerin von Turin drei Hundertstel zu Bronze. Katrin Mattscherodt aus Berlin belegte den 13. Platz.
Anschütz-Thoms knapp Medaille verpasst
Sablikova war als erste der Favoritinnen an den Start gegangen und übernahm in der viertletzten Paarung nach einem extrem starken Auftritt in Bahnrekordzeit von 4:02,53 Minuten die Führung. Angepeitscht von ihrem Trainer Stephan Gneupel und 7000 Zuschauern versuchte zunächst Beckert im Duell mit Kristina Groves die Zeit der spindeldürren Tschechin zu kontern.
In einer phantastischen Schlussrunde überflügelte Beckert noch Groves, in 4:04,62 Minuten blieb sie aber gut zwei Sekunden hinter Sablikova. Im letzten Rennen des Tages lag Anschütz-Thoms (4:04,90) gegen Turin-Olympiasiegerin Ireen Wüst lange auf Silberkurs, bevor ihr auf der Schlussrunde die Luft ausging.
Zuvor war ein Protest der niederländischen Delegation, die wegen angeblich fehlerhafter Eisbereitung einen Nachteil für die letzten Läuferinnen befürchtet hatten, abgelehnt worden. Das Rennen wurde nach der ersten Pause ohne weitere Eispflege beendet. Bundestrainer Markus Eicher hatte kurz vor dem Rennen demonstrativ Optimismus verbreitet.
Eicher: "Wenn nicht heute, wann dann?"
"Die Mädels sind topmotiviert nach dem Motto: Wenn nicht heute, wann dann?", sagte Eicher und bestätigte die Eindrücke der vergangenen Tage. Vor allem Anschütz-Thoms, die Ende Januar auf ihrer Heimbahn Sablikovas 3000-m-Bahnrekord unterboten hatte, war mit jeder Menge Zuversicht ins Rennen gegangen: "Mehr Selbstvertrauen könnte ich gar nicht haben."
Beckert, die über 3000 m in dieser Saison ihre ersten beiden Weltcupsiege verbucht hatte und seit wenigen Wochen von Anni Friesinger-Postmas Manager Klaus Kärcher betreut wird, schlug leisere Töne an.
Einige Eisen noch im Feuer
"Mit einer Medaille rechne ich nicht. Ich gebe einfach alles und sehe, was dabei herauskommt", sagte die Langstreckenspezialistin, älteste Tochter einer achtköpfigen, eislaufverrückten Erfurter Familie.
Ihr 19 Jahre alter Bruder Patrick hatte am Samstag beim Sieg von Superstar Sven Kramer aus den Niederlanden Platz 22 über 5000 m belegt. Der "Thüringen-Express" besitzt noch weitere Chancen auf Medaillen.
Beckert geht als Mitfavoritin über 5000 m an den Start, Anschütz-Thoms möchte zusätzlich über 1500 m ein Wörtchen mitreden. Zudem sind Anschütz-Thoms und Beckert die Stützen des deutschen Teams in den Mannschaftsrennen zum Abschluss der Wettkämpfe im Richmond Oval.